Von Gunnar Klehm
Sächsische Schweiz. Der Einsatz vom Sonntag am Fähranleger in Kurort Rathen hat von den Einsatzkräften alles abverlangt. Trotz aller Bemühungen verstarb ein Wassersportler, der sich an einer Boje der Gierseilfähre verfangen hatte und unter Wasser gedrückt wurde. Doch nicht wegen des tragischen Ausgangs des Unfalls machen sich die Feuerwehrleute von Königstein jetzt mal Luft auf ihrer Facebook-Seite im Internet, sondern wegen der gaffenden Zuschauer. Die Rettungskräfte waren zwar zum einen den Passanten sehr dankbar, die sofort geholfen haben. Zufällig waren eine Ärztin, ein Rettungsassistent und ein Krankenpfleger vor Ort, die spontan ihre Hilfe angeboten hatten. „Das waren Fachkräfte, die uns tatsächlich entlastet haben“, sagt Michael Lehmann, der Ortswehrleiter der Feuerwehr Königstein, die mit fünf Kameraden im Einsatz war.

Geärgert haben sich die Rettungskräfte aber über viele andere Unbeteiligte, die sich genau den Kampf um das Leben des Verunglückten anschauen wollten. Zwar habe niemand die Retter auf dem Steg oder im Wasser direkt behindert, aber der Aufforderung der Feuerwehrleute, sich von der Unglücksstelle weit zu entfernen, sind nicht alle Zuschauer nachgekommen. Man könne sicher auch streiten, was weit genug weg ist, um die Pietät bei diesem Einsatz gegenüber den Betroffenen zu wahren. Eine Gehbehinderte hatte nach der Aufforderung gefragt, ob sie auf der Bank nahe des Geschehens sitzenbleiben könne. „Das ist natürlich etwas anderes, das haben wir bejaht“, sagt Lehmann.
Eltern lassen Kinder zuschauen
Sehr geärgert hatten sich die Einsatzkräfte aber über lautstarke Bemerkungen einiger Gaffer. Einer hatte allen Umstehenden verkündet, dass es ihm nichts ausmacht, Tote zu sehen. Möglicherweise konnten das auch noch die bangenden Angehörigen des Unfallopfers hören. Einige machten auch abfällige Gesten. Manche regten sich auf, dass sie jetzt nicht rechtzeitig zur Felsenbühne auf der anderen Elbseite kommen würden. Für völliges Unverständnis sorgte bei den Feuerwehrmännern auch, dass sogar einige Familien anfangs noch mit ihren Kindern stehenblieben und sie zuschauen ließen. „Das wäre doch kein Problem gewesen, mit ihnen auf den nahen Spielplatz zu gehen“, sagt Lehmann. Erst nach erneuter Aufforderung sei das geschehen.
Sichtschutz aus Decken
Weil aber trotzdem immer noch sehr viele Passanten uneinsichtig waren, „mussten wir wieder einmal mit unseren Decken den Einsatzbereich vor den Blicken Neugieriger abschotten“, sagt Michael Lehmann. Kreisbrandmeister Karsten Neumann registriert in letzter Zeit öfter Schaulustige, die mit ihren Handys Fotos schießen, um diese möglicherweise bei Facebook oder woanders zu posten. Er gibt aber zu bedenken, dass es strafbar sein kann, hilflose Personen zur Schau zu stellen, wenn man entsprechende Fotos oder Filme verbreitet. Dass bei Rettungseinsätzen im Landkreis Gaffer schon mal polizeilich abgestraft wurden, ist ihm aber nicht bekannt. Neumann hält es für wichtig, dass alle sich mal wieder damit beschäftigen, wie man sich als Unbeteiligter zu verhalten hat. „Dass keine Rettungsgassen in Staus auf Autobahnen gebildet werden, ist ein großes Problem“, sagt er. Erst kürzlich habe er das auf einer privaten Fahrt als einer der Ersthelfer bei einem Unfall auf der A 13 bei Thiendorf erlebt. „Auf unserer Seite hat kaum einer angehalten und auf der Gegenseite wurde gebremst, um zu filmen“, ärgert er sich. Die meisten Leute würden einfach nicht verinnerlichen, dass die Schnelligkeit der Einsatzkräfte Leben retten kann.
Auch Mitglieder der Bergwacht in der Sächsischen Schweiz erleben laut Neumann manchmal, dass sie sich bei größeren Menschenansammlungen energisch den Weg zu Fuß zu Verunglückten bahnen müssen und dafür auch noch angeraunzt würden. Die Feuerwehr Königstein hat viele Reaktionen und Zuspruch auf ihre Äußerung bekommen. Einige forderten, Gaffer konsequenter zu bestrafen.