Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
SZ + Radebeul

Radebeuls Großvermieter denkt über neue Mietobergrenze nach

Die Wohnungsgenossenschaft Lößnitz besteht seit 70 Jahren und hat viel Wohnraum geschaffen. Doch die bisherige Obergrenze bei der Kaltmiete wird bei Neubauprojekten nicht mehr zu halten sein. Das ist der Grund.

Von Silvio Kuhnert
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Das Gebäude mit 39 Wohnungen an der Ecke Meißner, Freiligrathstraße ist die jüngste Investition der Wohnungsgenossenschaft Lößnitz. Hier konnte noch eine Kaltmiete von unter zehn Euro gehalten werden. Das wird bei neuen Projekten schwierig.
Das Gebäude mit 39 Wohnungen an der Ecke Meißner, Freiligrathstraße ist die jüngste Investition der Wohnungsgenossenschaft Lößnitz. Hier konnte noch eine Kaltmiete von unter zehn Euro gehalten werden. Das wird bei neuen Projekten schwierig. © René Plaul

Radebeul. Es ist ein schönes Graffito, was das Eckgebäude Meißner, August-Bebel-Straße in Radebeul-Ost ziert. Zu sehen ist ein Fensterrahmen mit Blick auf das Spitzhaus. Darüber steht "Zu Hause in Radebeul" und darunter Wohnungsgenossenschaft (WG) "Lößnitz".

"Wir sind mit rund 1.500 Wohnungen der größte Vermieter in Radebeul", sagt Michael Zenker, Technischer Vorstand der WG. An der August-Bebel-Straße erfolgte im September 1954 der erste Spatenstich für die im Sommer zuvor gegründete Arbeiterwohnungsbaugenossenschaft (AWG) der Radebeuler Betriebe. Nicht weit entfernt auf dem früheren Glasinvest-Areal steht das jüngste Bauprojekt. "Vier Jahreszeiten" hat die Genossenschaft den Neubau mit 39 Wohneinheiten getauft, das unmittelbar an das Johanniter-Zentrum grenzt. Rund zehn Millionen Euro nahm die WG Lößnitz dafür in die Hand.

Den Wohnungsbestand bewirtschaftet Zenker mit 19 Mitarbeitern. "Durch unser Team können wir kleine Wünsche erfüllen, aber auch große Komplexe bauen. Wir haben bewiesen, dass dies geht", so Zenker. Beispiel dafür ist nicht nur der Neubau im Zentrum von Radebeul-Ost, auch die Wohnsiedlung Gellertpark hat die WG Lößnitz geschaffen.

Über 1.100 Wohnungen bis 1979 geschaffen

Die Wohnobjekte der Genossenschaft sind auf das gesamte Stadtgebiet verteilt. In Ost-West-Richtung nehmen ihre Quartiere an Anne-Frank- und Schillerstraße ihren Anfang, umfassen die Häuser zwischen August-Bebel-Straße und Freiligrathstraße sowie Nachwende und DDR-Neubauten am Augustusweg. Das Wohngebiet an der Weststraße mit den Hausnummern 56-64 gehört ebenfalls zum Bestand, wie im Westen das Quartier links und rechts der Geschwister-Scholl-Straße und Häuser an der Rudolf-Harbig-Straße.

Alles begann mit der Wohnungsnot nach dem Zweiten Weltkrieg. Auf diese reagierte die DDR-Regierung Anfang der 1950er-Jahre mit der Neubelebung des Genossenschaftsgedankens. In der Folge kam es zur Gründung von AWG. Sie boten wohnungssuchenden Mitgliedern die Möglichkeit, sich durch Eigenleistung am Bau neuer, überwiegend durch Staatskredite und betriebliche Zuschüsse finanzierten Wohnungen zu beteiligen.

Wie dem Stadtlexikon zu entnehmen ist, wurde Mitte Juli 1954 die "AWG der Radebeuler Betriebe" gegründet und zwei Jahre später in "AWG Chemie Radebeul" umbenannt. Denn die beiden Hauptträgerbetriebe waren die Volkseigenen Betriebe (VEB) Chemische Fabrik von Heyden und Arzneimittelwerk Dresden. Im Jahr 1956 entstand zudem die zweite AWG mit dem Zusatz "Metall". Hauptträger war hier der VEB Druckmaschinenwerk Planeta. 1975 kam es zum Zusammenschluss beider zur AWG "Lößnitz".

