Polizei will Riesas Puschkinplatz zum "verrufenen Ort" erklären

Riesa. Der Alexander-Puschkin-Platz und die Kriminalität - es ist ein Thema, an dem sich in den vergangenen Jahren schon viele abgearbeitet haben. Schon vor sechs Jahren erzählten Passanten, sie würden sich nachts nicht in den Park trauen. Und die AfD machte den Puschkinplatz 2019 zum Wahlkampfthema, leuchtete ihn mit Notstromaggregaten aus.
Vor allem die Frage, ob und in welchem Ausmaß in der denkmalgeschützten Anlage Drogen gehandelt werden, bewegt viele in Riesa. Kein Wunder also, dass Andreas Wnuck auch mit dieser Frage konfrontiert war, als er jetzt im Stadtrat über die Kriminalstatistik in Riesa und der Region sprach.
Einige Stadträte bewegte dabei vor allem die Frage, warum die Polizei am Puschkinplatz nicht einfach mutmaßliche Konsumenten oder Dealer kontrolliert. Sogenannte anlasslose Kontrollen sind allerdings an strenge Regeln geknüpft, wie der Chef des Riesaer Polizeireviers betonte. In Zukunft könnte sich das aber ändern, zumindest am Puschkinplatz. "Wir sind gerade dran, den Platz zum verrufenen Ort zu erklären", sagte Andreas Wnuck in der Sitzung. Ein entsprechender Antrag sei beim Innenministerium gestellt.
Mehr Drogendelikte aufgedeckt als 2020
Ein "verrufener" oder "gefährlicher Ort" ist ein räumlich begrenztes Gebiet, in dem eben solche anlasslosen Kontrollen möglich sind. 29 solcher Gebiete gab es bis Mitte des Jahres sachsenweit, das geht aus der Antwort der Staatsregierung auf eine Anfrage der Landtagsabgeordneten Juliane Nagel (Die Linke) hervor. Dazu gehören etwa der Alaunplatz in Dresden oder Teile der Eisenbahnstraße in Leipzig.
Grundsätzlich konzentrieren sich die verrufenen Orte auf die Großstädte. Aber auch in Döbeln tragen zwei Plätze mittlerweile diesen Status. Bewilligt das Innenministerium den Antrag aus Riesa, könnte auch auf dem Puschkinplatz strenger kontrolliert werden. Allerdings müsste so ein Antrag nach einem Jahr neu gestellt und entsprechend bewertet werden.
Auch abseits des Puschkinplatzes waren die Drogendelikte in Riesa das Thema, das den Stadträten unter den Nägeln brannte. Während die Zahl der erfassten Straftaten von 2020 zu 2021 in Riesa allgemein zurückging, von 2.242 auf 1.914, deckte die Polizei vergangenes Jahr mehr Drogenfälle auf. Das sagt noch nichts darüber aus, ob auch wirklich mehr gedealt und konsumiert wird, oder einfach nur mehr Fälle bekannt wurden.
Manchen Zuhörer besorgte die Zahl trotzdem. 139 Drogendelikte in Riesa und 255 im gesamten Revierbereich, das seien Zahlen, die mit einer Großstadt nicht ansatzweise vergleichbar sind, sagt Andreas Wnuck. "Aber es ist ein Zeichen für uns, dass wir hart am Ball bleiben müssen."
Ute Heine (AfD) etwa wollte wissen, was denn eigentlich in Riesa gehandelt wird und fragte später auch zu den Fallzahlen an Schulen nach. Die erste Frage konnte Andreas Wnuck deutlich beantworten: "Crystal ist leider gesellschaftsfähig geworden", so der Revierleiter. Heroin spiele nur in geringem Maß eine Rolle, Kokain sei zu teuer.
Polizei bittet Lehrer und Eltern um Mithilfe
Von den Schulen im Revierbereich seien insgesamt fünf Fälle von Handeltreiben angezeigt worden. Eine geringe Fallzahl, aber eben dennoch fünf zu viel, so Wnuck. Er nimmt in dem Zusammenhang Eltern und Lehrer in die Pflicht, Verdachtsfälle zu melden. "Die Informationen müssen uns erreichen, dann handeln wir auch." Aber es könne niemand ein Interesse daran haben, dass Polizisten auf dem Schulhof stehen.
Grundsätzlich verlangten die Fälle jugendlicher Konsumenten ohnehin gewisses Fingerspitzengefühl. Parallel wird weiter präventiv gearbeitet: Ein Beamter am Polizeirevier Riesa sei in Vollzeit damit beschäftigt, an den Schulen über Drogen aufzuklären.
Welche Folgen die jetzt angestrebte Maßnahme am Puschkinplatz am Ende hat, das muss sich zeigen. Im Stadtrat machte Andreas Wnuck deutlich, dass die Polizei auf viele Verdachtsfälle ein Auge hat. Nirgendwo im Landkreis würden so viele Telefone mutmaßlicher Straftäter überwacht wie im Revierbereich Riesa. "Es bringt aber nichts, die Kleinen aus dem Verkehr zu ziehen." Das Ziel seien die Drahtzieher.