Bekannter Riesaer zieht um

Riesa/Großweitzschen. Markus Mütsch (58) gehört seit 30 Jahren zu Riesa wie die Nudeln und der Sport. Der Mann, der aus dem Südwesten Deutschlands kam, war hier Finanzbürgermeister und sitzt heute für die Freien Wähler im Stadtrat. Und er will einfach nicht zur Ruhe kommen.
Gerade ist Mütsch als Geschäftsführer mit seiner Firma Licomo GmbH und dem Institut für Konstruktion und Verbundbauwesen (KVB) gemeinnützige GmbH ins Gewerbegebiet Mockritz (Gemeinde Großweitzschen) gezogen. Der alte Standort in Döbeln sei für die Zukunft zu eng geworden, erzählt er Sächsische.de.
In Riesa fehlte das passende Angebot
Aber warum kommt er dann nicht einfach nach Riesa, wo an der Glogauer Straße ein großes Gewerbegebiet wartet? Herr Mütsch, was haben Sie eigentlich gegen Riesa?
„Ich wäre mit der Firma liebend gern nach Riesa gezogen – wir fanden im Mockritzer Gewerbegebiet aber das passendere Angebot“, sagt er zu Sächsische.de. „Hier konnten wir eine gebrauchte Immobilie beziehen, was natürlich wesentlich preiswerter ist, als eine neue Halle zu bauen.“ Und Platz hat der Mann dort reichlich. Mit rund 1.100 Quadratmetern für Lager- und Produktionsflächen und etwa 600 Quadratmeter für Büros hat das Unternehmen jetzt viermal so viel Platz wie zuvor.
Ein weiterer Standortvorteil sei die Lage direkt an der A 14. „Ich musste darauf achten, dass unsere Ingenieure, die ja überwiegend aus Dresden kommen, einen guten Autobahnanschluss haben“, so Mütsch.
Drei Studenten im Unternehmen
Und warum nimmt er nicht Ingenieure aus Riesa? Mütsch: „Die sind leider noch nicht fertig mit der Ausbildung. Wir sind anerkannter Praxispartner der Studienakademie Riesa und bilden den Maschinenbaunachwuchs in unserem Betrieb praktisch aus. Wir möchten die Absolventen auch nach dem Bachelor-Abschluss als Ingenieure bei uns einsetzen und als Betrieb weiter wachsen.“
Derzeit arbeiten 22 Fachleute und drei Studenten im Unternehmen. Sie stammen überwiegend von der TU in Dresden, teilweise sogar aus Chemnitz und Berlin.
Mütsch wirbt besonders um Studentinnen und Studenten, die aus der heimischen Region in und um Riesa stammen und hier fest verwurzelt sind. „Bei der KVB und Licomo GmbH können die Nachwuchs-Ingenieure langfristig Karriere machen. Um in der Konkurrenzsituation zum Dresdner Arbeitsmarkt mithalten zu können, möchte ich auch die Gehälter für mein Personal aufbessern.“

Und etwas anderes will Mütsch dann auch gleich ändern. „94 Prozent der Studenten sind männlich. Gerade ist nur eine Studentin bei uns. Ich sag mal so, die Frauen, die in der Branche sind, sind alle gern gesehen. Nur Männer allein sind ja langweilig. 20 Prozent Frauenanteil wäre wünschenswert.“
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Die Umzugskosten liegen bei rund zwei Millionen Euro. Rechnet sich das überhaupt? Mütsch denkt positiv: „Wir haben letztes Jahr aus unserer Produktion und Forschung einen Umsatz von 1,5 Millionen Euro verbucht und erzielen dieses Jahr sicher noch mehr.“ Die Auftragslage verbessere sich zunehmend in seinem Kerngeschäft, den Hochleistungs-Faserverbundwerkstoffen aus Kohle- und Glasfasern. „Wir produzieren Bauteile für die Bahntechnik, Flugzeuge oder den Schiffsbau“, erklärt der Chef. Seine Kunden sitzen überwiegend in Bayern, Baden-Württemberg und an der Rheinschiene entlang. „Dort ist unser Markt – und diese Unternehmen haben wiederum Kundschaft im Weltmarkt.“
Textilien teils härter als Stahl
Und was macht seine Firma genau? „Wir sind Experten für Material, wir produzieren keine fertigen Produkte. Kurz gesagt: Wir hauen Stahl raus und bringen Kohlen- und Glasfaser in den Markt rein. Wer Nicht-Magnetisches sucht oder bei gleichen Fähigkeiten Gewicht einsparen muss, für den sind wir interessant.“
Gilt das auch für Rüstung, Luft- und Raumfahrt? „Es ist noch ein Randthema, das wir aber verfolgen. Wir sind in vielen Bereichen drin, Flugzeuge, Schiffe, Maschinenbau und jetzt kommt einfach auch die Frage im wehrtechnischen Bereich. Unsere technischen Textilien sind teilweise härter als Stahl.“
Lieferketten machen Sorgen
Aktuell gäbe es auch viele Milliarden Euro im Rüstungsbereich zu verdienen. „So weit sind wir noch nicht. Aber die Milliarden, die angekündigt sind, kann man nicht binnen vier Wochen verbauen. Und was in zehn Jahren ist, weiß ich noch nicht. Unsere Verbundwerkstoffe bieten sich jedenfalls für Durchschuss-Sicherungen an, für Panzerungen und dergleichen. Es ist so, dass Panzer zunehmend immer weniger aus Stahl gemacht werden, weil es einfach zu schwer ist. Weniger Gewicht, und man kann mehr Bewaffnung aufs Fahrzeug bringen.“
Zurück zur Gegenwart. Wo drückt der Schuh? „Zum Teil sind wir von Lieferketten-Verzögerungen betroffen, wegen des Lockdowns in Shanghai. Was früher in vier Wochen eingetroffen ist, ist jetzt nach sechs Monaten noch nicht da. Und was machen wir, wenn Putin den Gashahn abdreht? Dann weiß ich auch nicht mehr, wie das gehen soll. Wenn die Grundstoffindustrie kein Gas mehr hat und kaputt ist, dann wird nichts mehr produziert, und man kann nicht mal eben vier Stunden Stillstand haben und dann die Produktion wieder aufnehmen. Das geht nicht so schnell und das kann Jahrzehnte dauern.“