Laut Stadtlexikon konnten bis 1979 in Radebeul 1.152 AWG-Wohnungen übergeben werden. Weil man sich danach in der DDR-Wohnungsbaupolitik auf den industriellen Massenwohnungsbau mit Plattenbauten konzentrierte, kam die Bautätigkeit in der Lößnitzstadt weitgehend zum Erliegen.

Kein Leerstand

Mit politischer Wende und deutscher Wiedervereinigung wurde aus der AWG die "Wohnungsgenossenschaft Lößnitz". Bis 1998 hat sie ihren gesamten Wohnungsbestand saniert und modernisiert sowie auch neu gebaut. Rund 83.500 Quadratmeter misst ihre Wohnfläche in Radebeul insgesamt. Die Bilanzsumme betrug im Geschäftsjahr 2023 circa 81,5 Millionen. Alle Investitionen von Modernisierung bis Neubau konnte die WG Lößnitz nur durch ihre Mitglieder stemmen, betont Zenker. Rund 1.500 sind es an der Zahl. Ihnen gilt Zenkers Dank. Mit einem Mieterfest wurde das runde Jubiläum jüngst im Güterboden feierlich begangen.

Leerstand gibt es bei der WG Lößnitz keinen. Neue Mitglieder und Mieter sind zwar gern gesehen, müssen sich aber auf eine Warteliste eintragen. Voraussetzung für eine Mitgliedschaft ist, dass es die eigene wirtschaftliche Lage erlaubt, seine Miete pünktlich zu bezahlen. Neben einer Selbstauskunft ist ein Antrag zu stellen.

Pläne für Neubauprojekte existieren bereits, liegen aber in der Schublade und müssen warten. Grund sind die derzeit zu hohen Zinsen auf dem Kapitalmarkt. Diese müssten auf die Miete umgelegt werden. Die Kaltmiete bei einem neu gebauten Haus würde gegenwärtig über 16 Euro liegen. Solch ein Mietpreis "ist mit unserem genossenschaftlichen Gedanken nicht vereinbar", so Zenker. Ziel war es bislang, als Obergrenze die Zehn-Euro-Marke nicht zu übersteigen. Bei dem jüngsten Wohnungsbauprojekt, den "Vier Jahreszeiten", ist dies auch gelungen. Doch dass dies auch künftig der WG Lößnitz gelingt, wird schwierig. Das neue Limit wird daher voraussichtlich bei zwölf Euro liegen müssen. Momentan ist solch ein Mietpreis wegen der gegenwärtigen Marktsituation im Finanzsektor aber nicht zu erzielen, sondern liege darüber. Deshalb müssen Neubauprojekte warten.

Durchschnittsmitte zwischen sechs und sieben Euro

Die WG Lößnitz konzentriert sich daher auf das Vorbereiten neuer Projekte, um dann loslegen zu können, wenn sich die Marktsituation gebessert hat. So arbeitet die WG mit der Stadt Radebeul und deren kommunaler Wohnungsgesellschaft "Wohnen in Radebeul" an gemeinsamen Vorhaben. Dazu zählt die Entwicklung eines neuen Wohngebiets am einstigen Stadion an der Kötitzer Straße. Erst ab 2026 könne mit einer Realisierung begonnen werden, informiert Zenker.

Mieten von bis zu zwölf Euro als Obergrenze werden fällig, wenn Mitglieder in ein neu errichtetes Objekt einziehen. Bei den Bestandsgebäuden fällt die Kaltmiete deutlich geringer aus. Die Durchschnittsmiete liegt hier zwischen sechs und sieben Euro. "Wir hoffen, dass sich unsere Mieter bei uns wohlfühlen und hier in Radebeul ein angenehmes Wohnen haben. Dafür arbeiten wir jeden Tag", sagt Bilanzbuchhalterin Sabine Krause. Sie ist kaufmännischer Vorstand der WG Lößnitz. Durch das Programm des Mieterfestes führten André Hardt und Mirjam Köfer, Moderatoren bei Radio Dresden. Der Coswiger Karnevalsclub zeigte Tänze. Für Musik sorgte die Band "Müllermugge".