Wie es um die Flutschutzpläne für "Altkö" steht

Radebeul. Rund 40 Millionen Euro an Schäden und Zerstörung hat das Augusthochwasser vor 20 Jahren in Radebeul hinterlassen. Zwei Gebäude wurden vom Hochwasser vollständig zerstört. Bei sieben Wohnhäusern war nach dem Rückgang der Flut die Standsicherheit gefährdet. In 154 Häusern stand Wasser im Wohnbereich. Bei 218 Gebäuden liefen die Keller voll. 39 Gewerbegebäude waren betroffen. Außerdem wurden 2.060 Meter Straße beschädigt. Den Höchststand in Radebeul hat die Elbe damals am 17. August um 8 Uhr mit einem Pegel von 9,40 Meter erreicht. Der Dorfanger Altkötzschenbroda stand komplett unter Wasser.
Damit ein sogenanntes HQ 100, ein Hochwasser, das statistisch gesehen alle 100 Jahre auftritt, nicht wieder einen derartig hohen Schaden in der Lößnitzstadt anrichten kann, hat die Landestalsperrenverwaltung (LTV) ein Schutzkonzept erarbeitet, zu dem drei Deiche beziehungsweise Schutzwände gehören. Die Hochwasserschutzanlagen in Naundorf und Fürstenhain stehen bereits. Doch um die für Altkötzschenbroda ist es still geworden.
Eine knapp 500 Meter lange Schutztrasse
Bereits im Jahr 2010 lag ein Entwurf der LTV aus. Damals gab es gegen die Trasse viele Einwendungen der Anwohner. Konkret sind damals knapp 200 Kritikschreiben von Bürgern bei der Landesdirektion Sachsen eingetroffen. So gab es unter anderem Bedenken, die Trasse könnte die Ansicht des Stadtteils kaputt machen. Eine Einigung gab es zudem weder zu einer gebäudenahen noch zu einer gebäudefernen Mauer.
Mitte Oktober 2015 reichte die LTV die Unterlagen für eine überarbeitete Tektur bei der Landesdirektion Sachsen zur Planfeststellung ein, mit dem Ziel, Baurecht zu bekommen. Im Frühjahr 2017 lag dieser Plan öffentlich aus. Um den Dorfanger Altkötzschenbroda vor einer erneuten Überschwemmung wie im August 2002 zu bewahren, soll folgende Schutzlinie helfen (Stand 2017): Geplant ist eine circa 495 Meter lange Hochwasserschutztrasse. Sie beginnt an der Pfarrgasse und führt weiter über das Gelände des Gemeindehauses der Friedenskirche. Dahinter folgt sie zunächst dem Verlauf des Hochuferweges und schwenkt schließlich in nordwestliche Richtung ein und führt bis zum Elberadweg.
Die Mauer wird weiter bis zum Biergarten des Hotels „Goldener Anker“ gebaut und verläuft dort gebäudenah an der Terrasse entlang. Damit die Gäste des Hotels trotzdem vom Biergarten auf die Terrasse kommen, wird eine Treppe über die Hochwasserwand angelegt. Außerdem soll an dieser Stelle eine Öffnung in den Wall eingebaut werden, die mit mobilen Elementen verschließbar ist. Enden wird die Schutzmauer am Kreuzungsbereich von Bahnhofstraße und der Straße An der Festwiese. Laut LTV-Sprecherin Gerlind Ostmann ist die geplante Hochwasserschutzanlage für einen sogenannten Bemessungshochwasserabfluss von 4.374 Kubikmeter in der Sekunde ausgelegt. "Das entspricht einem Hochwasser, das im statistischen Mittel einmal in 100 Jahren eintritt (HQ 100)", so Ostmann.
