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„Riesa hat enormes Potenzial“

Wie geht’s dem Handel in Riesa? Mancher Branche gar nicht schlecht, sagt David Tobias vom Handelsverband.

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© Sebastian Schultz

Riesa. Erst Schuhmode Eberhard, dann das Spielwarengeschäft Strehle, jetzt die Boutique Modern Fashion: In Riesa kündigt gerade das dritte Geschäft innerhalb eines Monats die Schließung an – und das auf dem belebten Teil der Fußgängerzone. Trotzdem ist David Tobias, Geschäftsführer des Handelsverbandes Sachsen, optimistisch. Warum, erklärt er im SZ-Gespräch.

Schuhmode Eberhard schließt, weil die Inhaber in Rente gehen. Der Junior will nicht weitermachen.
Schuhmode Eberhard schließt, weil die Inhaber in Rente gehen. Der Junior will nicht weitermachen. © Sebastian Schultz
Spiel + Freizeit Strehle macht ebenfalls zu. Inhaber Gottfried Strehle will mit 67 Jahren aufhören.
Spiel + Freizeit Strehle macht ebenfalls zu. Inhaber Gottfried Strehle will mit 67 Jahren aufhören.
David Tobias leitet die Geschäftsstelle Dresden des Handelsverbandes Sachsen. Er fordert vom Einzelhandel neue Konzepte.
David Tobias leitet die Geschäftsstelle Dresden des Handelsverbandes Sachsen. Er fordert vom Einzelhandel neue Konzepte. © Handelsverband

Herr Tobias, geht es dem Einzelhandel in Riesa wirklich so schlecht, wie es derzeit scheint?

Auch Riesa ist vom Wandel im Handel betroffen. Wir erleben einen Bereinigungsprozess, in dem rückläufige Frequenzen und nicht besetzte Unternehmensnachfolgen zu Schließungen führen. Riesa hat aber mit seiner zentralen Lage zwischen Dresden und Leipzig enormes Potenzial.

Welche Branchen stehen in der Region vergleichsweise gut dar?

Positiv entwickeln sich unter anderem der Lebensmittelhandel und die Möbelbranche. Die Menschen legen neben gesunder Ernährung und frischen Produkten aus der Region zurzeit vor allem Wert auf gesteigerten Wohnkomfort und Lebensqualität. Davon profitieren der Möbel- und Bettenhandel oder Küchenstudios.

Und wem geht es weniger gut?

Unter Druck stehen weiterhin die Sortimente Textil und Schuhe sowie Elektronik und Medien. Das sind auch die Wachstumstreiber im Onlinehandel.

Apropos Onlinehandel: Können kleine Händler überhaupt mithalten?

Von ihnen sind definitiv neue Ideen gefragt. Es ist wichtig, dass sie ihre Stärken und Besonderheiten neu definieren und auch ganz klar kommunizieren. Der Handelsverband unterstützt die Händler in diesen Fragen.

Gibt es dafür positive Beispiele?

Die Elbgalerie hat einen abwechslungsreichen Mietermix mit interessanten, inhabergeführten Geschäften. So zum Beispiel die Parfümerie Aurel, die sich ganz besonders durch Sortiment und Service auszeichnet. Auch Großenhain bietet zahlreiche Fachhandelsgeschäfte und sehr engagierte Händlerinnen und Händler.

Was sind die Stärken der Geschäfte?

Ganz klar die Beziehung zum Kunden. Das zeichnet den Wert eines Unternehmens aus. Das Einzige, was nicht kopierbar ist.

Das nützt ja aber nur etwas, wenn die Leute tatsächlich vor Ort einkaufen. Muss es nicht auch ein Umdenken bei den Kunden geben?

Natürlich braucht es gesamtgesellschaftliches Engagement, um Innenstädte und Stadtteile als lebenswerte Orte zu erhalten. Deshalb sollte der Ausgangsgedanke auch mal sein, Angebote vor Ort zu nutzen. Vieles wird als zu selbstverständlich hingenommen. Der Aufschrei kommt meistens erst, wenn die Angebote vor Ort wegbrechen. Das gilt übrigens nicht nur für Geschäfte, sondern auch für kulturelle Angebote, wie Theater oder Volkshochschule.

Welche Verantwortung liegt bei den Stadtverwaltungen?

Riesa hat beim Städtewettbewerb „Ab in die Mitte“ jüngst einen Sonderpreis gewonnen. Die Jury würdigt das besondere Engagement der Stadt Riesa um diesen zentralen Stadtraum. Die Hauptstraße stellt nicht nur das größte stadträumliche Potenzial im Hinblick auf den Einzelhandel dar, sondern auch die größte Herausforderung im Hinblick auf die Verteilung der Angebote, den Leerstand oder die Frequentierung. Der Preis bedeutet für Riesa die fachliche Unterstützung des Lehrgebietes Regionalplanung und Städtebau mit seinen Studierenden der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig für ein Jahr. Die Unterstützung kann in Form von Fachberatung, Projektentwürfen, Veranstaltungsmoderation und Begleitung oder auch in direkter Aktion vor Ort, wie zum Beispiel im Bereich des Leerstandsmanagements in der Hauptstraße, erfolgen. Die Inhalte werden in direkter Absprache mit der Stadt Riesa bestimmt. Generell können Verwaltungen versuchen, den lokalen Handel zu pushen. Etwa indem sie längere Öffnungszeiten am Sonnabend, dem Haupteinkaufstag, attraktiver machen. In Meißen wird zur Unterstützung des Einzelhandels schon ein sehr großer Aufwand betrieben.

Wie wird sich das Einkaufsverhalten in den nächsten Jahren entwickeln?

Die Innenstadt wird für die Kunden nicht mehr nur ein Ort sein, wo sie ihre täglichen Besorgungen machen. Vielmehr werden das Erlebnis zum Einkaufsbestandteil und die Wechselwirkung mit Kultur, Gastronomie und Tourismus unverzichtbar.

Was heißt das genau?

Der Handel wird insgesamt emotionaler. Kunden fragen stärker Erlebnisse nach, das heißt, konsumiert werden neben dem eigentlichen Produkt auch Events.

Die Fragen stellten Nina Schirmer und Britta Veltzke.

www.kauf-lokal-sachsen.de