Wie sich Riesas Wasserversorgung auf einen Blackout vorbereitet

Riesa/Großenhain. In Riesa genügte 2020 ein technischer Defekt in einem Umspannwerk, um 20.000 Haushalte stundenlang vom Netz zu trennen. In Dresden reichte 2021 ein metallbeschichteter Ballon in einem Umspannwerk aus, um die Stromversorgung für 300.000 Haushalte zu beeinträchtigen. Gefühlt wird die Stromversorgung immer unsicherer - auch wenn die Daten der Bundesnetzagentur das bislang nicht bestätigen: Demnach wurden im Jahr 2020 bundesweit gut 162.000 Versorgungsunterbrechungen erfasst. Im Durchschnitt blieb in dem Jahr jeder Verbraucher knapp elf Minuten ohne Strom. Sachsen lag nur leicht über diesem Wert, während Rheinland-Pfalz, Brandenburg und Sachsen-Anhalt die Ausfall-Statistik anführten.
In Brandenburg steht auch das wichtigste Wasserwerk für den Altkreis Riesa-Großenhain plus Lommatzsch: Aus dem Wasserwerk Fichtenberg bezieht die Wasserversorgung Riesa-Großenhain rund zwei Drittel des Wassers, das in Tausenden Haushalten, in Büros und Fabriken durch die Leitungen und Wasserhähne strömt. Pro Jahr sind es 3,7 Millionen Kubikmeter. Zum Vergleich: Die anderen drei Wasserwerke - Riesa, Schönfeld, Tauscha - kommen gemeinsam gerade mal auf etwa die Hälfte.
Und bei einem Stromausfall? "Wenn der länger als eine Minute dauert, springt unser Notstromaggregat an", sagt Ralf Brodda. In Fichtenberg wurde extra eine Zeitverzögerung eingebaut, damit der Schiffsdiesel nicht bei jeder kurzzeitigen Stromstörung anlaufen muss, erläutert der 56-Jährige. Der Betriebselektriker ist seit 1988 im Wasserwerk dabei. Der Schiffsdiesel, Baujahr 2008, kam 20 Jahre später - und liefert sieben Sekunden nach dem Anschalten so viel Strom, dass die Pumpen im Wasserwerk weiterlaufen können. "Vorher hatten wir nur transportable Netzersatzanlagen. Aber die hätten nicht gereicht, um unsere Maschinen zum Laufen zu bekommen."
Das Umdenken kam beim Hochwasser 2002: Gefahr, selbst überschwemmt zu werden, bestand für das Wasserwerk an der Landesgrenze Brandenburg/Sachsen zwar nicht. Aber die Stromversorgung stand damals auf der Kippe. Und deshalb installierte der Versorger in einer abgetrennten Halle des Wasserwerks eine große Netz-Ersatz-Anlage. "Unsere Dieselvorräte reichen für 50 Stunden", sagt Ralf Brodda. Dann sollten bei einem Blackout die nächsten Treibstoff-Lieferungen eintreffen. Bei der Prioritätenliste dürfte ein Wasserwerk weit oben stehen. Und der Landkreis bereitet sich aktuell mit einem Pilotprojekt darauf vor, eine gewisse Treibstoffversorgung auch unter Blackout-Bedingungen, wenn die normalen Tankstellen-Pumpen ausfallen, sicherzustellen.
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Im Normalfall allerdings wird das Wasserwerk Fichtenberg ganz regulär mit Strom versorgt. Die in den 1970ern errichtete Anlage fuhr von Anfang an immer am Leistungslimit: Damals hatte allein Riesa noch an die 50.000 Einwohner, die Industrie verbrauchte Unmengen, dazu kam die in der Region stationierte sowjetische Armee als Großabnehmer. Nach der Wende ging der Verbrauch dann sprunghaft zurück.
Unverzichtbar aber ist das Wasserwerk für die Region nach wie vor. Von Fichtenberg aus wird nicht nur der Raum Riesa und Großenhain versorgt, sondern sogar noch Lommatzsch. Und deshalb investiert der Betreiber dort jahrein, jahraus. "Wir geben jährlich sechsstellige Beträge allein für das Wasserwerk Fichtenberg aus", sagt Heiko Bollmann, Geschäftsführer des Versorgers. Zuletzt wurde etwa das Absetzbecken komplett erneuert, sagt Dominik Schüler. Der 31-Jährige mit einem Master-Abschluss in der Wasserwirtschaft ist im Unternehmen für die Wassergewinnung zuständig. Im Schlammbecken landen die Stoffe, die die Sandfilter aus dem Rohwasser filtern - Eisen und Mangan etwa. Bagger und Spezial-Lkws fahren regelmäßig in das Becken, um das Material auf die Deponie zu schaffen. Samt Abdichtung des Technikgebäudes hat allein die Erneuerung hier 100.000 Euro gekostet.
"Dieses Jahr ist eine Sanierung der Sandfilter 4 und 5 dran", erläutert Dominik Schüler. Kostenpunkt: rund eine halbe Million Euro. Dabei werden beispielsweise die technische Innenausrüstung der Filter erneuert sowie die sogenannten Mannlöcher vergrößert - Einstiegsluken für Wartungsarbeiten in den Stahlröhren, die größer sind als ein Tanklaster.
Die Reinwasserpumpen samt Technik wurden bereits für mehr als eine Million Euro erneuert, nun stehen noch die sogenannten Zwischenpumpen an.
Und auch der große Schiffsdiesel bleibt immer im Fokus der Mitarbeiter: Einmal pro Monat wird er probehalber angelassen. Schließlich soll das Trinkwasser zuverlässig laufen - auch wenn es mal einen Stromausfall gibt.