Kinder wollen Tiere in der Schule

Von Julian Wolf
Der Mittwoch brachte für eine ausgewählte Klasse der Grundschule Weinböhla an der Köhlerstraße Abwechslung in den sonst bekannten Schulalltag. Ab 7.45 Uhr gab es diesmal weder Deutsch- noch Matheunterricht für die 19 Drittklässler und auch keine Sport- oder Sachkunde-Stunden. Stattdessen durften die Kleinen ihren Lehrern und den Aufsichtspersonen sagen, warum und wie sie die Grundschule sowie den Unterricht verbessern würden.
Die Schule für die Schüler angenehmer gestalten - dafür will sich die sogenannte Montag Stiftung Denkwerkstatt mit verschiedenen deutschlandweit stattfindenden Kinder- und Jugendwerkstätten in diesem Sommer und Herbst ganz besonders einsetzen. Die Zusammenarbeit mit der Weinböhlaer Grundschule soll dabei weiterhin bestehen bleiben.
Unter zwei Mottos standen die Workshops, die im Multifunktionszimmer im Anbau der Grundschule stattfanden: „Gemeinsam können wir etwas erreichen“ und „Es ist nicht egal, was wir denken“. Das nahmen sich die Grundschülerinnen und Grundschüler aus Weinböhla zu Herzen und arbeiteten fleißig zunächst in kleinen Dreier- und Vierergruppen an Vorschlägen, um den Schulalltag in Weinböhla zu verbessern. Bis 9.15 Uhr hatten die Kleinen Zeit, um sich Gedanken zu machen und diese auf einem Plakat zu schreiben. Einige Teams sprudelten vor Ideen und brauchten sogar mehr als ein A3-Blatt, um ihre Vorschläge darauf festhalten zu können, während andere Gruppen ein paar Denkanstöße von den Erwachsenen im Raum benötigten.
Nach dem Ablauf der 90-minütigen Arbeitszeit begannen die Präsentationen. Die Plakate wurden mithilfe von Magneten an die Tafel geheftet. Mit Mikrofonen und Megafonen aus Pappe und Papier ausgerüstet, begannen die Schüler damit, ihre Vorschläge den anderen Gruppen sowie den Lehrern zu präsentieren. „Wir hätten gern nach jeder Stunde Unterricht eine Stunde Pause“, schlägt eine Schülerin vor. Ein leises Gelächter geht durch den Raum. „Wir möchten gern mehr draußen machen. Am liebsten hätten wir einen Zoo auf dem Schulhof“, sagt eine andere Schülerin. Für die Jungs stand vor allem Spielbegeisterung im Vordergrund: „Das Handyverbot soll im Schulhaus und draußen sofort aufgehoben werden und der Fußballplatz immer offen sein.“ Die Wörter „Fußballplatz“ und „Freiluftunterricht“ notiert sich eine Lehrerin. Die anderen Denkanstöße werden dann wohl eher nicht realisierbar sein.
Doch gibt es diese Wünsche nur in Weinböhla, oder spricht Weinböhla stellvertretend für das Land? Gerhard Wolff, Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation der Montag Stiftung Denkwerkstatt, erklärt: „Auf die Fragen, was in der Schule besser gemacht werden könnte beziehungsweise was im Schulalltag noch gewünscht wird, haben jede Schule und jeder Jahrgang ihre ganz eigenen Vorstellungen.“
Nach fünf bundesweiten Workshops jedoch kommen tatsächlich zwei Themen immer wieder. Der Bezug zur Praxis sowie der Wunsch nach Tieren in der Schule. In Weinböhla soll die Natur im Sachkunde- und Biologieunterricht noch näher erlebbar sein, sagen die Schüler. Ein Herbarium zum Beispiel sei nicht praxisbezogen genug. Stattdessen wünschen sich die Kleinen Kurse dazu, wie man sich um einen Hund kümmert oder mit einem Goldfisch richtig umgeht. Dankbar sind die Verantwortlichen für die Anregungen, aber was passiert nun eigentlich mit den Vorschlägen der Schüler?
Sie fließen in den neu gegründeten Bürgerrat „Bildung und Lernen“ ein. Es ist dabei der erste Bürgerrat in Deutschland, der gezielt auch die Perspektiven von Kindern und Jugendlichen einbezieht. Gegründet wurde er ohne parlamentarischen Auftrag, ist also nicht von der Politik beauftragt worden, wie die Bürgerräte „Klima“ und „Deutschlands Rolle in der Welt“. Per Zufallsverfahren wurden 400 Menschen aus Deutschland zu einem Bürgerforum zusammengebracht, die sich den Themen Bildung, Schule und Lernen widmen. In Kleingruppen sollen Empfehlungen zur Verbesserung des Schulsystems sowie der Schulen erarbeitet und konkretisiert werden.
Das Bürgerforum bezieht dabei die Vorschläge und Meinungen von Schülern ein: die Grundschule in Weinböhla, ein Gymnasium in Bayern oder eine Realschule in Nordrhein-Westfalen zum Beispiel. Das Ergebnis wird im November dann auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene eingereicht, in der Hoffnung auf positive Änderungen.