OB-Wahl in Riesa: Offiziell ein Duell

Riesa. Am Ende waren es deutlich mehr als nötig: 144 Unterstützer unterschrieben für Gunnar Hoffmann im Rathaus – trotz Einschränkungen durch Corona. Hundert Unterstützerunterschriften hätte der parteilose Stadtrat gebraucht, um bei der Oberbürgermeisterwahl in Riesa am 4. Juli antreten zu dürfen. Anders sein Kontrahent und Amtsinhaber Marco Müller, der als von seiner Partei CDU nominierter Kandidat keine solche Hilfe benötigte.
Am Dienstag prüfte Riesas Gemeindewahlausschuss die Wahlvorschläge für die Oberbürgermeisterwahl am 4. Juli und machte es offiziell: Das Rennen um das städtische Spitzenamt – wie bereits zuletzt 2014 – ein Duell. Mit einer personellen Änderung: Statt Uta Knebel von der Linkspartei heißt der Gegner von Marco Müller diesmal Gunnar Hoffmann.
Der 51-jährige Geschäftsführer eines Ladenbauunternehmens ist nach eigenem Bekunden überhaupt nicht überrascht, dass die Wahl ein Zweikampf ist. "Schließlich bin ich ja erst angetreten, weil bereits im Vorfeld zwei potenzielle Kandidaten ihr Mut verlassen hatte."
Bei Marco Müller sieht es etwas anders aus. Er sei "etwas überrascht, dass es nicht mehr Mitbewerber um das höchste Amt unserer Stadt gibt" und hätte sich "durchaus noch einen oder zwei weitere Kandidaten gewünscht", so der 45-Jährige. So auch Kontrahent Hoffmann. "Viele Kandidaten, innerhalb eines breiten politischen Spektrums zeugen davon, dass die politische Landschaft in einer Stadt in Ordnung ist", meint er.
Absagen bei der AfD
Beobachter hatten vor allem von der AfD erwartet, dass diese einen Kandidaten präsentiert. Immerhin stellt die Partei die zweitgrößte Stadtratsfraktion nach der CDU. Im Freistaat liegt die stärkste Oppositionspartei Umfragen zufolge derzeit sogar vor der CDU. Warum gibt es also keinen AfD-Kandidaten für Riesa? Man habe zwei geeignete Aspiranten gehabt, macht der Direktabgeordnete für Riesa im Landtag, Carsten Hütter (AfD), deutlich. Letztlich habe aber nach langer Überlegung keiner von beiden zugesagt.
Bleibt die Frage, wie es im Zweikampf Müller gegen Hoffmann nun weitergeht. Marco Müller erklärt dazu, sein Wahlkampf werde sich nicht wesentlich vom Alltag der vergangenen sieben Jahre unterscheiden. Er werde weiter "eng mit den Bürgern im Austausch sein" und wolle weiter "auf dem Markt, beim Bäcker, im Wirtschaftsforum, in den Vereinen und bei vielen Gelegenheiten" für seinen Weg werben, die Stadt "noch lebenswerter zu gestalten." Wen er nicht persönlich erreiche, werde er mit klassischen Mitteln wie Flyer oder Wahlplakaten um Vertrauen bitten, so der Amtsinhaber.
In puncto Wahlplakate wollen derweil Gunnar Hoffmann und weitere Stadträte ansetzen: Schon beim letzten Ratstreffen hatten die Fraktionen Die Linke und Gemeinsam für Riesa beantragt, die Sondernutzungssatzung zu ändern. Hintergrund: Die Satzung sieht eine bestimmte Aufteilung der 700 verfügbaren Plakatwerbeflächen im Sinne einer "abgestuften Chancengleichheit" vor. Nach Meinung der Fraktionen ist das unfair und muss vorm OB-Wahlkampf geändert werden. Eine Satzungsänderung steht aber vorerst aus.
Was weitere Schritte angeht, so könne er die momentan noch nicht beschreiben, sagt Gunnar Hoffmann. Nur so viel: Sein Wahlkampf werde "anders sein, als man Wahlkampf normalerweise gewohnt ist – authentischer, offener, ehrlicher und ja, auch mit Fehlern."
Marco Müller, der am Mittwoch beim Verteilen von Rosen auf Riesas Wochenmarkt gesichtet wurde, will im Kampf um Stimmen auf das setzen, was in seiner ersten Amtszeit geworden ist. Riesas amtierender OB verweist auf unter anderem "sanierte Schulen, Straßen, Brücken und viele nachhaltige Akzente in der Stadtentwicklung" – und eine "beharrliche Arbeit" in den vergangenen sieben Jahren. Als Anspielung auf den kürzlich revidierten Rücktritt von Gunnar Hoffmann aus dem Stadtrat lässt sich die Äußerung Marco Müllers verstehen, wonach "Wegducken und Hinschmeißen" für ihn nicht infrage komme, "auch wenn es schwierig wird."
Zwist um städtische Mitteilung
Für eine Debatte coram publico zeigen sich beide Wahlkämpfer offen. Gunnar Hoffmann: "Auch wenn Herr Müller ein sehr erfahrener Wahlkämpfer und -redner ist, freue ich mich auf eine öffentliche Diskussion mit ihm und hoffe auf ein breites Publikum." Marco Müller sieht in einem solchen Format vor allem die Chance, "den Bürgern die Vorhaben für die Zukunft zu umreißen".
Das demokratische Ringen um das Spitzenamt im Rathaus kann also offiziell beginnen. Ein erstes Scharmützel gibt es bereits um die Verkündung dieser Nachricht auf der Internetseite der Stadt. Dort teilte die Stadtverwaltung am Mittwoch auf wenigen Zeilen mit: "Marco Müller wird durch die CDU aufgestellt und ist derzeit Oberbürgermeister der Stadt Riesa. Gunnar Hoffmann kandidiert als Einzelbewerber. Er ist Geschäftsführer eines Unternehmens und als Parteiloser auf FDP-Mandat Mitglied des Riesaer Stadtrates." Am Verweis auf das FDP-Mandat störte sich Gunnar Hoffmann, da dies aus seiner Sicht eine Parteiabhängigkeit suggeriert, die er nicht habe. Hoffmann forderte die Stadt zur Änderung des Textes bis Donnerstagnachmittag auf. Eine solche blieb aber aus.
Der emeritierte Dresdner Politikwissenschafts-Professor Werner J. Patzelt sah auf Anfrage am Donnerstag wenig Erfolgschancen für Hoffmanns Vorstoß. Es sei schließlich Fakt, dass dieser über die FDP-Liste in den Stadtrat gekommen sei und das sei auch allgemein bekannt, so Patzelts Ad-hoc-Einschätzung. Zudem hätten die Bürger ein durchaus legitimes Interesse an der politischen Biografie des Kandidaten.
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