Nur noch 20 Einwendungen von Bürgern
Gegenüber dem ersten Entwurf der Schutzlinie aus dem Jahre 2010 wurde in den geänderten Plänen unter anderem die Freibordhöhe auf der gesamten Länge des Schutzwalls von 80 auf 50 Zentimeter gesenkt. Damit soll die Flurschutzmauer weniger auffallen. Der Freibord ist der Abstand zwischen Wasserspiegel und der Oberkante der Mauer. Er darf nicht mit der Höhe der Flutschutzwand verwechselt werden, die größer ist. Im Straßenbereich "An der Festwiese" werden im Hochwasserfall mobile Schutzelemente aufgestellt.
Neben Stellungnahmen der sogenannten Träger öffentlicher Belange haben zum geänderten Trassenverlauf auch wieder Bürger Einwendungen eingereicht. Mit rund 20 hat sich deren Anzahl aber gegenüber dem ersten Entwurf deutlich verringert. "Die Einwendungen beziehen sich überwiegend auf die durch das Vorhaben verursachten Grundstücksbetroffenheiten. Darüber hinaus wird die Notwendigkeit und Dimensionierung des Vorhabens infrage gestellt", teilt Landesdirektions-Sprecher Jürgen Herrmann mit.
Alle eingegangenen Anregungen und Hinweise wurden und werden geprüft. "Infolge der Anhörung zur geänderten Planung ergab sich weiterer Überarbeitungsbedarf, insbesondere im Hinblick auf die naturschutzfachlichen Unterlagen. Die Landesdirektion geht nach aktuellem Stand davon aus, dass die geänderten Unterlagen durch die Vorhabenträgerin im vierten Quartal 2022 eingereicht werden", informiert Herrmann. Sobald die Unterlagen zur zweiten Planänderung bei der Landesdirektion eingegangen sind, wird eine erneute Anhörung durchgeführt und anschließend ein Erörterungstermin vorbereitet. Wann das Planfeststellungsverfahren zu einem Abschluss kommt, dazu möchte Herrmann zum aktuellen Zeitpunkt noch keine Aussage wagen.
Baurecht frühestens Anfang 2024
Die Landestalsperrenverwaltung ist hier etwas mutiger. "Wir gehen davon aus, dass ein Planfeststellungsbescheid für die Errichtung dieser Hochwasserschutzlinie frühestens Anfang 2024 vorliegt", informiert LTV-Sprecherin Ostmann. Die im Hinblick auf Naturschutzthemen überarbeiteten Flutschutzpläne möchte die LTV bereits im dritten Quartal dieses Jahres, also noch in diesem Sommer, in der Landesdirektion abgeben.
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Wenn frühestens Anfang 2024 Baurecht besteht, wird mit den Bauarbeiten noch nicht gleich losgelegt. Sollte es gegen den Planfeststellungsbeschluss keine Klagen geben, "braucht es nach bisherigen Erfahrungen aus vergleichbaren Vorhaben noch einmal mindestens zwei bis drei Jahre für den Prozess der Ausführungsvorbereitung. Zu diesem Prozess gehören die Ausführungsplanung, der Abschluss von Gestattungsverträgen mit allen vom Vorhaben betroffenen Grundstückseigentümern sowie die Ausschreibung und Vergabe der Bauleistungen und der baubegleitenden Leistungen", informiert Ostmann.
Der Bau der Schutzanlage von Altkötzschenbroda ist bei der LTV mit der Priorität "hoch" eingestuft. "Diese Einordnung ergibt sich entsprechend einer Nebenbestimmung aus dem Planfeststellungsbeschluss zur zwischenzeitlich fertiggestellten neuen Hochwasserschutzlinie auf der gegenüberliegenden Elbseite in Dresden", so Ostmann. Die rund fünf Kilometer lange Deichlinie auf der anderen Elbseite zum Schutz von den Dresdner Ortsteilen Stetzsch, Gohlis und Cossebaude wurde vor fünf Jahren fertiggestellt. "Das Vorhaben in Altkötschenbroda ist nunmehr das letzte noch umzusetzende Vorhaben in der Hochwasserschutzlinie Radebeul", teilt Ostmann mit.