Riesa. Der Blick ins Vogelhäuschen stimmt den Riesaer traurig, der sich in der Redaktion meldet. "Ich sehe hier bei uns in Weida nur noch Tauben und Krähen", sagt er. Andere Vogelarten gebe es kaum noch. "In diesem Jahr ist mir bisher keine einzige Meise auf dem Balkon aufgefallen." Er habe den Eindruck, die Artenvielfalt in der Stadt hat abgenommen. Aber stimmt das auch?
Bei einem Spaziergang durch Weida fallen derzeit tatsächlich jede Menge Saatkrähen auf. Auf den Wiesen rings um die Schulen an der Magdeburger Straße suchen sie nach Futter, regelmäßig ist hier das charakteristische Krähen zu hören. Von einer Plage will ein älterer Herr nicht sprechen, der sich gerade draußen die Beine vertritt. Er winkt ab. "Das ist doch jedes Jahr so", sagt er. "Die Vögel kommen aus dem Osten, wo's kalt ist. Wenn es hier wieder wärmer wird, ziehen sie wieder ab." Tatsächlich sind größere Schwärme der schwarzen Tiere in den kalten Monaten nicht ungewöhnlich - auch, wenn sie immer wieder für Aufsehen sorgen.
Bleibt die Frage nach der Artenvielfalt. Denn gerade im Vergleich mit den Saatkrähen scheinen sich andere Standvögel wirklich etwas rar zu machen. Von den jüngeren Untersuchungen scheint das aber eher nicht gedeckt. In den vergangenen Jahren hatte Pro Natura die Verbreitung von Brutvögeln im Landkreis untersucht. Für Blau- und Kohlmeise stellten die Ornithologen dabei fest, dass die Bestände kreisweit eher zugenommen hatten. Im Riesaer Stadtgebiet waren sie demnach zumindest etwa konstant geblieben. Von einem Rückgang der Artenvielfalt könne jedenfalls so pauschal keine Rede sein, sagt auch der Riesaer Ornithologe Peter Kneis.
Welche Rolle spielt das Wetter?
Dabei kann es durchaus sein, dass Vogelfreunde derzeit weniger Spatzen und Meisen am Vogelhäuschen beobachten. Der Naturschutzbund Nabu hatte Anfang 2020 zu einer "Stunde der Wintervögel" aufgerufen - die gezählten Tiere waren eher ernüchternd. Ob das bei der nächsten Zählaktion im Januar 2021 auch so sein wird, ist noch offen. Laut Nabu könnte zumindest die Zahl der Blaumeisen zurückgegangen sein - denn die waren im Frühjahr von einer bakteriellen Infektionskrankheit bedroht gewesen. Aus dem Landkreis Meißen waren allerdings eher wenige Fälle gemeldet worden.
Der Grund für den vermeintlichen Vogelschwund an den Futterstellen könnte aber auch ganz trivialer Natur sein, vermutet Vogelkenner Peter Kneis: Die Tiere sind noch gar nicht auf Meisenknödel und Co. angewiesen. Darauf deuten auch die Daten des Nabu hin. Je kälter es in den vergangenen Jahren war und je dichter die Schneedecke, desto mehr Vögel konnten auch bei den Zählaktionen beobachtet werden. Gut möglich also, dass die Vielfalt an den Vogelhäuschen in Riesa-Weida bald zunimmt - sobald eben richtiges Winterwetter einsetzt. "Sobald richtig Frost einsetzt, kann das ganz anders aussehen", sagt Peter Kneis.