Coswig. Was erst mal merkwürdig klingt, ist jedoch gelebte Verwaltungspraxis: Der See auf dem ehemaligen Kiesabbaugelände in Coswig-Brockwitz soll bald als Gewässer gelten. Denn bislang ist der Teil laut Bergbaurecht noch eine Nassabbaufläche. Das solle geändert werden – am liebsten sofort –, damit dort eine schwimmende Fotovoltaik-Anlage künftig betrieben werden könne, berichtet Wolfgang Weimann, Leiter des Coswiger Bauwesens im vergangenen Stadtrat. Zwar ging neben dem See 2011 eine reguläre PV-Anlage ans Netz. Doch im damaligen Bebauungsplan wurde das Gewässer nicht beachtet. Das ändert sich nun mit einem neuen Aufstellungsbeschluss des selbigen.
Bau könne schon 2024 beginnen
Projektentwickler für das neue Vorhaben ist die Dresdner Projekt Solartechnik (PST) GmbH. Auf der etwa 9,1 Hektar großen Wasserfläche plant sie auf 1,3 Hektar mit mindestens 40 Meter Abstand zum Ufer den Bau schwimmender Solarmodule. Die hätten eine Leistung von etwa 2,2 Megawatt Peak, sagt Andres Friederici, Leiter der Planungsabteilung bei PST. Die Angabe der Leistung gilt unter Standardbedingungen im Labor. Die Angabe in Watt Peak gibt also nicht unbedingt die tatsächliche Leistung an, sondern dient nur zu Planungszwecken, vor allem um die benötigte Größe von PV-Anlagen auf Häusern zu ermitteln. In Deutschland kann der Wert zum Beispiel auch an unbewölkten Tagen zur Mittagszeit überschritten werden.
Doch wann wird es eine schwimmende PV-Anlage in Coswig geben? Friederici sagt auf Anfrage, dass der Bau schon 2024 starten könne. Dafür müssen allerdings drei Verfahren im Vorfeld zum Abschluss gebracht werden, gibt Wolfgang Weimann zu Bedenken. Zunächst müsse das Gewässer aus der Bergaufsicht entlassen werden. Parallel dazu wolle die Stadtverwaltung den Bebauungsplan ändern. Daran anschließend müsse die Untere Wasserbehörde eine PV-Anlage auf dem Wasser in einem gesonderten Verfahren genehmigen.
Wolfgang Weimann wolle alle drei Schritte möglichst zügig abschließen. Das funktioniere nur, wenn die Verfahren "möglichst verzahnt" ablaufen. Die Bedingungen für schwimmende Solarmodule sind jedenfalls theoretisch gegeben. Denn diese dürfen laut Wasserhaushaltsgesetz unter anderem nur auf einem künstlichen Gewässer gebaut werden. Das sei in Brockwitz gegeben, so Weimann. Allerdings liegt das Gewässer im Überschwemmungsgebiet der Elbe und die Wasserpegel ändern sich, so Friederici. Dafür sei der Einspeisepunkt ins örtliche Netz bereits auf dem Gelände vorhanden.
Erhitzt die schwimmende PV-Anlage das Mikroklima?
Jochen Quaas, AfD-Stadtrat, gibt in der anschließenden Diskussion zu bedenken, dass das Vorhaben einen großen Eingriff in das Coswiger Mikroklima bedeuten würde. Denn die Solaranlagen daneben erhöhen die Temperaturen der Umgebung, und bisher wäre das Wasser eine Pufferfläche für die Anwohner gewesen. Wolfgang Weimann erwidert, dass die Solaranlagen nur auf maximal 15 Prozent der Wasserfläche liegen. "Dadurch sollte die Temperatur nicht übermäßig strapaziert werden." So könnten die Module gleichzeitig zu einer Verschattung des Wassers und damit Kühlung führen. Allerdings gibt er Quaas recht, dass es dafür noch fachliche Nachweise benötigt. Alle wasserrechtlichen Bedingungen werden für so eine Anlage aber eingehalten.
Oberbürgermeister Thomas Schubert (parteilos) wirft zudem ein, eine Genehmigung der Anlage gebe es nur, wenn keine Gesetzesverstöße auftreten. Bedenken führen allerdings zu Prüfungen. Die können bei einer öffentlichen Bekanntmachung der Pläne geäußert werden. "Das wird zu Erkenntnissen führen." Friederici von PST gibt wiederum an, dass die Solarmodule zu einer Verschattung und Kühlung darunter führen. Die Verdunstung kühlt zudem gleichzeitig die PV-Anlagen, sodass mehr Strom gewonnen werden könne als bei vergleichbaren Festlandanlagen.
Grünen-Stadtrat und Vorsitzender der größten Fraktion Bündnis für ein nachhaltiges Coswig (BnC), Thomas
Werner-Neubauer, meint, Verschattung und Aufwärmung wird sich sicherlich ausgleichen. Werner-Neubauer hat allerdings eine andere Frage bezüglich der Genehmigung wegen der nicht standsicheren Böschung an der Westseite. Weimann meint, dass der Zustand fortlaufend dokumentiert werde. Nur das Bergamt könne schließlich entscheiden, ob die Fläche für die PV-Nutzung freigegeben werde. Der Stadtrat beschließt am Ende einstimmig, dass der Bebauungsplan geändert werden soll. Damit ist der Weg für die schwimmenden Solarmodule geebnet.