Diesbar-Seußlitz: "Wir haben die schöne Landschaft und die Entschleunigung"

Von Sarie Teichfischer
Nünchritz. Die Auszeichnung kam überraschend für die Inhaberin des Hotels Zum Ross. "Ich bin völlig kalt erwischt worden, im positiven Sinne", sagt Gabriele Dörner. Der Landgasthof ist eins von zwei Häusern in der Region Elbtal, das von seinen Besuchern in diesem Jahr zum Gästeliebling gewählt wurde.
Für den Wettbewerb werden alle Onlinebewertungen von Beherbergungsbetrieben in Sachsen erfasst. Hierfür wird ein Monitoring-System genutzt, das über 250 Onlineportale weltweit sichtet. Egal ob Fünf-Sterne-Luxushotel, familiengeführte Pension oder kleine Ferienwohnung – ausschlaggebend für den Erfolg ist die Onlinereputation des Betriebes. Sowohl die Service- und Kundenorientierung, der Gesamteindruck sowie der individuelle Umgang mit Online-Bewertungen spielen dabei eine Rolle.
Im Sommer herrscht Hochbetrieb
Neben dem "Ross", das die Auszeichnung in der Kategorie Hotelzimmer ergattern konnte, hat das Weingut Jan Ulrich in der Kategorie Ferienwohnungen den Regionalsieg eingefahren. Die Ulrichs waren mit ihren Hotelzimmern bereits 2019 zum Gästeliebling gewählt worden.
Für Gabriele Dörner hingegen war es eine Premiere. Sie wusste vom Wettbewerb, hatte aber nicht damit gerechnet, dass „wir als kleiner Betrieb da mithalten können“. Erfahren habe sie von der Nominierung durch eine Mail vom Landestourismusverband. Was genau der Preis jetzt für sie und das Hotel bedeutet, kann Dörner noch gar nicht genau sagen: "Für mich ist das alles ganz neu. Damit muss ich mich erst mal befassen." Das ist mitten im Sommer-Hochbetrieb gar nicht so einfach.

Ähnliches hört man im Weingut Ulrich, wenige Hundert Meter weiter, ebenfalls direkt am Elberadweg gelegen: "Wir haben unsere Tochter damit betraut, die in Heilbronn Marketing studiert und als halbe Bürokraft im Familienunternehmen angestellt ist; sie kennt sich mit Internet-Angelegenheiten bestens aus", so Carola Ulrich. Sie unterhält erst seit August 2020 gemeinsam mit ihrem Mann Jan die Ferienwohnungen, die idyllisch am Weinberg gelegen sind. Ulrichs selbst wohnen seit einem Jahr in einer davon; ihr Haus haben sie letztens an den Sohn verkauft, der zurück in die Heimat kam und nun wieder im Familienbetrieb mitarbeitet.
Ein Ruhetag mehr - wegen des Personalmangels
Die Situation der Gastronomie- und Beherbergungsbranche hat sich in den letzten Jahren wesentlich verschlechtert. Das Hauptproblem ist fehlendes Personal - viele haben sich während der Lockdowns zwangsläufig neue Arbeitsstellen gesucht und kommen angesichts der Aussichten auch nicht wieder zurück.
Sowohl Familie Ulrich als auch Familie Dörner tun ihr Bestes, um sich auf die Situation einzustellen. So haben beide Gastwirtschaften jeweils einen Ruhetag mehr als vorher. Die Übernachtungsgäste wollen natürlich trotzdem kulinarisch versorgt sein. Dafür werden kreative Lösungen gefunden: "Wir bereiten zum Beispiel kalte Platten vor. Außerdem sind wir im Tagesbetrieb auf Selbstbedienung umgestiegen: Die Gäste wählen, bestellen am Tresen, bezahlen sofort, nehmen die Getränke mit und bekommen ihr Essen an den Platz, das funktioniert einwandfrei", sagt Carola Ulrich.
Selbstbedienung im Weinkeller
Abends und an den Ruhetagen geht es so weit, dass Ulrichs Feriengäste den Schlüssel zu Weinkeller und Kühlschränken bekommen und sich selbst bedienen dürfen. "Das hat den Vorteil, dass die Gäste ihre Ruhe haben und wir um 20 Uhr nach Hause gehen können", so Ulrich. Sie hat schmerzlich lernen müssen, dass der reguläre 13- bis 14-Stunden-Betrieb, wie sie und ihre Kollegen ihn früher betrieben haben, nicht mit der eigenen Gesundheit zu vereinen ist: Sie hatte vor wenigen Jahren einen Schlaganfall, Gabriele Dörners Mann mehrere Herzinfarkte.
"Viele wissen gar nicht, dass es uns gibt; für die ist die Weinstraße in Meißen zu Ende", erzählt "Ross"-Inhaberin Gabriele Dörner. "Und wenn sie dann da sind, sagen sie: Mensch, ist das schön hier; wären wir doch mal eher hergekommen. Zu uns kommen die Leute, die mal entspannen wollen. Wir haben die schöne Landschaft und die Entschleunigung - Waldgebiete, das Wasser, die Weinberge." An den Wochenenden ist das Hotel meist im Voraus ausgebucht von den Restaurantgästen, die nach ihrer Feier übernachten. Wochentags kann man als spontan Reisender allerdings durchaus Glück haben.
- Nächstes Event im "Ross" ist das Federweißer-Fest am 17./18. September
- Familie Ulrich lädt am 26. August um 18 Uhr ein zu Kelterhausführung, Weinbergbesichtigung, Weinprobe und Picknick; am 27. August ist dann Tag des offenen Weingutes.