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Rettender Alarm

Sachsen macht Rauchmelder ab 2016 in Neubauten zur Pflicht. Den Feuerwehren der Region ist das noch nicht genug.

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© dpa

Marleen Hollenbach & Ingolf Reinsch

Alarm in Bischofswerda. Vor einigen Tagen qualmte es aus dem Keller eines Mehrfamilienhauses an der Heinrich-Mann-Straße. Ein Kinderwagen stand in Flammen. Die Feuerwehr konnte den Brand schnell löschen. Die Mieter brachten sich in Sicherheit. Die Rauchmelder im Treppenhaus hatten sie gewarnt.

Besagtes Haus an der Mannstraße ist eines der wenigen der städtischen Wohnungswirtschaft und Bau GmbH (WuB), in dem bereits Rauchmelder installiert worden sind. Bischofswerdas größter Vermieter reagierte damit auf eine Serie von Bränden in diesem Gebäude. Im gesamten Stadtgebiet und in Großdrebnitz besitzt die WuB rund 1 700 Wohnungen. Alle Häuser mit Rauchmeldern auszustatten, sei nicht finanzierbar. Geschäftsführer Andreas Wendler: „Wenn wir Rauchmelder einbauen, wie zum Beispiel an der Heinrich-Mann-Straße oder im Nebengebäude des Penny-Marktes, wo sich die Kinderarztpraxis befindet, dann nehmen wir nicht das Billigste. Sicherheit steht vor den Kosten.“ Nach einem Überschlag würde es die WuB einen fünfstelligen Betrag kosten, wenigstens die Treppenhäuser ihrer Wohngebäude mit Rauchmeldern auszustatten. Natürlich habe jeder Mieter das Recht, in seiner Wohnung selbst Rauchmelder zu installierten, sagt Andreas Wendler.

Giftige Dämpfe werden oft unterschätzt

In Sachen Rauchmelder ist Sachsen neben Berlin und Brandenburg Schlusslicht in Deutschland. In allen anderen Bundesländern gilt die Rauchmelderpflicht bereits. Als letztes Bundesland beschloss nun auch die sächsische Regierung die Einführung einer Rauchmelderpflicht zum 1. Januar 2016. Sie gilt nur für Neubauten. „Rauchmelder sind eine gute Sache, weil Menschen rechtzeitig gewarnt werden“, sagt Bischofswerdas Gemeindewehrleiter Hans-Jörg Mehnert. Er selbst hat in seiner Wohnung mehrere Rauchmelder. Einen Grund dafür, dass sich der Freistaat Sachsen in puncto Rauchmelderpflicht schwerer tut als andere Bundesländer, sieht der Feuerwehrmann in der Kontrolle: „Wie will man die Umsetzung kontrollieren, wenn die Wohnung rechtlich geschützt ist?“, sagt Hans-Jörg Mehnert. Trotzdem sollte jeder selbst ein Interesse an Rauchmeldern haben. Gerade die giftigen Dämpfe werden oft unterschätzt. Dabei ist dieses Kohlenmonoxid fast gefährlicher als die Flammen und lebensbedrohlich. Die meisten Unglücke passieren im Schlaf, denn dann ist der Geruchssinn beim Menschen nicht aktiv. „Bevor man merkt, dass die Wohnung brennt, kann es schon zu spät sein“, warnen Feuerwehrleute.

Pflicht nur in Neubauten

„Es ist sehr schade, dass man die Pflicht für Rauchmelder nur auf Neubauten eingeschränkt hat“, sagt Steffen Hübner, Gemeindewehrleiter von Sohland. Wenn er sich in seinem Ort umschaut, dann sieht er, dass die neue Regelung hier nur wenige Häuser betrifft. „Es ist zwar gut, wenn Familien, die ein neues Haus bauen, Rauchmelder installieren müssen. Aber vor allem ältere Leute, die auf dem Land meistens auch in älteren Häusern leben, sind weiterhin schutzlos“, sagt er. Handlungsbedarf sieht Steffen Hübner vor allem bei den alten Fachwerkhäusern. „Die müsste man eigentlich zuerst mit Rauchmeldern ausstatten, denn wenn es dort einmal brennt, dann ist das ganze Haus weg“, glaubt er.

Fotolinse löst Alarm aus

Vermieter wie die WuB in Bischofswerda betrifft die Neuregelung ab 2016 daher nicht. „Würden wir neu bauen, dann verhalten wir uns natürlich gesetzeskonform und würden Rauchmelder einbauen“, sagt Andreas Wendler. Aktuelle Neubaupläne habe das Unternehmen allerdings nicht.

Moderne Rauchmelder arbeiten fotoelektrisch. Die Messkammer wird mit Lichtstrahlen durchleuchtet. Kommt es in der Kammer zur Rauchansammlung, wird das Licht gestreut, fällt auf eine Fotolinse und der Alarm wird ausgelöst. Nicht in jedem Raum muss ein Rauchmelder hängen. „Es reicht, wenn im Schlafzimmer und in den Kinderzimmern ein Gerät ist“, sagt Feuerwehrmann Thomas Scheffel. Einfache Ausführungen der Lebensretter gibt es in Baumärkten bereits ab fünf Euro. Für funkgesteuerte Kompaktanlagen, die auch Gas-, Wasser- und Wärmemelder beinhalten, zahlt man im Baumarkt bis zu 250 Euro, in Fachmärkten auch deutlich mehr. Kunden greifen seit Jahren nach Rauchmeldern, sagt Andreas Berndt, Leiter des Bischofswerdaer BayWa-Marktes. Die Umsätze in diesem Bereich sind seit Jahren stabil; zu einem spürbaren Anstieg führte die Debatte um die Rauchmelderpflicht bisher nicht.