Zwei Drittel des Abwassernetzes sind veraltet

Radebeul. Einer Mammutaufgabe gleicht, was Radebeul in den nächsten Jahren bevorsteht: Nicht nur das Nebenstraßennetz muss saniert und grundhaft ausgebaut werden. Im Untergrund liegen Abwasserkanäle, die ihre Lebensdauer weit überschritten haben. Daher plant die Stadtverwaltung, ein umfangreiches Sanierungskonzept aufzustellen, wie Oberbürgermeister Bert Wendsche (parteilos) auf der Stadtratssitzung am Mittwochabend ankündigte.
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war Radebeul anderen Kommunen in puncto Infrastruktur weit voraus. Während andernorts noch Außenplumpsklo und Jauchengrube zum Alltag gehörten, durchzog die Lößnitzstadt bereits ein Kanalnetz. Im Jahr 1940 kamen die Rohre aneinandergereiht auf eine Länge von 108,4 Kilometer. Und danach passierte 50 Jahre nicht viel. Gerade einmal um 0,6 Kilometer ist das Abwassernetz bis 1990 erweitert worden. Zu DDR-Zeiten wurden Abwasserrohre nur im Neubaugebiet an West- und Oststraße sowie entlang des Tännichtweges neu verlegt.
Seit der Wende 25,9 Kilometer Kanäle neu gebaut
Erst nach der deutschen Wiedervereinigung nahm der Ausbau des Kanalnetzes wieder Fahrt auf. So kamen seit 1990 rund 25,9 Kilometer neue Leitungen hinzu. Zudem hat die Lößnitzstadt durch ihr Tochterunternehmen, die Wasserversorgung und Stadtentwässerung Radebeul GmbH (WSR), die mit der Schmutzwasserentsorgung beauftragt ist, circa 20 Kilometer des bestehenden Netzes saniert oder die Rohrdurchmesser erweitert, damit sie unter anderem mehr Regenwasser fassen und ableiten können.
Heutzutage zählt das Abwassernetz eine Länge von 134,9 Kilometer. Der 50-jährige Stillstand beim Ausbau hat Folgen. Etwa zwei Drittel der Kanäle sind älter als 80 Jahre. „Das stellt uns vor eine große Herausforderung. Die Kanäle kommen ans Ende ihrer Lebensdauer“, sagte das Stadtoberhaupt. In der Buchhaltung gelten Abwasserrohre nach 50 Jahren als veraltet und erneuerungsbedürftig. „Real halten sie länger“, so Wendsche.

Sanierung in 25 Jahren kaum zu schaffen
Dennoch steht der Stadt eine Generationenaufgabe bevor. „Um das Abwassernetz aus der Zeit vor 1940 innerhalb der folgenden 25 Jahre vollständig zu sanieren, müssten jährlich über drei Kilometer ausgetauscht werden“, berichtete der OB, wohl wissend, dass dies kaum zu bewerkstelligen ist. Denn es handelt sich vorwiegend um Kanäle großer Dimension, in größerer Tiefenlage sowie in dicht bebauten Wohnquartieren. Würde man die Erneuerung innerhalb einer Generation schaffen, dann wäre laut Wendsche der letzte auszutauschende Kanal mindestens 105 Jahre alt.
Es sind nicht nur die Abwasserrohre, die einer Sanierung harren. Lässt die Stadt einmal den Boden eines Straßenzugs aufbuddeln, möchte sie auch die alten Leitungen für Trinkwasser, Strom und Gas durch neue ersetzen und das Hydrantensystem modernisieren. Danach steht der grundhafte Ausbau der Schwarzdecke an. Hierbei ist zudem zu klären, wie breit die Fußwege werden sollen, ob Platz für Parkplätze bleibt und wo Straßenbäume stehen können.
Ein Plan muss her
„Nur bei einem strategisch abgestimmten Vorgehen zwischen allen Teilbereichen der Straßen- und leitungsgebundenen Infrastruktur ist diese Herausforderung überhaupt zu meistern“, sagte Wendsche. Kurzum: Es ist ein wohldurchdachter Plan vonnöten. Und den möchte die Stadtverwaltung gemeinsam mit den Ver- und Entsorgungsunternehmen erstellen.
Bis Anfang 2022 soll der Zustand von Kanälen, Leitungen und Straßen erfasst sein, um danach bis Mitte des gleichen Jahres eine Gesamtstrategie vorliegen zu haben. Hierbei werden die Stadtquartiere einzeln in den Fokus genommen. Je nach Sanierungsbedürftigkeit wird eine Rangfolge festgelegt. Ab 2023 will man diese abarbeiten. Für ein Quartier werden drei bis fünf Jahre Bauzeit benötigt.
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