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Karl-May-Museum übergibt umstrittenen Skalp

Seit 2014 fordern Indianer aus Michigan die Herausgabe des Skalps. Nach langen Untersuchungen hat das Museum die Überreste jetzt an die USA übergeben.

Von Peter Redlich
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Skalp-Abbildungen im Karl-May-Jahrbuch. Mit dem Schmuckwerk zum Skalp, so Karl-May-Museumsdirektor Robin Leipold, wolle man die Geschichte der einstigen Trophäe und deren Weg vom Dakota-Häuptling zu Patty Frank nach Radebeul darstellen.
Skalp-Abbildungen im Karl-May-Jahrbuch. Mit dem Schmuckwerk zum Skalp, so Karl-May-Museumsdirektor Robin Leipold, wolle man die Geschichte der einstigen Trophäe und deren Weg vom Dakota-Häuptling zu Patty Frank nach Radebeul darstellen. © Karl-May-Museum

Radebeul/Leipzig. Die Karl-May-Sitftung Radebeul hat am Montag die menschlichen Überreste eines amerikanischen Ureinwohners an den Generalkonsul der Vereinigten Staaten von Amerika in Leipzig Ken Toko sowie an den Kulturattaché der US-Botschaft David Mees übergeben, informiert das sächsische Kulturministerium. Die Regierung der Vereinigten Staaten, vertreten durch das US-Außenministerium, erhält die menschlichen Überreste - einen Skalp - als Verwahrerin im Namen des Sault Ste. Marie Tribe of Chippewa Indians.

Sachsens Kulturministerin Barbara Klepsch (CDU) nahm als Vertreterin der sächsischen Staatsregierung an der Übergabe teil. Während der Übergabe wurde das aktive Zusammenwirken mit der sächsischen Staatsregierung, dem Auswärtigen Amt, der Botschaft sowie dem Generalkonsulat der Vereinigten Staaten von Amerika betont.

"Wir begrüßen die Entscheidung des Kuratoriums der Karl-May-Stiftung, der Rückführung eines Gegenstandes zuzustimmen, der dem Sault Ste. Marie Tribe of Chippewa Indians heilig ist. Dies ist ein wichtiger Schritt für das Karl-May-Museum in Radebeul und wir freuen uns auf die künftige Zusammenarbeit", betonte Ken Toko, US-Generalkonsul für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Ein Weg der Völkerverständigung im May’schen Sinn

"In den letzten sechs Jahren wurden umfangreiche Untersuchungen zur Herkunft des menschlichen Überrestes durchgeführt. Es wurde keinerlei Hinweis auf einen Unrechtstatbestand oder eine koloniale Herkunft bestätigt. Die Karl-May-Stiftung hat sich im Interesse der Völkerverständigung und im guten Miteinander mit den Native Americans aus freien Stücken zu dieser Übergabe entschlossen", unterstrich Volkmar Kunze, Vorsitzender des Vorstandes der Karl-May-Stiftung Radebeul.

Die sächsische Staatsregierung habe die einvernehmliche Lösung im Geiste von Humanität und des Respekts gegenüber anderen Kulturen immer mitgetragen und unterstützt, so die Ministerin. Es ist der Weg der Völkerverständigung – ganz im May’schen Sinn. "Darüber bin ich sehr glücklich und dankbar", sagte Klepsch.

Die sächsischen Museen sind sich ihrer Verantwortung bewusst und stehen für einen sensiblen, respektvollen Umgang mit menschlichen Überresten. Die "Ethischen Richtlinien für Museen" des Internationalen Museumsrats sowie die Empfehlungen des Deutschen Museumsbundes zum Umgang mit menschlichen Überresten und zum Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten geben dafür eine Richtschnur.

Im Karl-May-Museum Radebeul befinden sich die Sammlungsstücke des Museumsgründers Patty Frank.
Im Karl-May-Museum Radebeul befinden sich die Sammlungsstücke des Museumsgründers Patty Frank. © Matthias Hiekel/dpa (Archiv)

Für den Umgang mit kolonialem Erbe habe man in der Kulturministerkonferenz eine Drei-Wege-Strategie zur Erfassung und digitalen Veröffentlichung von Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten verabredet. An der aktuell gestarteten Pilotphase beteiligen sich auch die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, so Sachsens Staatsministerin für Kultur und Tourismus.

Der Stamm der Sault Ste. Marie der Chippewa Indians hatte die Karl-May-Stiftung in Radebeul gebeten, den menschlichen Überrest in die Heimat zurückzuführen. Das US-Außenministerium unterstützt die Kooperation zwischen amerikanischen Ureinwohnern und ausländischen Institutionen zur Rückführung menschlicher Überreste und anderer sensibler Objekte. Die Karl-May-Stiftung erklärte sich bereit, dem Wunsch des Stammes nachzukommen.

Seit über sechs Jahren wurde gestritten

Seit über sechs Jahren wird gestritten um menschliche Überreste von Indianern, die im Radebeuler Karl-May-Museum ausgestellt waren. Es geht um einen Skalp. Ein Stück Kopfhaut mit Haaren. Die typische Beute, welche die Indianer in Nordamerika bei kriegerischen Auseinandersetzungen dem Gegner vom Kopf schnitten und als Trophäe ausstellten.

Der Skalp ist vor über 100 Jahren vom Gründer des Karl-May-Museums, Patty Frank, auf seinen Reisen als Zirkusartist in den USA erworben worden. Im Besitz soll ihn ein Dakota-Häuptling gehabt haben. Es soll die Kopfhaut eines anderen Häuptlings gewesen sein. Als Ehre gegenüber dem getöteten Häuptling hat der Sieger den Skalp aufgespannt und mit Federn und Perlen versehen. So hat ihn Patty Frank damals erworben und so wurde er im Radebeuler Museum viele Jahre gezeigt.

Doch die Ansichten zu solchen menschlichen Überresten haben sich geändert. Heute herrscht einhellig die Meinung, dass diese dorthin, wo sie herstammen, zurückgeführt werden sollen.

So hat ein Zeichner sich den Handel mit Skalpen in den USA vor über 100 Jahren vorgestellt.
So hat ein Zeichner sich den Handel mit Skalpen in den USA vor über 100 Jahren vorgestellt. © Karl-May-Museum Radebeul

Seit sechs Jahren wurde zum Häuptlingsskalp geforscht. Der heutige Museumsdirektor und bisherige Kurator Robin Leipold hat zusammen mit dem Sault Ste. Marie Tripe (Stamm) der Chippewa Indianer nach der Geschichte des Skalpes gesucht. Bereits 2014 haben das Karl-May-Museum und die Indianer dazu eine Erklärung abgegeben. Allerdings: Die genaue Herkunft, von welchem Indianerstamm er wirklich erbeutet wurde, das fand bisher niemand heraus.

Sogar das US-State Department, das Innenministerium, arbeitete an dem Thema, um eine Lösung zu finden. Zuletzt schalteten sich sogar die Botschaft der USA in Deutschland und das Auswärtige Amt der Bundesrepublik ein. Jetzt kann die Kopfhaut eines Indianers zurück in seine Heimat überführt werden.