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Das Gedächtnis der Lößnitzstadt

Das Stadtlexikon ist in dritter Auflage erschienen. Ein neuer Eintrag berichtet von einem Radebeuler Hoffotografen, der weit weg, in einem fernen Königreich, knipste.

Von Silvio Kuhnert
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Ganz frisch kommt das Radebeuler Stadtlexikon aus der Druckerei, in dem Stadtarchivarin Annette Karnatz blättert. Sie hat mit ihrem Team die Beiträge darin korrigiert, ergänzt und um Wissenswertes zur Stadtgeschichte vermehrt.
Ganz frisch kommt das Radebeuler Stadtlexikon aus der Druckerei, in dem Stadtarchivarin Annette Karnatz blättert. Sie hat mit ihrem Team die Beiträge darin korrigiert, ergänzt und um Wissenswertes zur Stadtgeschichte vermehrt. © Silvio Kuhnert

Radebeul. Wem ist Gustav Richard Lambert noch ein Begriff? Wahrscheinlich niemand weiter, obwohl er ab 1893 in Radebeul lebte und nach seinem Tod am 23. Mai 1907 auf dem Friedhof in Ost seine Ruhestätte fand. „Er war Hoffotograf“, klärt Stadtarchivarin Annette Karnatz auf. Jedoch nicht in Dresden, was naheliegend wäre, sondern des Königs von Siam, heute Thailand, in Asien.

Der 1846 in Berlin geborene Lambert ging 1875 nach Singapur. Dort eröffnete er ein Fotostudio. Niederlassungen in Malaysia, Borneo, Sumatra und Thailand folgten. Sein Unternehmen entwickelte sich Ende des 19. Jahrhunderts zum größten und erfolgreichsten Fotostudio in Südostasien. Lambert selbst war nur selten vor Ort. Er überließ die Leitung des Geschäfts seinen Angestellten. Wenn Lambert nicht in Asien weilte, arbeitete er in seinem Studio im holländischen Woerden. Um 1888 kam er nach Dresden, später zog er in die Lößnitzstadt.

Ergebnis langwieriger Recherche

Nachzulesen sind die biografischen Notizen in der dritten Auflage des Radebeuler Stadtlexikons. Das ist ganz frisch aus der Druckerei gekommen. Überarbeitet und erweitert ist darin auch erstmals ein Beitrag über Lambert zu finden sowie ein Foto. Auf dieses ist Stadtarchivarin Karnatz besonders stolz, ist die Abbildung doch das Ergebnis langwieriger Recherche. Auf Fotos, die Lambert selbst geknipst hat, stieß sie dabei viele. Porträts, die ihn zeigen, waren dagegen Mangelware. „Wie er aussieht, ist erstmals in unserem Lexikon zu erfahren“, sagt Karnatz.

Der Eintrag über Gustav Richard Lambert ist eines von 143 neuen Stichworten, die es in die Neuausgabe des Nachschlagwerkes geschafft haben. Ein anderer erzählt die Geschichte des VEB Kraftwerksanlagenbau. Dieser hatte im heutigen Wasapark einst seinen Sitz. In der ersten Ausgabe fehlte zur Geschichte des Unternehmens ein Beitrag, „obwohl es einst 2.000 Beschäftigte gab“, berichtet Karnatz. Dieses Manko hat sie nun als redaktionelle Leiterin mit ihrem Mitarbeiterteam beseitigt. Darunter waren zahlreiche im Ehrenamt, die nach Feierabend Akten in Archiven wälzten.

„Weiterhin haben wir den Inhalt um die Historie von Vereinen ergänzt, neue Persönlichkeiten aufgenommen und die Chronik sowie das Straßenverzeichnis vervollständigt“, erläutert Karnatz. Etliche neue Fotos und Illustrationen ergänzen die historischen Fakten.

Idee vor 30 Jahren geboren

„Es ist mein Baby“, sagt Karnatz über das Stadtlexikon, das den Untertitel „Historisches Handbuch für die Lößnitz“ trägt. Der Zweite Bürgermeister, Winfried Lehmann (CDU), nennt das Buch „das historische Gedächtnis der Stadt“.

Die Idee dazu kam Karnatz vor rund 30 Jahren, als sie im Stadtarchiv anfing. Sie scharte einen Kreis engagierter Bürger um sich, die mit ihr zur Stadtgeschichte forschten. Das Ergebnis war das Stadtlexikon, das im Jahr 2005 erschien. „Die erste Auflage bestand aus 1.000 Exemplaren. Sie waren nach zwei Wochen vergriffen“, erinnert sich Karnatz. Es folgte ein zweiter Druck mit 2.000 Stück. Diese Auflage ist seit 2010 ausverkauft.

Im Rathaus und Stadtarchiv trafen dennoch immer wieder Nachfragen nach einer Ausgabe ein. Zudem gab es Hinweise und Korrekturmeldungen. Außerdem ist die Zeit nicht stehen geblieben, sondern das Leben ging weiter. Des Weiteren kamen neue Erkenntnisse hinzu. Dieser Entwicklung trug Karnatz mit ihrem Team Rechnung. Sie korrigierten 231 Stichworte und ergänzten sie für den Zeitraum von Ende 2005 bis September 2020. Das Stadtlexikon ist somit von 283 auf 356 Seiten angewachsen. Es enthält insgesamt 684 Stichworte.

Lexikon auch als App

Auf die Waage bringt das Buch 950 Gramm. Daher ist es mehr als Nachschlagewerk in den eigenen vier Wänden gedacht. Wer eines besitzt, muss bei einem Spaziergang durch die Lößnitzstadt nicht wissensdurstig bleiben, bis er wieder zu Hause ist, wenn er auf etwas stößt, was er nachschlagen möchte. Jedes Lexikon der dritten Auflage enthält einen Code. Mittels diesem lassen sich die Lexikonbeiträge auch in der neuen Radebeuler Bürger-App auf dem Smartphone ansehen. So hat man es quasi immer in der Hosentasche dabei.

Die Neuausgabe ist in einer Auflage von 2.000 erschienen. Für rund ein Viertel liegt bereits eine Vorbestellung vor. Vertrieben und verkauft wird es nur über die Tourist-Information. Es kostet 49 Euro.

Die dritte Auflage des Stadtlexikons ist 356 Seiten stark.
Die dritte Auflage des Stadtlexikons ist 356 Seiten stark. © Silvio Kuhnert

Die bereits verkauften Gutscheine werden in der Tourist-Information gegen ein Exemplar des Stadtlexikons eingetauscht. Die Vorbesteller werden schriftlich per E-Mail, Brief oder Telefon informiert, wie die Abholung vonstattengeht. Zudem ist es möglich, sich über das Terminbuchungsmodul „Click & Meet“ einen Termin zum Abholen zu reservieren. Man kann das Stadtlexikon auch bestellen und nach Hause senden lassen. Bestellungen sind per Fax, per E-Mail oder schriftlich über das Stadtarchiv oder direkt über die Tourist-Information möglich.

Stadtverwaltung Radebeul, Stadtarchiv, Wasastraße 50, Fax: 0351 8362198, E-Mail: [email protected]; Tourist-Information Radebeul, Hauptstraße 12, [email protected], Telefon 0351 8311830; „Click & Collect“ unter www.einkaufen-radebeul.de