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Radebeul: Wie die Sanierung des Luisenstift-Altbaus voranschreitet

Auf Radebeuls Großbaustelle haben Bauleute mit Herausforderungen zu kämpfen. In der ältesten Schule der Stadt wurde auch ein historischer Schatz entdeckt.

Von Silvio Kuhnert
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An der Westseite ist am Luisenstift-Altbau der Anbau aus DDR-Zeiten bereits Geschichte. Nach dessen Abriss wird die Fassade nun nach historischem Vorbild rekonstruiert.
An der Westseite ist am Luisenstift-Altbau der Anbau aus DDR-Zeiten bereits Geschichte. Nach dessen Abriss wird die Fassade nun nach historischem Vorbild rekonstruiert. © Arvid Müller

Radebeul. Frischekur wird am Gymnasium Luisenstift derzeit ganz wörtlich genommen. Nicht nur in Form von Regentropfen fiel dieser Tage frisches Nass auf den Altbau. Von den Gerüsten wehten auch immer wieder feuchte Wolken in Richtung Schulhof. Ein Bauarbeiter reinigt mit einem Kärcher die Fassade der ältesten Schule der Lößnitztadt.

Auch im Gebäude herrscht reges Treiben. Und das von der Baufirma Gebrüder Ziller errichtete und zu Ostern 1870 eröffnete Schulgebäude bekommt quasi ein Total-Lifting. Denn die Wände in den Zimmern sind kahl. "Die Räume wurden entkernt, die alten historischen Wände freigemacht", sagt Holger Jacob. Der Bauingenieur ist im Radebeuler Rathaus zuständig für den Hochbau und leitet die Großbaustelle zur Sanierung des Luisenstift-Altbaus.

Neue Treppe führt in den Park

Das altehrwürdige Gebäude an der Straße der Jugend bekommt seine ursprüngliche Gestalt wieder. Der Anbau an der Westseite aus DDR-Zeiten ist bereits abgerissen. "Die Westfassade wird nach altem Vorbild wieder hergestellt", berichtet Jacob. Dazu gehört auch der Stuck, der an den Stellen ergänzt werden muss, wo der DDR-Anbau stand. Zur Vorbereitung der Stuckarbeiten wird die Wand mit einem Hochdruckreiniger geputzt.

Wie bei einem denkmalgeschützten Gebäude üblich, wird so viel alte Bausubstanz wie möglich erhalten. So wurde auf den Fußböden in den Innenräumen Linoleum ausgelegt, um das Parkett zu schützen. Dieses wird aufgearbeitet wie die Fenster. Jedoch lässt sich nicht alles retten. "Die historische Außentreppe war zu marode", berichtet Jacob. Sie musste neu hergestellt werden.

Beim Entkernen traten auch Überraschungen zutage. So erwiesen sich die Holzbalken im Sanitärtrakt als sehr morsch. Sie mussten entfernt werden und wurden nun durch eine Betondecke ersetzt. Die Betonarbeiten waren nicht geplant. Und sie haben den Zeitplan etwas über den Haufen geworfen. Auch stellte Corona den Bauleiter vor Herausforderungen. Wenn er fünf oder sechs Leute einer Baufirma erwartete, kamen in der kalten Jahreszeit nur drei, weil Kollegen in Quarantäne waren. Aber komplett ausgebremst wurden die Bauarbeiten nicht. "Es gab keinen Stillstand", sagt Jacob. Seit Ende 2020 wird im Altbau Luisenstift gebaut. Jacob rechnet mit der Fertigstellung im 4. Quartal nächsten Jahres, also im Herbst 2023. Ursprünglich sollte die komplexe Sanierung zum Halbjahr abgeschlossen sein.

Mit einem Hochdruckreiniger putzt ein Bauarbeiter die Fassade. Danach können die Stuckarbeiten beginnen.
Mit einem Hochdruckreiniger putzt ein Bauarbeiter die Fassade. Danach können die Stuckarbeiten beginnen. © Arvid Müller
Die Treppe, die in den großzügigen Außenbereich der Schulgeländes führt, war zu marode und musste neu hergestellt werden.
Die Treppe, die in den großzügigen Außenbereich der Schulgeländes führt, war zu marode und musste neu hergestellt werden. © Arvid Müller
Im Inneren des Schulgebäudes wurden Flure und Klassenzimmer bis auf die blanken Ziegel entkernt. Nun werden neue Elektro- und Datenkabel verlegt.
Im Inneren des Schulgebäudes wurden Flure und Klassenzimmer bis auf die blanken Ziegel entkernt. Nun werden neue Elektro- und Datenkabel verlegt. © Arvid Müller
Im Ostflügel des Schulgebäudes ist ein neues Treppenhaus entstanden. Diese dient als zweiter Rettungsweg und ist Bestandteil der brandschutztechnischen Ertüchtigung.
Im Ostflügel des Schulgebäudes ist ein neues Treppenhaus entstanden. Diese dient als zweiter Rettungsweg und ist Bestandteil der brandschutztechnischen Ertüchtigung. © Arvid Müller
Im Eingangsbereich wurde unter dem hellen Anstrich die frühere Wandfarbe freigelegt. Der Raum war bunter und mit blauen Kacheln verziert.
Im Eingangsbereich wurde unter dem hellen Anstrich die frühere Wandfarbe freigelegt. Der Raum war bunter und mit blauen Kacheln verziert. © Arvid Müller

