Märchenwelten kommen ins Schaufenster

Riesa. Ein älterer Radfahrer hält gleich an, als er die Arbeiten in der ehemaligen Bäckerei an der Hauptstraße 6 bemerkt. Es sei schön, dass wieder etwas in den Laden komme, sagt er. "Gefällt's Ihnen denn?", will Dirk Grünig wissen - und schließt gleich die nächste Frage an: "Wissen Sie denn auch, welches Märchen das ist?"
Seit Ende vergangener Woche sind Dirk Grünig und seine Mitarbeiter vom Helmnot-Theater in Riesa damit beschäftigt, mehrere Ladenlokale umzukrempeln und mit Märchenmotiven zu gestalten. An der Hauptstraße 6 steht am Montagnachmittag bereits Schneewittchen, umgeben von einigen Zwergen. Zwei Mitarbeiterinnen sind gerade im Laden. Sie stellen weitere Plastiken auf und kümmern sich um das Licht. "Am Ende wird der Raum noch mit Stoff gestaltet", erklärt Dirk Grünig.
Ein paar Fußminuten weiter ist eins der "Funkel-Fenster" schon fast fertig. In der ehemaligen Wäscherei an der Goethestraße wachsen nun riesige Fliegenpilze in einem stimmungsvoll angeleuchteten Wald. Auf einer Tafel erklärt ein Gedicht die Geschichte - und stellt am Ende die Frage, um welches Märchen es sich wohl handelt. An insgesamt sieben Standorten sollen die Fenster dazu einladen, durch die Stadt zu schlendern. In Lichtenstein, wo das Helmnot-Theater seinen Sitz hat, hat das schon gut funktioniert. Aus fünf Fenstern wurden dank zahlreicher Sponsoren am Ende 60.
Dass die Aktion jetzt in Riesa in angepasster Form wiederholt wird, hat seinen Grund. "Eigentlich wollten wir zusammen mit der FVG in der Sachsenarena eine Ausstellung auf die Beine stellen", erklärt Dirk Grünig, dessen Theater in seinem Gründungsjahr 1995 zum bisher einzigen Mal in Riesa spielte. Das Theater und die ebenfalls von Grünig geführte Wunderräume GmbH hatten vor einigen Jahren die Funkelstadt in Dresden gestaltet, parallel zum Weihnachtsmarkt. Weihnachten 2020 wollte der Arena-Betreiber FVG die Kunstaktion nach Riesa holen. Das Hygienekonzept stand schon, als eine Verschärfung der Corona-Regeln dem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung machten.
Nachdem die 15-Kilometer-Regel gefallen war, sei FVG-Chef John Jaeschke gleich nach Lichtenstein gefahren, um sich die Funkel-Fenster anzusehen - und war sehr angetan von den liebevoll gestalteten Welten im Schaufenster. Danach wurde recht schnell gehandelt. Im Stadtrat sei das Thema fast ausnahmslos gut angekommen, sagt Oberbürgermeister Marco Müller (CDU). Auch Sponsoren habe man schnell akquiriert. Müller erhofft sich von den gestalteten Schaufenstern auch einen positiven Effekt für die Innenstadt - und vielleicht noch den einen oder anderen, der den etwas anderen Schaufenster-Bummel auch mit Click and Collect verbindet. In jedem Fall sei die Aktion ein positives Zeichen in der tristen Corona-Zeit.
In Lichtenstein zeigten sie jedenfalls auch Effekte, sagt Dirk Grünig. "Es gab zumindest infolge der Funkel-Fenster auch Gespräche zwischen den Hauseigentümern und potenziellen Mietern." Da seien also manche Leute auf ein Lokal aufmerksam geworden. Viel wesentlicher ist aus seiner Sicht aber, dass die Aktion dazu einlädt, die eigene Stadt zu entdecken. Aus diesem Grund sind die Schaufenster auch weitläufig verteilt. Das habe gleichzeitig den Vorteil, dass sich der Besucherverkehr etwas entzerrt.
Bis Karfreitag werden die Lichtensteiner noch damit beschäftigt sein, die Schaufenster zu gestalten. Danach können sich die Riesaer den "Märchenfrühling" bis 16. Mai anschauen.
Die sieben Standorte der Funkel-Fenster:
- Bahnhofstraße 34; Bahnhofstraße 12; John-Schehr-Straße 4; Hauptstraße 40; Goethestraße 48; Hauptstraße 6; Dr.-Külz-Straße 11