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Rettungsaktion für historische Grabmäler

Gerade für den Erhalt der alten Anlagen fehlt das Geld. Wer eine Patenschaft übernimmt, kann das Grab später nutzen.

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© S. Ellger

Von Annechristin Bonß

Es ist ein komischer Gedanke. Wenn Bernhard Elsner mit seiner Familie auf den neuen Annenfriedhof geht und sich dort um eine der historischen Grabstätten kümmert, dann weiß der 34-Jährige, dass er hier irgendwann bestattet werden wird. Mit der Patenschaft für das Grab der Familie Albeshausen direkt an der Hauptachse hat er gleichzeitig das Recht übernommen, das Grab zu nutzen. Ein Gedanke, den er jetzt nicht im Sinn hat, an den er nicht einmal denken will. Vielmehr hatte Bernhard Elsner den Wunsch, sich um den Friedhof zu kümmern. Oft ist er hier unterwegs, er schwärmt von der wilden Schönheit und den alten Grabmalen. Die weitläufige Anlage wird durchaus auch von anderen Löbtauern als Spazierweg und als Abkürzung von der Kesselsdorfer Straße aus genutzt.

Friedhofsverwalterin Lara Schink will jetzt noch mehr Menschen von einer Patenschaft für eins der Grabmäler überzeugen. Zehn Dresdner Friedhöfe in kirchlicher Verwaltung haben sich jetzt zu einem Netzwerk zusammengeschlossen. Die Verwalter wollen nicht nur Paten für einzelne Gräber finden. Es geht generell um gemeinsame Projekte, Werbung für die Anlagen und die Zukunft. Denn immer mehr Flächen auf den kirchlichen Friedhöfen bleiben frei. Das wiederum bedeutet, dass immer weniger Gebühren für den Erhalt der Anlagen eingenommen werden.

Im Stadtgebiet von Dresden befinden sich 58 Friedhöfe mit einer Fläche von insgesamt 173 Hektar. Etwa 90 Prozent der Anlagen befinden sich in konfessioneller Trägerschaft, 49 sind evangelisch-lutherisch und jeweils zwei katholisch oder jüdisch. Dennoch findet hier nicht die Mehrzahl der Bestattungen statt. Von 6 227 Bestattungen in Dresden im Jahr 2015 fand nur etwas über die Hälfte auf kirchlichen Friedhöfen statt. „Dieses Ungleichgewicht ist für die wirtschaftliche Situation der kirchlichen Friedhöfe nicht einfach“, sagt Reinhard Fischer von der evangelisch-lutherischen Landeskirche Sachsens. Denn auf nur vier städtische Friedhöfe entfallen knapp die Hälfte der Bestattungen. Ein Problem, das sich noch verschlimmern könnte. „Inwieweit die kürzlich auch in Sachsen neu errichteten Bestattungswälder zu einem Rückgang der Bestattungen auf kirchlichen Friedhöfen führen, kann jetzt noch nicht abgeschätzt werden“, sagt er.

Das hat Folgen. Die freien Flächen müssen gepflegt werden. Das bedeutet zusätzlichen Aufwand. Und Zeit, die an anderen Stellen fehlt. So haben die Friedhofsträger die Pflicht, denkmalgeschützte oder erhaltenswerte Grabmäler zu erhalten. Teils wird dies durch Spenden realisiert, teils gibt es Zuschüsse von der Stadt für den Erhalt. Doch schwindet das Interesse an den Anlagen, wird es schwierig, diese auch in ausreichendem Maß einzuwerben.

Mit dem neuen Netzwerk wollen Lara Schink und die anderen Verwalter nun Unterstützung für die Pflege der historischen Grabanlagen finden. Auf dem Annenfriedhof an der Kesselsdorfer Straße gibt es um die 100 alte Grabmäler, um die sich Paten kümmern müssten. Auf dem Striesener Friedhof an der Gottleubaer Straße sind 40 Stätten betroffen. Auf dem Inneren und Äußeren Plauenschen Friedhof sind viele Gräber und Grüfte noch im Familienbesitz. Für einige werden aber auch Paten gesucht. In Tolkewitz warten 1 000 Gräber auf einen Paten. Der hat mitunter erst einmal nur mit der Pflege der Grünflächen zu tun. Mitunter sind die Paten aber auch für den Erhalt der Grabsteine oder die Sanierung von gusseisernen Grabgittern verantwortlich. Dann kann es durchaus teurer werden.

Lara Schink hofft, dass sich dennoch viele Unterstützer melden. „Friedhöfe haben einen ökologischen, kulturellen, denkmalschützerischen Wert“, sagt sie.

www.grabpatenschaft-dresden.de