Merken

Rauten und Rauchen

Olaf Schubert dreht in Dresden seinen ersten Kinofilm. Es geht um seine Versuche, die Welt zu retten und zugleich Mario Adorf zum Großvater zu machen. Dabei fließen viele Tränen.

Teilen
Folgen
© Robert Michael

Von Andy Dallmann

Poch. Poch. Pause. Zaghaft drückt Olaf Schubert die Klinke, zaghaft öffnet er die schwere Tür und noch zaghafter schiebt er sich in den Raum. Unter der dunkel getäfelten Decke scheint er ein achtbares Stück zu schrumpfen, seine Stimme fistelt dafür noch eine Spur höher als üblich. Kein Wunder, dass der Pullunder-Mann Muffensausen hat – vor ihm thront ja auch der Pate.

Olaf Schubert (l) und Mario Adorf auf der Pressekonferenz zum Film „Schubert in Love“.
Olaf Schubert (l) und Mario Adorf auf der Pressekonferenz zum Film „Schubert in Love“. © dpa
Schubert verabschiedet Adorf.
Schubert verabschiedet Adorf. © Robert Michael

Ach nein, das ist gar kein Mafiaboss. „Vati, sieh mal, was ich dir gekauft habe.“ Olaf wedelt mit einem Strauß welker Astern und wagt sich einen Schritt näher an den Furcht einflößend riesigen Schreibtisch. Der Mann dahinter bläst eine kopfkissengroße Zigarrenwolke von sich und blafft: „Ich brauche so einen Quatsch nicht.“ Ach du armer Olaf.

Wirklich grämen muss sich der Weltenretter nicht, ist schließlich alles nur gespielt. Nach zig Bühnenprogrammen, nach TV-Einsätzen als Gala-Moderator, als „heute show“-Kasper, als Herr seiner eigenen ARD-Sendung legt der Werbebotschafter des Rautenmusters auch noch mit einem Kinofilm nach. Schubert an allen Fronten – kann das gut gehen? Mit prominentem Beistand vielleicht schon. Kinolegende Mario Adorf gibt den Papa-Paten und kickt zweifellos dieses Projekt. Gestern war der letzte gemeinsame Drehtag. Und Adorf blies viele Zigarren-Kopfkissen zusammen.

Eine herrschaftliche Villa zwischen Stasi-Gedenkstätte und Saloppe. Dem Messingschild zufolge, das ein Helfer immer wieder auf Hochglanz wienert, wohnt hier Professor Schubert. Das ist Film. Der drei Schritte weiter neben einem Bentley parkende Porsche gehört ins wahre Leben. Wer auch immer das Drehteam dort drehen lässt, macht es kaum des Geldes wegen. Wie viel Geld wiederum der Film kosten darf, wurde auch nicht verraten. Sicher ist, dass die Mitteldeutsche Medienförderung 350 000 Euro zuschießt, der MDR ist ebenfalls mit im Boot. Nächsten Sommer soll der Film mit dem eher halb witzigen Titel „Schubert in Love – Vater werden ist (nicht) schwer“ in die Kinos kommen. Bis 13. November wird – ausschließlich – in Dresden gedreht. Natürlich nicht nur in besagter Villa.

Hier hat sich Olaf inzwischen am Beistelltischlein voller Likörkaraffen vorbei bis an den Schreibtisch gekämpft. Seine Blumen wurde er flugs unter einem Frauenkirchen-Ölschinken los, jetzt hockt er schüchtern auf dem Besucherstuhl und muss seine neueste Idee verkaufen. „Vati, ich bringe ein Musical heraus. Damit macht man nämlich heute Millionen.“ Papa pafft und ranzt. „Das wird doch auch wieder nichts. Nie bringst du etwas zu Ende, nicht mal dein Studium.“ Sieben Versuche, sieben Pleiten. „Aber Philosophie habe ich nicht abgebrochen“, jault Olaf. „Da wurde ich rausgeschmissen.“

Auf dem Balkon halten ein paar Menschen Folien hoch, die trübes Licht ins Zimmer spiegeln. Bei diesem Wetter kein Job, der irgendwen neidisch machen könnte. In seiner Rolle hat es Olaf Schubert nicht viel leichter. Er will die Welt retten und nähren („Die Brote sind quasi schon im Ofen.“), sein Vater will endlich Enkel. Und der Alte lässt durchblicken, dass er sich lieber von Olafs Bruder Heiko zum Großvater machen lassen würde. Leider hat der einen Serumselbstversuch nicht überlebt. „Es trifft eben immer die Falschen“, grummelt Adorf alias Professor Schubert. „Aus!“, brüllt die Aufnahmeleiterin. „Szene ist im Kasten.“

