Referendar streitet rechte Gesinnung ab

Leipzig. Ein angehender Jurist steht erneut wegen eines Überfalls von Neonazis und Hooligans auf den Leipziger Stadtteil Connewitz vor Gericht. Er soll sich im Januar 2016 an den Krawallen beteiligt haben. Am Dienstag hat am Landgericht Leipzig der Berufungsprozess begonnen.
Der 27-Jährige war in der Vorinstanz wegen Landfriedensbruchs zu einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Er legte Berufung ein.
Für ihn geht es auch um seine juristische Karriere. Wird er zu mehr als einem Jahr verurteilt, könnte er nicht im Staatsdienst arbeiten. Allerdings sei ein Ausschluss aus dem öffentlichen Dienst auch wegen Zweifeln an Verfassungstreue möglich, sagte ein Gerichtssprecher.
Der Rechtsreferendar, der am Landgericht Chemnitz arbeitet, bestritt, dass er von den geplanten Gewalttaten wusste. Er sei politisch interessiert und habe 2014 und 2015 mehrere Demonstrationen der fremdenfeindlichen Bündnisse "Pegida" in Dresden und "Legida" in Leipzig besucht. Am 11. Januar 2016 habe er in dem linksgeprägten Leipziger Stadtteil Connewitz gegen Linksextremismus demonstrieren wollen. Es sei ihm nicht bekannt gewesen, dass das Viertel in "Schutt und Asche" gelegt werden sollte. Er sei in "der Masse mehr oder weniger gefangen" gewesen.
Hunderte von Neonazis und Hooligans hatten damals in dem links geprägten Viertel randaliert. Vermummte sind bewaffnet mit Holzlatten und Eisenstangen durch den Stadtteil gezogen und hatten einen Sachschaden von 110.000 Euro angerichtet. Der Tatvorwurf lautete auf besonders schweren Landfriedensbruch. Da parallel mehrere Gegenveranstaltungen zu einer "Legida"-Demonstration stattfanden, hielten sich viele Einwohner des linksgeprägten Stadtteils zum Zeitpunkt des Überfalls im Stadtzentrum auf.
Ein Vertreter der Staatsanwaltschaft sprach den 27-Jährigen bei der Verhandlung am Dienstag auf ein Tattoo auf seiner Brust an, das unter anderem ein Hakenkreuz zeigen soll. Der Angeklagte bestritt das. "Wo soll denn meine rechtsradikale Neonazi-Gesinnung sein?", fragte der Angeklagte aufgebracht und verwies auf ausländische Freunde.
Das Tattoo war auf einem Foto zu sehen, welches der Kampfsportverein des Mannes im Juni im Internet veröffentlicht hatte. Die Staatsanwaltschaft Wels in Österreich übernahm die Ermittlungen dazu, da das Foto des Tattoos dort angefertigt worden sein soll. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Leipzig erklärte, es gebe keine konkreten Anhaltspunkte, dass das Foto in Deutschland oder von Deutschland aus veröffentlicht wurde.
Am Dienstag, dem ersten Verhandlungstag im Berufungsprozess, wurden mehrere Zeugen vernommen. Für die Verhandlung am Landgericht ist ein Fortsetzungstermin in zwei Wochen angesetzt. (dpa)