Radebeul. Bummelt die Stadtverwaltung bei dem Neubauvorhaben der Oberschule Kötzschenbroda? Das Projekt gehört zusammen mit der Renovierung der beiden Schulhäuser an der Harmoniestraße zu den großen und wichtigen im Sanierungsgebiet „Zentrum Radebeul-West“. Doch bis jetzt ist noch kein Baustart in Sicht.
Und so schnell werden auch keine Bagger anrollen. Denn wie Baubürgermeister Jörg Müller (parteilos) kürzlich im Interview mit sächsische.de berichtete, soll die Finanzierung des rund elf Millionen Euro teuren Neubaus gar nicht mehr mit einem Zuschuss aus dem Fördertopf für das Sanierungsgebiet gestemmt werden. Der Fördermittelfluss versiegt bekanntlich Ende 2023 und die Vorbereitungen für die Schulbauten dauern länger. Nun strebt die Verwaltung eine Förderung über das Schulhausbauprogramm des Freistaats an. Auf den Fluren im Rathaus macht die Runde, dass mit einem Baubeginn nicht mehr vor 2025 zu rechnen ist.
Daher bohrte Stadtrat Oliver von Gregory (Bürgerforum/Grüne) nun mit einem Fragenkatalog an Oberbürgermeister Bert Wendsche (parteilos) nach, warum bis jetzt kein Fördermittelantrag für den Oberschulneubau gestellt wurde. Sächsische.de fasst die Gründe zusammen.
Die Ausgangssituation: Entscheidung für Campuslösung in Kötzschenbroda
Die beiden Gebäude der Grund- und Oberschule warten auf eine Sanierung. Zudem ist das 5.900 Quadratmeter große Grundstück für die heutigen Anforderungen an einen modernen Schulstandort zu klein. Daher traf im September 2017 der Stadtrat die Grundsatzentscheidung, in unmittelbarer Nachbarschaft eine neue Oberschule zu bauen und die beiden Schulhäuser zu sanieren. Grundschüler bleiben an ihrem angestammten Platz. In das ehemalige Oberschulgebäude zieht nach dem Umbau der Hort ein. Weil alle Einrichtungen nah beieinanderliegen, sprechen Verwaltung und Stadtrat von einem Schulcampus.
Derzeit müsste reges Bautreiben an der Harmoniestraße sein. Denn 2020 sollten die Bauarbeiten an Oberschule und Grundschule parallel beginnen und bis Ende 2021 zum Abschluss kommen. Diesen Zeitplan nannte OB Wendsche der Presse, als er die Idee zum Schulcampus im Spätsommer 2017 erläuterte.
Erste Korrektur des Zeitplans: Für Neubau werden fünf Jahre benötigt
Nach der Grundsatzentscheidung lobte die Lößnitzstadt einen Architekturwettbewerb für die neue Oberschule aus, die Platz für 336 Jugendliche bieten soll. Michael Auerbacher konnte die Fachjury mit seinem Entwurf überzeugen. Dieser sieht von außen betrachtet einen kompakten Dreigeschosser vor. Innen sind Klassenzimmer und Fachkabinette um einen großen Lichthof mit Glasdach gruppiert. Den Sieger des Architekturwettbewerbs beauftragte der Stadtrat im Juni 2018 mit der weiteren Planung der Oberschule.
In der damaligen Beschlussvorlage hat OB Wendsche den Zeitplan bis zur Fertigstellung korrigiert. Bauarbeiten in den Jahren 2020 und 2021 stellten sich als zu ambitioniert heraus. In seiner schriftlichen Antwort an von Gregory zitiert er aus der damaligen Vorlage, dass eine Fertigstellung des Neubaus nicht vor Sommer 2023 zu erwarten sei. Grund seien vergaberechtliche und bautechnische Abläufe. „Es wurde wiederholt darauf hingewiesen, dass größere Hochbauvorhaben einen mindestens fünfjährigen Zeitraum benötigen“, schreibt das Stadtoberhaupt.

Zweite Korrektur: Neue Regelungen bei Fördermittelanträgen
Im Jahr 2019 hat der Freistaat Sachsen Änderungen im Förderverfahren vorgenommen. Vorher konnten Kommunen mit der Entwurfsplanung, auch Leistungsphase 3 genannt, einen Antrag auf Zuschüsse stellen. Nun muss in dem neunstufigen Planverfahren die Ausführungsplanung (Leistungsphase 5) vorliegen, um einen Fördermittelantrag einreichen zu können. Das heißt, alle Pläne vom Verlauf der Stromkabel sowie dem Anordnen von Steckdosen und Lichtschaltern über Wasserrohre bis hin zur Größe der Fenster und Materialverbrauch für die Außenfassade müssen so weit gediehen sein, dass jederzeit die Bauleute loslegen können.
Doch so weit war die Verwaltung im vorigen Jahr noch nicht. Sie wollte die Entwurfsplanung bis Ende August 2020 abgeschlossen haben.
Dritte Korrektur: Aufwendige Vergaben und Corona sorgten für Verzögerung
Dieser Termin war nicht zu halten. Aufgrund der hohen Bausumme mussten mehrere Fachplanungen europaweit ausgeschrieben und vergeben werden. Diese Verfahren stellten sich laut Wendsche als zeitaufwendiger als vorgesehen heraus. Zudem wurde mit Beginn der Corona-Pandemie das Abstimmen mit den Fachplanern, Behörden und der Schulleitung erschwert. Ein Versammeln aller an einem Tisch war nicht in der üblichen Form wie früher möglich. Gespräche fanden per Telefon und Videokonferenz statt. Da nicht immer alle Beteiligten zu einer Schalte vereint werden konnten, mussten zu einigen Punkten mehrere vorgenommen werden. Das nahm Zeit in Anspruch.
Neuer Zeitplan: Fördermittelantrag soll bis August 2022 gestellt werden
Den Abschluss der Genehmigungsplanung (Leistungsphase 4) sowie den Baubeschluss durch den Stadtrat strebt die Verwaltung bis zum Beginn des zweiten Halbjahres 2021 an. „Angesichts des noch nicht abzusehenden Endes der coronabedingten Einschränkungen ist dies jedoch ungewiss“, so das Stadtoberhaupt.
Jedes Jahr müssen Fördermittelanträge für Schulgebäude bis Ende August beim Fördermittelgeber in Dresden eingereicht werden. Bis zum Antragsschluss 2021 ist die erforderliche Ausführungsplanung nicht mehr zu schaffen. „Daher wird derzeit eine Fördermittelantragstellung im August 2022 angestrebt“, informiert der Oberbürgermeister. Bis eine Bewilligung vorliegt, verstreichen erfahrungsgemäß Monate, wenn nicht gar Jahre.
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