Genehmigter B-169-Ausbau bei Riesa: So reagiert die Region

Riesa. Eigentlich war Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) am Mittwoch nach Riesa gekommen, um bei dem Spatenstich für den Werksausbau bei Feralpi dabei zu sein. Im Gepäck hatte der Ministerpräsident allerdings auch Worte, die noch am selben Tag einschlugen: Nämlich die Nachricht, dass der Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau der B 169 bei Riesa unterschrieben sei.
Etwas einfacher gesagt: Das jahrelange Planungs- und Genehmigungsverfahren für den Ausbau der Bundesstraße zwischen Seerhausen und Salbitz ist beendet – mit einer Baugenehmigung durch die Landesdirektion Sachsen als zuständige Behörde.

Schon kurz nach Bekanntwerden von Kretschmers Worten frohlockten erste Kommentatoren in den sozialen Netzwerken. "Na endlich", heißt es da oder auch: "Das wird Zeit, dass die Dörfer entlastet werden." "Was lange dauert, wird vielleicht doch noch gut", meint ein Kommentator. Bei manch anderem wird die Skepsis noch deutlicher: "Abwarten. Das haben schon viele versprochen." Ärger hingegen bei jemandem, der offensichtlich in Bloßwitz wohnt – einem Stauchitzer Ortsteil, an dem die neue Straße relativ nah vorbeiführen würde. Dort freue man sich nicht.
Dirk Zschoke, Bürgermeister von Stauchitz

Unter denen, die spontan jubelten, war am Mittwoch auch der Stauchitzer Bürgermeister Dirk Zschoke (parteilos), seit gut zwanzig Jahren ein Befürworter des Ausbaus und selbst Anwohner in Seerhausen, das vom B-169-Durchgangsverkehr geplagt ist. "Endlich!!!", so seine erste Reaktion. Auf Nachfrage von Sächsische.de erklärte der Gemeindechef etwas später: "Ich habe mich heute riesig gefreut, als ich erfahren habe, dass der Planfeststellungsbeschluss nunmehr erlassen sein soll." Er hoffe jetzt, dass alle Beteiligten am Planungsverfahren nach der Bekanntmachung des Beschlusses die in diesem Beschluss festgesetzten Regelungen "endlich anerkennen und dass sich keiner veranlasst sieht, den Beschluss zu beklagen." Sollte sich diese Hoffnung erfüllen, werde er sich mit ganzer Kraft dafür einsetzen, dass der Bund unverzüglich mit der Durchführung der Baumaßnahme beginnt, so Dirk Zschoke. Da die Region nicht mehr so prominent und wirksam im Bundestag vertreten sei, wie mit dem früheren Abgeordneten und ehemaligen Bundesminister Dr. Thomas de Maizière (CDU), werde er dafür alternative Wege finden, so Zschokes Versprechen.
Marco Müller, Oberbürgermeister von Riesa

Riesas OB Marco Müller (CDU) hatte bereits am Mittwoch die Nachricht von der unterzeichneten Baugenehmigung als "besonderes Geschenk" bezeichnet, das MP Kretschmer dabei gehabt habe. Der Weiterbau der B 169 habe damit "eine weitere Hürde genommen: Baurecht wurde erteilt", so Riesas Stadtoberhaupt auf seiner Facebook-Seite. Müller hatte in der Vergangenheit von der Straßenanbindung der Stadt als kritischem Faktor für viele Unternehmen gesprochen, die Riesa als Industrie- und Gewerbestandort in Betracht ziehen. "Die fehlende Autobahnanbindung über die Bundesstraße ist für viele Anfragen, die ich erhalte, ein negatives Kriterium, weil das nicht zur eigentlich großen Leistungsfähigkeit der Stadt passt." Auf Nachfrage von Sächsische.de sagte der OB diese Woche: "Es freut mich natürlich sehr, dass diese langwierige Etappe endlich bewältigt wurde. Nun hoffen wir, dass keine weiteren Hürden aufgebaut werden, die den Prozess wieder ins Stocken bringen." Natürlich werde der Planungsprozess noch eine gewisse Zeit dauern, so Müller. "Aber wir waren dem dringend notwendigen 3. Bauabschnitt noch nie so nahe wie jetzt."
Kurt Hähnichen, Sprecher Wirtschaftsforum Riesa

Freude auch bei Kurt Hähnichen. "Nachdem wir seit insgesamt 22 Jahren für den Ausbau kämpfen, ist das natürlich ein Meilenstein", sagt der Sprecher des Vereinigten Wirtschaftsforums für die Region Riesa. In der Interessenvereinigung sind mehrere Kommunen, aber auch etliche Unternehmen aus der Region vertreten. Es sei ja versprochen gewesen, dass es im ersten Halbjahr 2022 zum Planfeststellungsbeschluss komme – und das sei fast punktgenau eingehalten worden. "Jetzt können noch mal alle draufschauen und ihre Befindlichkeiten kundtun." Das könne im schlechtesten Fall aber noch einmal sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. Insofern sei der Planfeststellungsbeschluss ein starker Meilenstein – im Hinblick auf einen Bau der Straße aber eben auch nur ein Zwischenschritt. "Deshalb werden wir als Wirtschaftsforum dranbleiben – egal ob mit Gesprächen oder unserer Postkartenaktion", verspricht Hähnichen. "Jetzt vielleicht noch intensiver als bisher."
Hartwig Kübler, Altlandwirt und Agrarflächenbesitzer

Ein ausgewiesener Kritiker der geplanten neuen B-169-Trasse ist seit Jahren Hartwig Kübler. Zu dem promovierten Landwirt, der inzwischen im Ruhestand ist, war die Nachricht vom unterschriebenen Planfeststellungsbeschluss am Donnerstag zunächst noch nicht durchgedrungen. Sobald der Beschluss veröffentlicht werde, "werden wir uns genau anschauen, mit welcher Begründung er ergangen ist", sagt Kübler. Er werde anwaltlich prüfen lassen, inwiefern das Ganze angreifbar sei oder nicht. Dann werde man sehen, ob man dagegen vorgehe oder nicht. Sollte sich herausstellen, dass Widerspruch sinnlos ist, werde man auch keinen erheben. Insgesamt bleibt der Unternehmer bei seiner skeptischen Haltung zur geplanten Streckenführung des Ausbauabschnitts: "Für die Region ist es mit Sicherheit kein Segen – für die Natur auch nicht." Komme der Bau, werde bestes Ackerland "zuasphaltiert". Das sei eine Katastrophe. Aus Hartwig Küblers Sicht bleibt der B-169-Ausbau von Seerhausen nach Salbitz über die geplante Trasse ein "sinnloses Projekt", schließlich würden die Verkehrsströme inzwischen anders fließen als früher. Eine Haltung, die Kübler gemeinsam mit anderen Kritikern immer wieder vorgetragen hatte. Wie die Genehmigungsbehörde mit diesen und anderen Einwänden umgegangen sei, gelte es nun zunächst zu prüfen.
Die Landesdirektion Sachsen ließ eine Anfrage zum genauen Stand des Planfeststellungsverfahrens vom Mittwoch bislang unbeantwortet. Damit bleibt unter anderem offen, wann mit einer Bekanntmachung des Planfeststellungsbeschlusses gerechnet werden kann.