SZ + Radebeul
Merken

Wie es um den Plan eines Radschnellwegs durch Radebeul steht

In einer 2018 vorgelegten Studie zu einem Weg für Schnellradler bekam die Trasse Coswig-Radebeul-Dresden die höchste Punktzahl. Passiert ist seither nicht viel.

Von Silvio Kuhnert
 6 Min.
Teilen
Folgen
Zurzeit bietet der Elberadweg Pedalrittern viel Platz. Im Sommer herrscht mit Radtouristen sowie Spaziergängern und Gassigehern reger Verkehr. Schnellradler werden ausgebremst.
Zurzeit bietet der Elberadweg Pedalrittern viel Platz. Im Sommer herrscht mit Radtouristen sowie Spaziergängern und Gassigehern reger Verkehr. Schnellradler werden ausgebremst. © Norbert Millauer

Radebeul. Pedalritter, die auf ihrem Drahtesel auf Arbeit eilen, hat der Plan des Freistaates Sachsen aufhorchen lassen: In Ballungszentren sollen schnelle und sichere Routen entstehen. Mindestens vier Meter breit, getrennt von Autoverkehr und Fußwegen sowie mit wenigen Kreuzungspunkten sollen sie sein, damit ein schnelles Radeln möglich ist. Von "Rad-Autobahnen" ist die Rede.

In einer Studie ließ das Verkehrsministerium um Martin Dulig (SPD) mögliche Korridore für derartige Radschnellwege untersuchen. Elf potenzielle Verbindungen wurden dabei in den Großräumen Dresden, Leipzig, Chemnitz und Zwickau identifiziert. Sie sind insgesamt 133 Kilometer lang. Der Korridor Coswig-Radebeul-Dresden bekam bei der Untersuchung die höchste Punktzahl. Das Ergebnis dieser Radschnellwegkonzeption liegt seit Ende 2018 vor.

Noch kein Gesprächsangebot

Seither ist es um den Radschnellweg durch Radebeul still geworden. Rund 14,1 Kilometer soll die Route von Coswig bis Dresden messen. Auf reichlich 18,5 Millionen Euro werden die Baukosten geschätzt. Mindestens 2.000 Pendler nutzen den Radschnellweg vermutlich täglich. Und Radebeuler, die schon jetzt den Arbeitsweg mit dem Radweg zurücklegen, können diese schnelle Verbindung nach Dresden kaum erwarten. Denn derzeit nutzen sie vor allem den Elberadweg. Dieser ist zwar einer der beliebtesten Radwege Deutschlands. Doch fitte und sportliche Schnellradler sind dort nicht allein unterwegs. Im Sommer sind entlang des Flusses viele Radtouristen anzutreffen, die gemütlich die Landschaft erkunden. Zudem nutzen den Weg auch Spaziergänger, viele mit Hund. Sport- und Schnellfahrer sind daher immer wieder zu Brems-, Ausweich- und Überholmanöver gezwungen.

Deshalb fragten Bürger bereits wiederholt nach dem Planungsstand für den Radschnellweg bei der Stadtverwaltung nach. "Der Freistaat als Planungsträger ist auf Radebeul noch nicht zugegangen", hieß es wiederholt aus dem Rathaus. Und bis jetzt hat immer noch kein Vertreter des Landes angeklopft, um eine mögliche Trassenführung durch das Radebeuler Stadtgebiet zu besprechen, wie eine erneute Nachfrage ergab.

Personelle Engpässe

Zu den Planungen informiert das Verkehrsministerium, dass als nächster Schritt nach dem Vorliegen der Radverkehrskonzeption 2018 die erforderlichen Machbarkeitsstudien durch den Freistaat Sachsen in Abstimmung mit den Kommunen erstellt werden sollen. "Für den Freistaat übernimmt das Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv) die Projektsteuerung der entsprechenden Studien", teilt das Dulig-Ministerium mit. Das Erfordernis einer Planungsvereinbarung schreibt das Gesetz vor. Denn Kommunen mit mehr als 30.000 Einwohnern sind Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten im Zuge von Staatsstraßen und Kreisstraßen.

