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Rekordverdächtiger Chor

Unter dem Namen Meja wird in Radibor schon seit 125 Jahren gesungen. Großen Anteil an der langen Tradition hat vor allem ein Chorleiter.

Von Carmen Schumann
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Peter Ziesch leitet den Chor Meja nun schon seit zwölf Jahren. Die Proben finden in den Räumen der ehemaligen Sparkasse Radibor statt.
Peter Ziesch leitet den Chor Meja nun schon seit zwölf Jahren. Die Proben finden in den Räumen der ehemaligen Sparkasse Radibor statt. © Carmen Schumann

Radibor. Nur acht Chorleiter in reichlich 100 Jahren – das ist wenig. Diese unglaubliche Bilanz des Chores Meja kommt dadurch zustande, dass einer der Dirigenten, nämlich Achim Brankatschk, ganze 47 Jahre den Taktstock schwang. Noch heute gibt es Chormitglieder, die unter seiner Ägide gesungen haben. In diesem Jahr feiert der sorbische Chor, der 1895 von dem Lehrer Jurij Swodenk in Radibor gegründet wurde, sein 125-jähriges Bestehen.

Auch das ist rekordverdächtig. Vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass man in der NS-Zeit den sorbischen Institutionen sehr feindselig gegenüberstand. Man habe diese Zeit vor allem dadurch relativ unbeschadet überstanden, indem man nur noch in der Kirche sang, sagt Angelika Hänelt, die sich mit der Geschichte ihres Chores beschäftigt hat. Ob man damals vorsichtshalber nur noch auf Deutsch gesungen hat, konnte sie allerdings nicht mehr herausfinden.

Gesang in vielen Sprachen

Das Jubiläum des Chors haben die Sänger standesgemäß gefeiert: mit zwei Konzerten im Saal der Radiborer Gaststätte Meja Anfang Januar. In der Woche darauf traf man sich dann in den angestammten Probenräumen in der ehemaligen Radiborer Sparkasse, um mit Videos und Fotos die vergangenen Jahre Revue passieren zu lassen.

Zum Jubiläumskonzert war auch eine Abordnung vom Partnerchor aus dem tschechischen Baska bei Olomouc da, mit dem eine über 30-jährige Freundschaft besteht. Am 12. Juli findet zudem ein weiteres Jubiläumskonzert im Garten vor der Kirche statt, das gemeinsam mit dem Chor Lilija aus Ralbitz gestaltet wird, der in diesem Jahr ebenfalls 125 Jahre alt wird.

Das Repertoire des Chores Meja ist sehr vielfältig. Vornehmlich werden Volkslieder vierstimmig auf Sorbisch gesungen. Doch auch zahlreiche andere Sprachen, wie Tschechisch, Polnisch, Bulgarisch, Englisch, Französisch und Spanisch haben die Sänger drauf. Mit besonderer Begeisterung singen die Chormitglieder die Oratorien von Korla Awgust Kocor.

Aufführungen dieser Oratorien zusammen mit anderen Chören gehören zu den unvergesslichen Höhepunkten, wie zum Beispiel 2012 in der Dresdner Frauenkirche. 2011 waren die Meja-Mitglieder Teil eines großen Projektchores anlässlich der Seligsprechung des aus Radibor stammenden Priesters Alois Andritzki. Doch auch ihre Konzertreisen behalten die Chor-Mitglieder in bleibender Erinnerung. So konnten sie bei einer Fahrt nach Serbien im Jahr 1998 die Folgen des schrecklichen Jugoslawien-Krieges noch hautnah miterleben. 2002 wandelten sie in Texas zusammen mit der Tanzgruppe Schmerlitz auf den Spuren der dorthin im 19. Jahrhundert ausgewanderten sorbischen Familien.

Auftritt in Schürze

Die meisten ihrer Auftritte bestreiten die weiblichen Chormitglieder in einheitlichen sorbischen Trachtenschürzen, die vor genau 25 Jahren zum 100. Jubiläum angefertigt wurden. Wenn sie zu Geburtstagen oder Jubiläen singen, treten sie auf Wunsch aber auch „in Zivil“ auf.

Der jetzige Chorleiter Peter Ziesch übt diese Aufgabe auch schon seit zwölf Jahren aus. Hauptberuflich ist er Mitglied des Chores des Sorbischen National-Ensembles. Beide Aufgaben ergänzten sich auf das Beste, sagt er. Zwischen seinen Meja-Sängern und ihm stimme einfach die Chemie. Deshalb denkt er auch noch lange nicht ans Aufhören. Vielleicht erreicht er ja sogar den Rekord von Achim Brankatschk?

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