Wenn Bürger Politesse spielen

Radebeul. Zum Hilfssheriff fühlt sich offenbar ein Radebeuler berufen. Wer gegenüber seiner Einfahrt an der Eduard-Bilz-Straße parkt, hat schnell einen Zettel hinter dem Scheibenwischer stecken. In dem kurzen Schreiben weist er den Fahrzeughalter daraufhin, dass dieser gegen drei Regeln der Straßenverkehrsordnung (StVO) verstoße. Zum einen habe er sein Fahrzeug im Parkverbot abgestellt. Andererseits wird in dem Papier auf das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme verwiesen.
Fett unterstrichen ist allerdings der Hinweis auf einen weiteren Verstoß. Und zwar habe der Besitzer des abgestellten Fahrzeuges nicht die Grundstücksausfahrt des Zettelschreibers beachtet. Das Fahrzeug stand zwar auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Da es sich hier aber um eine schmale Straße handle, sei auch das Parken gegenüber der Grundstückseinfahrt verboten. „Ein ungehindertes Befahren unseres Grundstückes, auch mit größerem Anhänger, Baufahrzeugen, Containern etc. muss jederzeit gewährleistet sein, auch nachts (da Transportunternehmen)“, ist auf dem Papier weiter zu lesen. Darin kündigt der Verfasser an, Kennzeichen und Situation mit Fotos dokumentiert zu haben. Bei wiederholtem Verstoß schalte er Ordnungsamt und Polizei ein.
„Wir sind nicht bei ‚Wünsch dir was‘“
Den Fall samt Brief hat CDU-Stadtrat Wolfgang Jacobi im Stadtentwicklungsausschuss vorgetragen. Von der Verwaltung wollte er wissen, auf welcher Grundlage und mit welcher Genehmigung der Bilz-Straßen-Anrainer derartige Zettel verteilt.
Das Sachgebiet Verkehrsangelegenheiten beobachte immer häufiger, dass sich Bewohner bemüßigt fühlen, selbst Ordnungshüter zu spielen. „Die Hinweise haben keine Bedeutung“, sagt Behördenleiter Ingolf Zill. Ihm liegt für das besagte Grundstück auch keine Gewerbeanmeldung vor. Das eingeschränkte Parkverbot habe seine Verwaltung erlassen. Grund: Die Stelle dient als Ausweich- und Wartebereich, wenn sich zwei Fahrzeuge auf der Bilz-Straße begegnen. „Unter Umständen hat sich hier ein Bürger ein Recht herausgenommen, das so nicht besteht“, meint Zill. Wegen dessen Grundstückseinfahrt sei das Parkverbot nicht erlassen worden. „Wir sind nicht bei ‚Wünsch dir was‘“, so Zill. Wenn es so wäre, würde es in der Stadt nur Parkverbotszonen geben. (SZ/sku)
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