Wenn die Wände von ihrem Anstrich und dem Putz befreit werden, kommen auch positive Überraschungen zutage. So geschehen im Vorhäuschen des Haupteingangs. Zwischen der massiven Außentür und der zweiten Eingangstür präsentierte sich der kleine Raum in einem monotonen hellen Anstrich. Doch hier war es früher ziemlich bunt. Die an der Wand als Zierelemente angedeuteten Säulen waren mit blauen Fliesen verkleidet, die Wand daneben in einem Orangeton gestrichen. Hellblau hob sich von beiden die Farbe der Decke ab.

Mehrere Kilometer Kabel verlegt

Auch ein historischer Schatz wurde gehoben. Auf dem Dachboden staubte über Jahrzehnte eine Kiste vor sich hin. Darin befanden sich alte Briefe. Rund 40 Stück sind es und sie stammen aus der Zeit um das Jahr 1890. "Das Stadtarchiv wertet sie aus", informiert Jacob. Die Briefe stammen voraussichtlich von früheren Schülern selbst oder waren an sie gerichtet. Zu jener Zeit war das Luisenstift noch eine Schule für "höhere Töchter", gegründet und betrieben von der Diakonissenanstalt Dresden. In der Mädchenschule durften die jungen Fräuleins ab 1924 das Abitur ablegen. Seit 1945 lernen auch Jungen hier.

Nach dem Entkernen ist nun der Wiederaufbau an der Reihe. Derzeit ist die Rohinstallation von Lüftung, Datensträngen, Heizung und Sanitär im vollen Gange. Noch liegen Kabelschächte offen, durch die gleich mehrere Leitungen verlaufen. Insgesamt werden in dem Altbau Elektroleitungen von 15 Kilometern und Datenkabel von zwölf Kilometern Länge verlegt.

Ganz neu ist ein zweites Treppenhaus sowie ein Aufzugsschacht. Der zweite Fluchtweg ist Bestandteil der brandschutztechnischen Sanierung und befindet sich wie der Lift an der Ostseite des Gebäudes. Die Schalung für den Schacht sei sehr aufwendig gewesen, berichtet Jacob.

Alles wird bissel schicker

Im Osten neben dem Altbau steht der bereits fertiggestellte und nach den Sommerferien 2020 in Betrieb genommene Anbau. Über eine Brücke wird er mit dem Altbau verbunden. In dem Gebäudekomplex bereiten sich die Elft- und Zwölftklässler auf das Abitur vor. Im Neubau befinden sich vor allem die Fachkabinette für die naturwissenschaftlichen Fächer wie Biologie, Physik und Chemie.

Im Altbau geht es künftig vor allem musisch zu. So entstehen im Erdgeschoss Klassen- und Vorbereitungszimmer für Musik und Kunst. Im ersten Obergeschoss ist ein Sprachlabor geplant. Die Arbeit am PC lernen die Gymnasiasten im Informatikraum im zweiten Obergeschoss. Darüber hinaus komplettieren drei weitere Klassenzimmer, ein Lehrerzimmer, ein Raum für den Beratungslehrer, das Büro der Schulleitung mit Sekretariat, ein Koordinationsraum und ein Arztzimmer das Raumprogramm. Im Keller sind Lager, Werkstatt, Technik und Hausmeisterräume vorgesehen.

Während der Bauzeit haben die Lehrer ihr Zimmer im Erweiterungsbau. Sekretariat, Schulsozialarbeiter, Oberstufenberater und Fachleiter, ein Klassenraum, Sanitäranlagen und ein Lager sind vorübergehend in Containern untergebracht. 4,325 Millionen Euro sind als Baukosten veranschlagt, 1,597 Millionen Euro davon sind Fördermittel. Das Budget wird unter anderem wegen der gestiegenen Ausgaben für Baumaterial wohl nicht ganz einzuhalten sein. Wie viel die Lößnitzstadt insgesamt investiert, lässt sich erst mit der Abschlussrechnung sagen. Aber eins steht jetzt schon fest: "Es wird alles bissel schicker", sagt Jacob zum Abschluss des Rundgangs durch die Großbaustelle.