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Bobersen: Darum bleibt Schlossherr auf E-Autos sitzen

Ein Holländer möchte in Bobersen einen Handel mit selbst importierten E-Autos aus China aufziehen. Das scheitert möglicherweise an der Zulassung.

Von Jörg Richter
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Hans Ramp hat ein importiertes E-Auto aus China auf eine Wiese am Schloss Bobersen gefahren. Auf die Straße darf er damit nicht.
Hans Ramp hat ein importiertes E-Auto aus China auf eine Wiese am Schloss Bobersen gefahren. Auf die Straße darf er damit nicht. © Sebastian Schultz

Röderau-Bobersen. Das hat sich Hans Ramp einfacher vorgestellt. Elektroautos direkt aus China zu importieren und sie für wenig Geld in Deutschland zu verkaufen – das klang so simpel wie genial. Doch der Holländer, dem das Herrenhaus in Bobersen gehört, hat nicht die Rechnung mit den Schutzmechanismen für die deutsche Autoindustrie gemacht.

Ramp wollte von Bobersen aus einen privaten Handel mit E-Autos aufziehen. "Wir reden viel über E-Mobilität, aber Deutschland steht noch ganz am Anfang", sagt er. Die Chinesen seien da viel weiter. Noch bis vor ein paar Jahren gab es dort rund 500 Hersteller elektrischer Pkws, bis die kommunistische Regierung den Markt regulierte. "Es gibt aber immer noch viele verschiedene E-Autos aus China. Doch nur wenige werden in Deutschland zugelassen", kritisiert er.

Das ist sein Hauptproblem. Von den sieben Fahrzeugen, die er auf eigene Rechnung importieren ließ, fahre bisher nur eines. Und zwar in Tschechien. Dort soll es eine Zulassung gegeben haben, behauptet er. Die anderen sechs chinesischen E-Autos, die für den deutschen Markt bestimmt waren, warten noch darauf.

Bereits Kontakt mit der Dekra Riesa

Der Holländer, der in seinem Heimatland mit Rinder-Embryonen aus den USA reich geworden sei, ist über den Einfluss der deutschen Automobil-Lobby enttäuscht. "Es wäre einfacher, wenn die Chinesen ein europäisches Zertifikat mitliefern würden", sagt er. So aber will Ramp es auf eigene Faust versuchen, eine Zulassung für seine E-Autos made in China zu erhalten. Dafür habe er bereits Kontakt zur Dekra-Zulassungsstelle in Riesa aufgenommen. Sie verweist auf das Dekra-Technologie-Center auf dem Lausitzring in Klettwitz.

Auf Nachfrage von Sächische.de bestätigt die Dekra-Pressestelle in Stuttgart, dass Zulassungen zwar vergleichsweise selten, aber doch immer wieder mal wegen Einzelgenehmigungen für importierte Fahrzeuge angefragt werden. "Die Bauvorschriften und Zulassungskriterien unterscheiden sich zwischen einzelnen Ländern und Weltregionen teilweise erheblich", sagt Pressesprecher Wolfgang Sigloch.

Die geforderten Prüfungen seien in der europäischen Verordnung VO(EU) 2018/858 geregelt. Dazu gehörten unter anderem die Prüfung von Bremsen, elektrischer Sicherheit, elektromagnetischer Verträglichkeit, Geräuschen und so weiter. Der Antragsteller müsse zudem bestimmte Nachweise des Herstellers, zum Beispiel in Sachsen das Unfallverhalten des Fahrzeugs, beibringen.

"Der Sachverständige vor Ort, zum Beispiel in der Dekra-Außenstelle Riesa, begutachtet das Fahrzeug und bedient sich für bestimmte Prüfungen in der Regel der Unterstützung durch unseren technischen Dienst im Dekra-Technologie-Center in Klettwitz", bestätigt Sigloch. Das bedeute, dass das Fahrzeug gegebenenfalls zeitweise dorthin gebracht werden muss.

"Davon abhängig, welche Hersteller-Unterlagen vorliegen, können sich die Kosten für die notwendigen Prüfungen durchaus auf einen mittleren fünfstelligen Betrag summieren", so Sigloch.

Ramp hatte dagegen nur mit etwa 10.000 Euro gerechnet. Das hätte seine importierten Fahrzeuge zwar teurer gemacht, aber immer noch günstiger als vergleichbare deutsche E-Autos. So aber dürften seine Importe wesentlich preisintensiver als bereits für Deutschland zugelassene Elektro-Fahrzeuge werden. Der Holländer vermutet, dass so hiesige Auto-Marken vor der asiatischen Konkurrenz geschützt werden sollen.

Ein fundamentaler Irrtum

"Die Annahme, dass die Zulassung deutscher und europäischer Fahrzeugmodelle nicht so kostenintensiv sei, ist ein fundamentaler Irrtum", entgegnet Dekra-Pressesprecher Sigloch. Wenn diese Fahrzeuge im Rahmen einer Typenzulassung vor der Markteinführung einer Serie geprüft werden, seien die Anforderungen deutlich höher als bei Kleinserien bis zu 250 Fahrzeugen oder bei Einzelgenehmigungen, wie im Fall der Importe von Hans Ramp. Dementsprechend sei der Kostenaufwand für die Typgenehmigung einer Serie auch sehr viel größer als für Einzelzulassungen.

Hans Ramp ist enttäuscht, auch weil dadurch die Aussicht nach kostengünstigen Elektro-Mittelklassewagen in Deutschland getrübt wird. Sie sind momentan noch 10.000 bis 20.000 Euro teurer als vergleichbare Modelle mit Verbrennungsmotoren. Er fragt sich, warum es sie überhaupt noch gibt. Zumal die Kraftstoffpreise seit Beginn des Ukraine-Krieges enorm angestiegen sind.

Für ihn selbst ändere sich wenig. "Ich bin nicht vom Autohandel abhängig", sagt der Holländer. Er habe bereits ein neues Projekt. Nachdem er im vergangenen Jahr sein Schloss in Wendischbora verkauft hatte, hat er sich ein neues Herrschaftsanwesen zugelegt. Es liegt in Italien. So oft er kann, fährt er dorthin. Und auch das Herrenhaus in Bobersen ist noch nicht komplett saniert.