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Vorschulkinder aus Coswig gestalten bienenfreundliche Grabstätte

Auf dem Friedhof in Coswig lernen Kinder, wie der Tod in die natürliche Umgebung eingebunden ist – das ist sowohl tröstlich als auch lehrreich.

Von Martin Skurt
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Linda Kühnel, Friedhofsverwalterin in Coswig, zeigt den Kindern des Kindergartens, wie eine Walderdbeere auf einem Grab eingepflanzt wird.
Linda Kühnel, Friedhofsverwalterin in Coswig, zeigt den Kindern des Kindergartens, wie eine Walderdbeere auf einem Grab eingepflanzt wird. © René Plaul

Coswig. An einem sonnigen Tag im Spätsommer auf dem historischen Friedhof spielt sich am Mittwoch eine besondere Szene ab: Vorschulkinder des Christlichen Kinderhauses St. Martin trafen sich, um die Grabstätte der Coswiger Gärtnerfamilie Rudolph liebevoll und bienenfreundlich zu bepflanzen. Diese Aktion ist nicht nur eine Gelegenheit, den Kindern den Wert von Natur und Umwelt nahezubringen, sondern auch eine behutsame Einführung in das oft schwer zugängliche Thema Tod.

Der Friedhof Coswig, der seit 1874 Bestattungen durchführt und sich durch seine Mischung aus Parkcharakter und naturnahen Bereichen auszeichnet, bietet dafür den idealen Ort. Besonders der Teil des Friedhofs oberhalb der Friedhofskapelle, der durch einen naturbelassenen Kiefernwald geprägt ist, vermittelt eine friedliche, fast schon tröstliche Atmosphäre. Hier, in dieser Umgebung, können die Kinder erleben, wie der Tod Teil des natürlichen Kreislaufs ist.

Der Tod muss keine Angst machen

Linda Kühnel, die Friedhofsverwalterin, begleitet die Kinder bei ihrem Projekt. Sie sieht den Friedhof nicht nur als Ort der Trauer, sondern auch als wichtigen Teil der städtischen Grünflächen, der für viele Menschen eine Art Oase darstellt. Der Friedhof Coswig trage durch seine mehr als dreieinhalb Hektar Fläche zur ökologischen Aufwertung der Stadt bei und bietet gleichzeitig einen Raum für Begegnungen und Reflexion, erklärt sie. Diese naturnahe Umgebung macht es den Kindern leichter, den Tod nicht als etwas Bedrohliches, sondern als natürlichen Teil des Lebens zu begreifen. Das spürt man auch.

Zwar verhalten sich die Fünf- bis Sechsjährigen in der Kapelle und auf dem Friedhofsgelände eher ruhig und staunend, trotzdem finden sie schnell ins kindliche Spiel. Wenn zum Beispiel ein Mädchen so tut, als könnten die Blumen, die sie einpflanzen, sprechen. Ein Junge im Besonderen ist völlig beeindruckt davon, dass sich in einer Schubkarre mehrere Asseln tummeln. Und er entdeckt in seinen Augen einen neuen Freund: einen Tigerschnegel. Diesen nimmt er strahlend auf den Finger und würde ihn am liebsten den ganzen Tag herumtragen.

Das Pflanzen bienenfreundlicher Blumen wie Salbei oder Lungenkraut auf der Grabstätte der Gärtnerfamilie ist für die Kinder schließlich eine wertvolle Erfahrung. Sie dürfen nicht nur aktiv werden, sondern auch etwas Schönes schaffen, das den Friedhof lebendig macht und gleichzeitig Insekten einen Lebensraum bietet. Die Aktion ist ein Beispiel dafür, wie man Kinder frühzeitig in das Thema Tod einbeziehen kann, ohne ihnen Angst zu machen. "Die Kinder hatten viele Fragen nach dem Besuch in der Kapelle", sagt Erzieherin Anne-Theresa Grahl. "Zum Beispiel wollten sie wissen, welche lustigen Beerdigungen es gab." Einige Kinder waren beim Rundgang erschrocken, dass es auch Kindergräber gibt. "Aber als sie dort das Spielzeug sahen, haben sie sich für die Kinder gefreut."

Der Friedhof: Ein Ort der Begegnung und Besinnung

Die Erzieherin möchte gemeinsam mit den Kindern wiederkommen, um offene Fragen noch zu klären. Beim Vortrag von Linda Kühnel in der Friedhofskapelle offenbarte sich ein Kind, dass es schon bei einer Beerdigung war. Denn auch in jungen Jahren erleben Kinder den Verlust geliebter Menschen oder Tiere. Erzieherin und Friedhofsverwalterin sind sich dabei einig: Es ist wichtig, dass sie einen positiven, angstfreien Zugang zu diesem Thema bekommen. Jede Kita aus Coswig und der Umgebung kann gern auf Kühnel zukommen, um den Kindern einen kindgerechten Einblick in die Arbeit des Friedhofs anzubieten.

Denn der Friedhof soll nicht nur den Trauernden offen stehen, sondern auch Besuchern, die einen ruhigen Ort der Besinnung suchen, zugänglicher zu machen. So spielt am 11. September der Liedermacher Gerhard Schöne ein Konzert in der Kapelle. Linda Kühnel könne sich auch andere Kulturveranstaltungen wie Orgelkonzerte oder Krimilesungen vorstellen. Für sie ist klar, der Friedhof ist auch ein Ort der Begegnung. Und das spüren auch die Menschen, die vorbeikommen. Ausnahmslos alle grüßen die Leiterin und eine Frau unterhält sich kurz mit ihr. Sie lobt das Engagement von Linda Kühnel, den Friedhof, besonders mit den naturnahen Gräbern im Norden, für alle verschönert zu haben.