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Recht bekommen mit wenig Geld

Ob Kündigung, Ärger um Hartz IV oder Zoff ums Erbe - wer kaum Geld hat, aber Rechtsrat braucht, kann Beratungshilfe beantragen. Dann springt der Staat ein.

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© dpa/David-Wolfgang Ebener (Symbolfoto)

Stuttgart. Wer sein Recht durchsetzen möchte, braucht oft einen langen Atem und vor allem Geld. Schließlich müssen der Anwalt, Sachverständige und Prozessgebühren bezahlt werden. Menschen, die sich das nicht leisten können, gewährt der Staat Beratungs- und Prozesskostenhilfe.

Was ist Beratungshilfe?

Wer Anspruch auf Beratungshilfe hat, bekommt professionelle Rechtsberatung, für die er nicht mehr als 15 Euro zahlen muss. Oft erklären Anwälte beispielsweise die Rechtslage und beraten zum Vorgehen. Oder der Anwalt schreibt als außergerichtlicher Vertreter im Namen des Mandanten einen Brief an den Vermieter, der gekündigt hat, oder an den Vater, der keinen Unterhalt zahlt.

Bei welchen Problemen erhalte ich Hilfe?

Hilfe gibt es in vielen Rechtsfällen - egal, ob man sich etwa scheiden lassen möchte, Unterhalt einklagt oder Schadenersatz einfordert. Ausgenommen sind Beschuldigte bei Verfahren im Strafrecht. Sie können nicht als Teil der Beratungshilfe vertreten werden, sondern bekommen einen Pflichtverteidiger zur Seite gestellt, wenn das Gesetz dies vorsieht. Beratungshilfe erhält man zudem nur, wenn sonst niemand einspringt. Also etwa keine Rechtsschutzversicherung und kein Verband die Kosten übernimmt. Ein weiterer Baustein: Soll ein Fall vor Gericht verhandelt werden, kann die Prozesskostenhilfe den Kläger bei den Kosten unterstützen.

Kann es sein, dass ich doch bezahlen muss?

Bei der Prozesskostenhilfe bleibt ein Restrisiko, erklärt Klaus Frank, Jurist der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Gewinnt der Gegner den Rechtsstreit, müssen die Kosten des gegnerischen Anwalts übernommen werden. "Ein guter Anwalt sollte daher umfassend und frühzeitig über mögliche Kosten aufklären", sagt Frank.

Für Beratungs- und Prozesskostenhilfe gilt: Hilfeempfänger müssen einmal im Jahr Auskunft über ihre finanzielle Lage geben. Haben sie mehr Geld zur Verfügung, zahlen sie unter Umständen mehr an den Staat zurück.

Was muss ich tun, um Beratungshilfe zu bekommen?

Zunächst müssen die Beteiligten nachweisen, dass sie die Kosten wirklich nicht stemmen können. In einem Antrag beim zuständigen Amtsgericht listen sie ihr Vermögen und Einkommen auf. "Den Antrag sollte man sehr gewissenhaft ausfüllen", rät Lilian Widra von der Rechtsanwaltskammer des Landes Brandenburg. Bei falschen Angaben könnte nachträglich Geld zurückgefordert werden.

Ein Rechtspfleger prüft den Antrag und stellt bei Bedarf einen Berechtigungsschein aus. Damit kann der Berechtigte dann zu einem Anwalt seiner Wahl gehen. "Jeder Anwalt ist in Deutschland gesetzlich verpflichtet, Beratungshilfe zu leisten", sagt Widra.

Eine Ausnahme gibt es in zwei Stadtstaaten: "Im Rahmen der Beratungshilfe tritt in den Ländern Hamburg und Bremen die öffentliche Rechtsberatung an die Stelle der Beratungshilfe", erklärt Stephanie Krüger, Sprecherin des Bundesjustizministeriums. Rechtssuchende in diesen Ländern müssen sich also für Beratungshilfe an die staatlichen Stellen wenden. In Berlin können sie zwischen der öffentlichen Rechtsberatung und der bundesweit üblichen Beratungshilfe wählen.

Wer bekommt Unterstützung?

"Hartz IV-Empfänger haben eigentlich immer einen Anspruch auf Beratungshilfe oder Prozesskostenhilfe", sagt Frank. Aber auch andere können davon Gebrauch machen. Entscheidend ist, dass Betroffene die Kosten nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen können.

Das einzusetzende Einkommen muss dafür weniger als 20 Euro betragen. Um es zu berechnen, werden vom Bruttoeinkommen Steuern, Vorsorgeaufwendungen, Werbungs- und Wohnkosten sowie verschiedene Freibeträge abgezogen. Ein Arbeitsloser hat 2020 einen Freibetrag von 501 Euro, bei Berufstätigen werden 729 Euro angesetzt. Berücksichtigt werden außerdem unterhaltsberechtigte Kinder und Ehepartner.

Ein Beispiel: Wer als Alleinverdiener 2000 Euro netto im Monat verdient, verheiratet ist und zwei zehnjährige Kinder hat sowie monatlich 600 Euro für Wohnen und Heizen ausgibt, bekommt diese Unterstützung. Vorausgesetzt, er hat kein sonstiges Vermögen.

Für beide Arten der Hilfe gelten die gleichen finanziellen Grenzen. Liegt das einzusetzende Einkommen bei 20 Euro oder mehr, kann der Staat bei der Prozesskostenhilfe die Kosten aber anteilig übernehmen. Der Antragsteller zahlt sie dann in monatlichen Raten möglichst weitgehend ab, allerdings maximal vier Jahre lang.

Wie beantrage ich Prozesskostenhilfe?

"Die Bedürftigkeitsprüfung für die Bewilligung von Beratungs- und Prozesskostenhilfe erfolgt nach den selben Kriterien", erklärt Krüger. Dennoch müssen Rechtssuchende erneut einen Antrag auf Unterstützung stellen.

Darin muss der Rechtssuchende nicht nur die Bedürftigkeit nachweisen, sondern auch darlegen, dass genügend Aussicht auf Erfolg besteht. Laut Justizministerium ist das der Fall, wenn auch jemand mit mehr Geld den Prozess aus eigenen Mitteln führen würde.

Wie finde ich den richtigen Anwalt?

Wenn für den Prozess ein Anwalt erforderlich ist, werden auch die Kosten dafür von der Prozesskostenhilfe abgedeckt. Allerdings ist nicht jeder Anwalt geeignet oder bereit, einen Fall mit Prozesskostenhilfe zu übernehmen. "Schon beim ersten Telefonat mit dem Anwalt sollten Einkommensschwache die eigene finanzielle Situation offenlegen", sagt Frank. Um einen guten Anwalt zu finden, empfiehlt der Verbraucherschützer, sich bei einer Anwaltskammer oder ehemals Betroffenen zu erkundigen. (Viola Rüdele, dpa-tmn)