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„Dieser Vorgang ist eine Zumutung“

Eine Seniorin aus Riesa ist froh, endlich einen Impftermin zu haben. Was sie auf dem Weg dahin erlebt, wühlt sie auf. Die SZ dokumentiert ihren Erlebnisbericht.

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Der Riesaerin Irma Manns fällt das Gehen sehr schwer. Das Warten auf ihre Impfung in der Sachsenarena wurde für die Seniorin zur Tortur.
Der Riesaerin Irma Manns fällt das Gehen sehr schwer. Das Warten auf ihre Impfung in der Sachsenarena wurde für die Seniorin zur Tortur. © Klaus Dieter Bruehl

Von Irma Manns

Seit dem 15. Januar war ich für eine Corona-Schutzimpfung registriert. Mehrfach hatte ich es seitdem täglich versucht, bis es mit einem Termin tatsächlich klappte. Am 20. Februar war es soweit. Der Fahrdienst holt mich pünktlich zuhause für meinen Impftermin in der Sachsenarena ab, der 16.54 Uhr stattfinden soll.

Dort angekommen, erwartet mich jedoch eine Menschenschlange. Sie reicht vom Halleneingang bis zum Übergang zur Schwimmhalle. Ich bleibe im Auto, der Fahrer will sich um einen Rollstuhl kümmern. Die Auskunft: Es gibt nur zwei. Einer ist reserviert, den anderen soll ich bekommen. – Ich entscheide mich nach 25 Minuten fürs Anstellen, weil ich Angst habe, dass der hart erkämpfte Termin verfällt. Mühsam halte ich mich, auf den Stock gestützt, an einem Absperrgeländer fest. Wenn ein Schub Menschen eingelassen wird und es ein Stückchen weitergeht, hangele ich mich seitwärts gehend mühsam in Richtung Eingang. Außer dem Fahrer hilft mir niemand.

Ein Rollstuhl wird abgegeben und vom Besteller entgegengenommen. Von einem zweiten Rollstuhl ist nichts zu sehen. Die Schmerzen nehmen zu und es wird kalt. Nach mehreren Schüben gelingt es mir, an zwei jungen Männern vorbeizukommen und mich kurz an eine rote Säule zu lehnen, um den Rücken wenigstens etwas zu entlasten. Vorher entschuldige ich mich bei den Herren, dass ich mich nicht vordrängen möchte.

Mir tut alles weh, ich bin verzweifelt und erschöpft. „Wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich mich nicht impfen lassen“, entfährt es mir, als ich endlich die Arena betreten darf. „Was?“, entgegnet ein Mitarbeiter der Sicherheitsfirma. „Wegen dem bisschen Anstehen?“ Mir kommen die Tränen. Der Fahrer hilft mir zum Glück mit den verschiedenen Papieren und Dokumenten, die ich in einer Hand jonglieren muss – in der anderen habe ich meinen Stock. Nach der zweiten Anmeldestation geht es hinein in die große Halle. Sehnsüchtig denke ich an den Rollstuhl.

Dann geht es nicht weiter: Direkt vor mir eine ärztliche Beratung, ob der eine junge Mann nun geimpft werden kann oder nicht. Es geht hin und her, vor und zurück, mal bin ich falsch, dann bin ich zu weit gegangen. Dann erhalte ich meine Impfung und es geht zum Ausruhen. Nach 15 Minuten weiter zum Auschecken. Ich bekomme ein Blatt für den zweiten Impftermin. Endlich habe ich es geschafft. Bloß gut, dass der Fahrer die ganze Zeit geblieben war und mich halb sieben schließlich zu Hause ablieferte. Im Stockdunkeln – und völlig erledigt.

Mein Fazit: Für über 80-Jährige, alte, gebrechliche und gehbehinderte Personen war und ist dieser Vorgang eine absolute Zumutung. Wer noch zu Hause wohnt, ist nicht automatisch gut zu Fuß. Ich frage mich: Was wird mich bei meinem zweiten Impftermin erwarten? Wieder Chaos und langes Anstehen?

Ich habe keine Angst vor der Spritze, sondern vor den Zuständen, die an der Sachsenarena herrschen.

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