Riesa: Polizistin falsch beschuldigt

Riesa. Es gibt Gerichtsverhandlungen, bei denen man sich als Beobachter fragt, ob der Angeklagte nicht besser einem Psychologen als einem Richter gegenübersitzen sollte. Gerhard M. (Name geändert) ist so ein Fall. Er beschimpft die Polizei, seine Nachbarn, seine Kinder und am Ende auch noch die Justiz. "Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus", lautet sein Kommentar, als im Riesaer Amtsgericht das Urteil gesprochen ist.
Der 58-Jährige lebt in einem Dorf östlich der Elbe und hatte seinen Führerschein wegen einer schier endlosen Kette von Fahrerlaubnis-Delikten abgeben müssen. Ein paar Wochen später wurde er von einem Bürgerpolizisten hinterm Lenkrad erwischt und zeigte trotz des Entzugs stolz eine Fahrerlaubnis vor.
Der Beamte überprüfte die Sache und stellte fest, dass Gerhard offenbar ein Zweitexemplar besaß. Der Hobbylandwirt hatte seinen Führerschein vor den hier geschilderten Ereignissen als verloren gemeldet, einen neuen beantragt und auch ausgehändigt bekommen. Ob er nun das alte Dokument tatsächlich wiederfand oder sich vorsorglich mit zwei Führerscheinen eindeckte, ist nicht Gegenstand des Verfahrens. Im Amtsgericht wird verhandelt, dass Gerhard eine Polizistin beschuldigt, von seinem Führerschein-Zweitexemplar gewusst zu haben.
Staatsanwaltschaft überprüfte Polizistin
Die Bürgerpolizistin war im März 2022 mit zwei Kolleginnen an Gerhards Wohnadresse gewesen, um seine Fahrerlaubnis einzuziehen. Nach einer erregten Diskussion holte der Delinquent das Dokument schließlich aus der Wohnung und händigte es den Beamten aus. Dabei will er zu der ihm bekannten Bürgerpolizistin gesagt haben, dass er noch einen zweiten Führerschein habe, den er aber unbedingt brauche, um seine kleine Landwirtschaft in Gang zu halten. Die Beamtin soll dafür Verständnis aufgebracht und ihm das Plastikkärtchen gelassen haben.
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Dumm nur, dass die Bürgerpolizistin zusammen mit ihrer Chefin bei Gerhard war. Diese erklärt im Zeugenstand, dass sie selbst das Wort geführt habe und ihre Untergebene keinen Augenblick mit dem Delinquenten allein gewesen sei. Hätte es also ein derartiges Gespräch gegeben, wäre es der Chefin aufgefallen. Die Beschuldigung sei deshalb haltlos. Zu diesem Ergebnis ist auch eine von der Staatsanwaltschaft angestrengte Untersuchung wegen Strafvereitelung im Amt gekommen.
Aufatmen im Amtsgericht
Gerhard M. aber steigert sich vor Gericht immer weiter in seine Geschichte hinein und offenbart dabei eine gehörige Portion Querulantentum. Er fällt den Zeugen und der Richterin ins Wort, wird aggressiv, gibt neue Verdächtigungen von sich. "Es tut mir leid, dass Sie mir nicht glauben", sagt er nach dem Plädoyer der Staatsanwältin. "Man muss in diesem Land eben einen Titel oder eine Uniform tragen, um Recht zu kriegen."
Es ist nicht die letzte Unverschämtheit, die der 58-Jährige von sich gibt. Er stört auch noch die Urteilsbegründung von Richterin Rita Großmann, obwohl er mit einer Geldstrafe von 2.700 Euro noch ganz gut bedient ist. Eigentlich wäre auch Freiheitsstrafe möglich gewesen, denn Gerhard hat bereits einiges auf dem Kerbholz. Beleidigung, Nötigung, Bedrohung, vorsätzliche Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte stehen zu Buche. Und natürlich war der EU-Rentner nach eigenem Bekunden in all diesen Fällen unschuldig. Als die Verhandlung geschlossen wird, geht ein deutliches Aufatmen durch den Saal 1 im Riesaer Amtsgericht.