Das Lasuv ist bekanntermaßen personell unterbesetzt. Als am 1. Januar 2021 die Autobahn GmbH des Bundes ihre Arbeit aufnahm, musste die Landesbehörde zudem einen empfindlichen Aderlass an Mitarbeitern, vor allem von Bauingenieuren, verkraften. Personelle Engpässe räumt das Verkehrsministerium gegenüber dem Landtagsabgeordneten Marco Böhme (Die Linke) auch als einen Grund ein, warum es mit den Machbarkeitsstudien nur schleppend vorangeht. Als der Parlamentarier sich Ende des vorigen Jahres nach dem aktuellen Stand zu den Radschnellverbindungen erkundigte, lag erst eine Studie fertig vor. Diese hatte jedoch die Metropolregion Mitteldeutschland erstellen lassen. Zu vier weiteren Korridoren wurden mit den betroffenen Kommunen Planungsvereinbarungen getroffen. Die Abstimmung zu einer weiteren Vorstudie lief damals noch. Die betroffenen Radschnellwege liegen entweder im Großraum Leipzig oder um Chemnitz und Zwickau.

Radschnellweg auf der Meißner?

Im Ballungsraum Dresden ist seither eine Vereinbarung zwischen der Landeshauptstadt, Pirna und dem Lasuv auf den Weg gebracht worden. In der Sandstein-Stadt elbaufwärts hat der Stadtrat Anfang Februar dieses Jahres einen entsprechenden Beschluss gefasst und auch eine mögliche Trassenführung vorgeschlagen, und zwar die Bundesstraße 172. Von der Stadtgrenze Heidenau bis zur berüchtigten Kreuzung mitten in der Stadt, an der sich immer wieder die Autos aus Richtung Sächsischer Schweiz stauen, verläuft die Straße vierspurig. Durch die im Bau befindliche Südumfahrung wird die B 172 erheblich vom Durchgangsverkehr entlastet, so die Hoffnung. Dadurch werden künftig nicht mehr zwei Fahrspuren in beide Richtung benötigt und somit kann ein Teil des Straßenraums an die Radfahrer abgegeben werden.

Eine neue Straße, die Radebeul vom Verkehr entlastet, ist nicht in Sicht. Und so fragt auch Oberbürgermeister Bert Wendsche (parteilos), wo denn eine Trasse für einen Radschnellweg durch die engen und dicht bebauten Gegebenheiten, vor allem an der Stadtgrenze zu Dresden, verlaufen könnte: "Soll es die Meißner Straße sein?" Mit ihren Ampeln und den kreuzenden Straßen kann die Hauptverkehrsader nicht die Anforderungen an einen Radschnellweg bieten. Zudem wären die Radfahrer nicht vom Kraftverkehr getrennt. Beziehungsweise es entstehen Konflikte mit Autos, Straßenbahn und Fußgängern, wenn mehrere Meter Straßenraum nur für Pedalritter abgetrennt werden.

Verbreiterung des Elberadwegs denkbare Option

Ein Radschnellweg entlang der Kötzschenbrodaer Straße stellt Verkehrsplaner spätestens an den Engstellen in Serkowitz sowie in Radebeul-West ab der Friedhofsmauer in Richtung Coswig vor unlösbare Aufgaben. An der Stadtgrenze zu Dresden werden in Ost die Ranke- und Dresdner Straße als Radfahrerstraße ins Spiel gebracht. "Wie sollen dann aber Bewohner und Gewerbetreibende zur Autobahn kommen?", fragt Wendsche. Denn über diese beiden Straßen verläuft der Verkehr zur Anschlussstelle Dresden-Neustadt. Entsprechend wurde mit Zuschüssen von Bund und Land das Straßennetz in Radebeul-Ost ausgebaut, und beispielsweise die Forststraße unter der Bahnbrücke tiefer gelegt. Werde nun dieser Verkehrsstrom von Radebeul-Ost zur Autobahn durch einen Radschnellweg gekappt, "dann hätten wir die Fördermittel falsch investiert", sagt Wendsche.

So bleibt nur der Elberadweg. Dieser könnte theoretisch breiter gemacht werden. Jedoch durchquert er auch FFH-Gebiet. Und in dieser besonderen Schutzzone für Tiere und Pflanzen durfte noch nicht einmal Objektkünstler Reinhard Zabka sein Holzlabyrinth zum Weinherbst 2020 neben der Panzerstraße aufbauen. Das große Problem, einen geeigneten Trassenverlauf für einen Radschnellweg durch Radebeul zu finden, ist wohl ein Grund, warum sich vom Freistaat noch keiner im Radebeuler Rathaus diesbezüglich gemeldet hat, wird im Rathaus vermutet.

Wie das Verkehrsministerium mitteilt, stehen für das Erarbeiten der Vorstudien für zehn Radschnellverbindungen im Doppelhaushalt 2021/22 insgesamt 961.000 Euro zur Verfügung. Wie der künftige Finanzierungsumfang für diese Projekte aussehen wird, kann derzeit niemand sagen. Der Doppeletat 2023/24 ist noch in Planung.