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Dünnt sich Riesas Apotheken-Landschaft aus?

Eine kürzliche Schließung scheint einen Negativ-Trend zu bestätigen. Doch es gibt auch positive Aussichten.

Von Eric Weser
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Das rote A mit Arzneikelch und Schlange macht Apotheken oft weithin erkennbar. In Riesa ist das Zeichen seit einigen Wochen seltener anzutreffen. Auch deutschlandweit sinkt die Zahl der Apotheken.
Das rote A mit Arzneikelch und Schlange macht Apotheken oft weithin erkennbar. In Riesa ist das Zeichen seit einigen Wochen seltener anzutreffen. Auch deutschlandweit sinkt die Zahl der Apotheken. © Eric Weser

Riesa. Die blaue Leuchtreklame ist von der Fassade verschwunden, die Räume hinterm Schaufenster leer. Nur ein Schild am Briefkasten deutet noch auf die einstige Galeria Apotheke am Puschkinplatz hin.

Bereits im Juli war das Geschäft geschlossen worden. Wegen anhaltenden Personalmangels, so Inhaberin Anika Keller, die weiterhin die Domos Apotheke in der Elbgalerie betreibt.

Immer wieder ist von einem „Apothekensterben“ die Rede. Laut Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände ist die Zahl öffentlicher Apotheken tatsächlich zuletzt weiter gesunken: 2021 sei mit 18.461 Apotheken der niedrigste Stand seit Anfang der 1980er-Jahre erreicht worden.

Andeutungsweise ist der Schriftzug Galeria Apotheke am einstigen Standort am Puschkinplatz noch auszumachen. Nur zwei Häuser weiter links im Bild gab es bis 2014 eine weitere Apotheke.
Andeutungsweise ist der Schriftzug Galeria Apotheke am einstigen Standort am Puschkinplatz noch auszumachen. Nur zwei Häuser weiter links im Bild gab es bis 2014 eine weitere Apotheke. © Eric Weser
Im Jahr 2021 drehte am Gebäude am Puschkinplatz noch das rote Apotheken-Zeichen´.
Im Jahr 2021 drehte am Gebäude am Puschkinplatz noch das rote Apotheken-Zeichen´. © Eric Weser

Dünnt auch Riesas Apotheken-Landschaft aus? Für die Jahre 2007 bis 2018 weisen die Statistischen Jahrbücher der Stadt konstant zehn Apotheken aus. Laut dem Portal Aponet.de sind es derzeit acht.

Von einem Apothekensterben lasse sich für die Region nicht sprechen – noch nicht, sagt Göran Donner, Vizepräsident der Sächsischen Landesapothekerkammer und gleichzeitig Kammersprecher auf SZ-Nachfrage. In Sachsen halte aber der Trend an, dass Betriebe schließen. Meist genannter Grund sei fehlendes Personal oder auch eine vergebliche Nachfolgersuche.

Göran Donner zufolge bildet Sachsen zu wenige Apotheker aus. Der einzige Pharmazie-Studiengang in Leipzig habe rund 50 Plätze – bei doppelt so hohem Bedarf. Man sei daher auf Zuwanderung angewiesen, etwa aus anderen Bundesländern. „Wie in allen anderen Branchen auch ist die Bereitschaft der Absolventen, außerhalb der Ballungszentren ihre Tätigkeit auszuüben, eher mäßig ausgeprägt“, so Donner.

Nachfolger zu finden sei deshalb auch für viele selbstständige Apotheker schwer. Auch die Betreiberin der ehemaligen Puschkinplatz-Apotheke, die bis 2014 nur zwei Häuser neben der Galeria Apotheke existierte, hatte seinerzeit keinen Nachfolger gefunden.

„Die Selbstständigkeit bringt Herausforderungen mit sich, die viele der jüngeren Apotheker nicht mehr bereit sind, auf sich zu nehmen“, sagt Göran Donner, der selbst in Dippoldiswalde selbstständiger Apotheker ist.

Von Versorgungsengpässen will Donner bislang zwar nicht reden. Und auch Verbände und Vereinigungen der Apotheker betonen, dass die flächendeckende Versorgung mit Medikamenten nicht gefährdet sei. Aber, so Göran Donner: Halte der Trend an, müssten aber Regelungen gefunden werden, die es jungen Apothekern ermöglichen, ihren Beruf auf dem Land oder als selbstständiger Freiberufler auszuüben. Gleichzeitig müsse das Angebot an Studienplätzen in Leipzig deutlich zu erhöht werden, so Donner, der dabei den Freistaat in der Pflicht sieht.

Apotheker Göran Donner ist Chef der Löwenapotheke in Dippoldiswalde – und Sprecher des Landesapothekerkammer Sachsen.
Apotheker Göran Donner ist Chef der Löwenapotheke in Dippoldiswalde – und Sprecher des Landesapothekerkammer Sachsen. © Karl-Ludwig Oberthuer

Das Leben schwer machten Apothekern aktuell zudem geplante Änderungen wie das geplante GKV-Finanzstabilisierungsgesetz. Apotheken sollen durch die Erhöhung einer Abschlagszahlung an die Kassen daran beteiligt werden, deren Finanzierungslücke zu schließen.

Bleibt die Frage, ob in Riesa weitere Apothekenschließungen anstehen. Zumindest aus Altersgründen demnächst wohl eher nicht: Vom Rentenalter sind die Inhaber der hiesigen Apotheken noch ein gutes Stück entfernt. Die älteren sind Mitte 50.

Die Weidaer Äskulap- und die nahe gelegene Heideberg-Apotheke hatte Inhaber Richard Tietz erst Ende 2020 mit Anfang 30 übernommen. Auch personalmäßig sei er gut ausgestattet, sodass beide Apotheken weiter bestehen werden, sagt er zur SZ. Wie andere Berufskollegen ist Tietz aber durchaus skeptisch, was die künftige Entwicklung der Apotheken-Landschaft angeht. Zum einen wegen der allgemein steigenden Kosten. Für Apotheker sei außerdem die Industrie ein attraktiver Arbeitgeber, die mit vergleichsweise hohen Gehältern locken könne. Beim Thema Personal komme hinzu, dass in fünf bis zehn Jahren die zu DDR-Zeiten ausgebildeten Pharmazie-Ingenieure in Rente gehen, die derzeit Notdienste in der Apotheke übernehmen dürfen. Das werde die Lage verschärfen.

Dienste gesichert

Was die Apotheken-Dienste in der Region angeht, hat die kürzliche Schließung der Galeria Apotheke zwar eine gewisse Lücke geschaffen, sagt die Dienst-Koordinatorin für die Region Dagmar Bach, die auch Inhaberin der Apotheke in Altriesa ist. Die Lücke sei aber bereits von Riesas Apothekern gefüllt worden. Alles in allem habe es bei den Diensten seit Jahresanfang sogar eine Entlastung gegeben, weil damals die Dienstkreise Riesa und Oschatz zusammengelegt worden seien. Für die beteiligten Riesaer Apotheker bedeute das Dienste alle 17 statt alle 13 Tage.

Wie es mit den Apotheken weiter geht, muss sich zeigen. Zumindest mittelfristig ist in Riesa auch eine Neueröffnung geplant: So soll die geplante Poliklinik am Riesaer Elbufer eine Apotheke beherbergen. Ob schon ein Partner dafür gefunden ist, dazu war in dieser Woche von den Elbland Polikliniken als künftigem Betreiber des Ärztehauses keine Auskunft zu erhalten. Im Mai hatte es geheißen, dass bereits Gespräche dazu geführt würden.