Merken

Rechtsextremisten versammeln sich erneut in Dresden

Der zweite Aufzug binnen weniger Tage ist nach Meinung von Experten Ausdruck der Zerstrittenheit der Szene.

Teilen
Folgen
© dpa

Von Thilo Alexe

Erneut planen Rechtsextremisten eine öffentliche Aktion in Sachsens Landeshauptstadt. Rund eine Woche nach dem Aufzug zum sogenannten „Tag der deutschen Zukunft“ mit etwa 500 Teilnehmern wollen sie sich heute zu einer Kundgebung versammeln. Am Jahrestag des DDR-Arbeiteraufstandes vom 17. Juni 1953 soll unter anderem NPD-Chef Udo Pastörs sprechen, wie der Dresdner Kreisverband der rechtsextremistischen Partei mitteilte. Gegner haben ebenfalls Aktionen angekündigt.

Eine Großkundgebung ist bei dem Auftritt von Pastörs und drei sächsischen NPD-Rednern nicht zu erwarten. Der Verfassungsschutz rechnet mit weniger als 100 Teilnehmern. Zudem verdeutlicht das Event nach Meinung von Beobachtern die Streitereien innerhalb der Rechtsextremisten. „Das ist Ausdruck der Zerstrittenheit zwischen der NPD einerseits und der radikaleren Szene andererseits“, sagt der Rechtsextremismusexperte der Grünen im Landtag, Miro Jennerjahn. Eine Einschätzung, die die Linkenabgeordnete Kerstin Köditz teilt. Die antifaschistische Sprecherin der Fraktion bezieht sich dabei auf die parteifernen Kameradschaften, die den Zukunftstag organisiert hatten, und die NPD. Die beiden Aktionen in Dresden innerhalb nur weniger Tage seien „Ausdruck, dass sie zerstritten sind“, betont Köditz.

NPD ist vielen Neonazis „zu lasch“

Damit umschreibt die Szenekennerin einen Grundsatzkonflikt. So agieren im rechtsextremen Spektrum parteiferne Kräfte, die sich in Kameradschaften mehr oder weniger fest verbünden. Diese kritisieren die NPD als zu wenig radikal. Als Sachsen im März die Nationalen Sozialisten Chemnitz verbot – die Gruppierung verehrte intern offenbar Adolf Hitler – wurde das besonders deutlich. Verfassungsschutzpräsident Gordian Meyer-Plath hatte damals die Frage nach einer Zusammenarbeit der Neonationalsozialisten mit der NPD verneint. „Die war ihnen zu lasch.“

Daher wirkte es wenig überraschend, dass sich Vertreter der sächsischen NPD beim Tag der deutschen Zukunft zurückhielten und kaum Präsenz zeigten. Der Aufmarsch gegen angebliche Überfremdung gilt mittlerweile als Großereignis der freien Kräfte, auch wenn die Teilnehmerzahl deutlich unter den Erwartungen blieb.

Unklar ist, ob sich die NPD nach dem Rückzug des Spitzenfunktionärs Holger Apfel weiter radikalisiert. Der frühere Bundeschef und Vorsitzende der sächsischen NPD-Landtagsfraktion hatte den Kurs der „seriösen Radikalität“ angepeilt. Die angestrebte Öffnung zu einem rechtskonservativen bürgerlichen Milieu verübelten ihm einflussreiche Kameraden offensichtlich, Apfel trat aus der Partei aus. Mittlerweile betreibt er ein Lokal auf Mallorca.

Weitere Radikalisierung möglich

Der neue Vorsitzende Pastörs genießt bei den freien Kräften nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes hohes Ansehen. Das Landesamt schließt nicht aus, dass sich die Partei im Freistaat noch deutlicher rechtsaußen verortet. „Eine Stärkung der Position von NPD-Führungspersonen in Sachsen, welche ursprünglich aus der neonationalsozialistischen Szene stammen, könnte eine Radikalisierung des Erscheinungsbildes des Landesverbandes nach sich ziehen“, heißt es im Verfassungsschutzbericht, der seit Mai vorliegt.

Nach wie vor ist die NPD, gegen die ein Verbotsverfahren läuft, im Freistaat flächendeckend präsent. Allerdings verlor sie bei den jüngsten Gemeinderatswahlen Mandate. Beobachter gehen davon aus, dass die Partei einen Stamm von drei Prozent der Wähler in Sachsen hat. In Umfragen liegt sie klar unter fünf Prozent. Um erneut in den Landtag zu kommen, setzt sie auf emotionalisierende Themen wie Kritik an der Aufnahme von Asylbewerbern.

Den 17. Juni nutzt die NPD seit mehreren Jahren. Heute will sie „für echte Demokratie“ und „gegen Medienwillkür“ demonstrieren – vor dem Dresdner Haus der Presse, dem Sitz von Sächsischer Zeitung und Morgenpost. Gegendemonstrationen sind ab dem frühen Abend angekündigt.