Ein knappes Dutzend Leute fährt prompt aus der temporären Muskelstarre. Statt angespannter Stille lärmiges Gewusel. Am Filmset ist es tatsächlich so, wie man sich das als Laie vorstellt. Nur ohne Schampus schlürfende Stars, ohne brüllenden Regisseur, ohne leicht geschürzte Praktikantinnen, die sich dringlichst für Höheres empfehlen wollen.

Zumindest bei Schuberts geht es vergleichsweise normalbürgerisch zu. Draußen zerlegen Techniker mit der Kreissäge einen antiken Esstisch, um ihn anschließend passender zusammenzusetzen, drinnen wird der Kaffee nachgefüllt. Und im ersten Stock arbeiten immer noch die Damen und Herren, die auch sonst dort arbeiten. Die Filmerei scheint sie überhaupt nicht durcheinanderzubringen.

Schubert selbst gesteht während der vorgezogenen Plauderrunde mit Journalisten, er sei völlig von der Rolle. „Ich musste meinen Wecker jetzt auf Uhrzeiten stellen, von denen ich gar nicht wusste, dass es die gibt.“ Einem kurzen Kichern folgt das Geständnis: „Ich bin doch Comedian geworden, damit ich nicht mehr arbeiten muss.“ Wo er das sagt, war einst keinem nach Witzchen. Auf der Flucht vorm Dauernieseln rückt die Truppe in die ehemalige Stasi-Zentrale ein, um über die kommende Komödie zu reden. Fotos von Olaf vorm Zellengang will keiner machen. Und der moderne Konferenzraum sieht zum Glück aus wie jeder moderne Konferenzraum.

Außer Spaß gibt es ja auch ein paar Fakten. Ernsthaft erörtern Regisseur Lars Büchel, der unter anderem „Erbsen auf halb sechs“ drehte, und Produzent Ulf Israel die Fakten zum entstehenden Werk. Israel etwa sagt, dass er von vornherein Mario Adorf für die Vaterrolle haben wollte, weil kein anderer so gut passe. Dafür musste er sich mächtig ins Zeug legen. Adorf hakt sich sofort ein: „Ja, ich habe gezögert, weil ich für Winnetou in Kroatien gedreht habe und alles eng zu werden schien. Doch Ulf Israel schrieb mir einen derartig herzergreifenden Brief, dass ich zusagen musste.“ Obwohl diese Rolle nicht wirklich auf der Hand liege. „Doch es hat sich gelohnt“, sagt Adorf und strahlt Olaf Schubert an. „Er ist überraschend präzise bei der Arbeit.“ Und noch ein Kompliment an seinen Filmsohn bringt er umgehend an. „Deutschland wird regelrecht überschwemmt von Comedians, doch ich finde keinen wirklich lustig. Der Einzige, über den ich lachen kann, ist Olaf Schubert.“ Ja, auch er trage Rautenmuster. „Aber nur auf meiner Fliege.“

Nein, sagt der Regisseur, Olaf Schubert improvisiere nicht vor der Kamera. „Es gibt ein Script mit feststehenden Dialogen. In manchen Szenen bietet er jedoch mal was anderes an, das wir dann auch verwenden, weil es besser passt.“ Die erste Fassung des Drehbuchs habe er vor über einem Jahr geschrieben, sagt Olaf Schubert. „Es musste was Leichtes sein. Oper ist mir zu schwer und Ballett kann ich nicht, blieb nur Film – das kann jeder.“ Allerdings habe er sich die Sache mit der Sexualität deutlich einfacher vorgestellt. „Bis zum ersten Erfolg war es ein steiniger Weg. Besonders, wenn man eben noch keine 50 ist.“ Doch er habe den Weg zum ersehnten Stammhalter – im Film – gemeistert. „Und ich befruchte noch selbst, beinahe hätte ich gesagt: manuell.“

Pure Albernheit sei der Film jedoch nicht, beteuert Regisseur Lars Büchel. „Die Grundlage ist ein Drama mit großen Gefühlen; bei uns floss schon so manche Träne.“ Ob das ein gutes Zeichen ist?