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Oberschule Gröditz: CDU, AfD und Linke lehnen Beschluss ab

Ein Grundsatzbeschluss zum Neubau der Oberschule am Eichenhain spaltet den Stadtrat. Auf Antrag der CDU wurde das Thema vertagt. AfD und Linke stimmten zu.

Von Jörg Richter
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Die Gröditzer Oberschule "Siegfried Richter" ist ein typischer DDR-Plattenbau und wurde vor rund 20 Jahren schon einmal aufwendig saniert.
Die Gröditzer Oberschule "Siegfried Richter" ist ein typischer DDR-Plattenbau und wurde vor rund 20 Jahren schon einmal aufwendig saniert. © Foto: SZ/Eric Weser

Gröditz. Dass ausgerechnet AfD und Linke seinem Antrag folgen, behagt CDU-Fraktionschef Matthias Köhler überhaupt nicht. Zu Beginn der Gröditzer Stadtratssitzung beantragte er, den Punkt 5 der Tagesordnung abzusetzen. Mit diesem sollte der Stadtrat einen Grundsatzbeschluss über die Zukunft der Oberschule "Siegfried Richter" fassen.

Dabei scheinen sich mehrere Stadträte an dem Begriff "Grundsatzbeschluss" zu stören. Vor allem, weil in der Beschlussvorlage auch noch vom "Grundsatzbeschluss für den Neubau der Oberschule am Eichenhain" die Rede ist. Das geht ihnen zu weit. Sie befürchten, dass damit der Neubau am Eichenhain zementiert werden soll. Dieser gilt in der Bevölkerung als umstritten.

Neue Studie zur Zukunft der Schule

Hintergrund ist eine neue Studie über die Zukunft der Oberschule, die Anfang des Jahres in Auftrag gegeben wurde. Sie sollte untersuchen, was besser ist: eine Sanierung der jetzigen Oberschule im "Musikerviertel" oder ein Neubau am anderen Ende der Stadt, am Eichenhain. Dabei hatte es bereits eine ähnliche Studie gegeben, der die Stadträte aber wenig Vertrauen schenkten. Sie favorisierte den Neubau am Eichenhain zu deutlich.

Das sei nichts weiter als eine "Gefälligkeitsstudie" für den ehemaligen Bürgermeister Jochen Reinicke gewesen, kritisiert Linken-Stadtrat Ulrich Keil. Auch Reinicke war ein Verfechter für den Neubau am Eichenhain – trotz aller Bedenken wegen des abgelegenen Standorts, zu dem die Schüler über eine Bahnschranke müssen. Außerdem ist bislang nicht geklärt, was aus dem ehemaligen DDR-Schulbau im Musikerviertel werden soll und woher das Geld für den Neubau kommen soll.

Vor allem diese Argumente führt Matthias Köhler ins Feld. "Die Situation für Fördergelder wird in Sachsen von Jahr zu Jahr schlechter", sagt der CDU-Fraktionschef. Zudem gehen die Schülerzahlen zurück. Eine Sanierung und Erweiterung sei auf alle Fälle günstiger.

Köhler befürchtet, dass der Grundsatzbeschluss dazu führt, alle Gedanken an eine Sanierung im Keim zu ersticken und nur den Neubau im Blick zu behalten. Er sagt: "Wenn man nur in einer Richtung sucht, kann man in der anderen nichts finden."

Köhler kam AfD zuvor

Ins gleiche Horn bläst auch AfD-Fraktionschef Dirk Wartenberg. "Es gibt viele Dinge, über die man noch reden muss, ehe man so eine Grundsatzentscheidung trifft", sagt der Spansberger. Er verrät: "Auch von uns wäre der Antrag gekommen, diesen Tagesordnungspunkt abzusetzen." Köhler sei ihm zuvorgekommen.

Auch die neue Studie tendiert in Richtung Neubau, aber weniger zwingend. Ulrich Keil kritisiert, dass viele Gröditzer bisher keine Kenntnis über das Ergebnis dieser Studie haben. Sie sei erstmals in einer nicht öffentlichen Stadtratssitzung vorgestellt worden, zu der nicht einmal die Schulleiterin eingeladen war. Keine drei Wochen sei das her.

Norbert Ehme von der CDU spricht von einem Debakel. "Ich war wie geplättet", sagt er und kritisiert den Alleingang seines Fraktionschefs. Denn Ehme war nicht der einzige Christdemokrat, der dem Antrag von Köhler nicht folgte. Zwei weitere CDU-Stadträte enthielten sich der Stimme. Das kam für Ehme aber nicht infrage. "Ich habe mich noch nie enthalten", sagt er. "Entweder bin ich für oder gegen etwas."

In diesem Fall habe er der Absetzung des Tagesordnungspunktes 5 widersprochen. "Es war doch nur eine Grundsatzentscheidung und noch kein richtiger Beschluss, dass die Oberschule am Eichenhain gebaut wird", sagt er. Ehme folge damit der Argumentation der Stadtverwaltung.

Auf Nachfrage von Sächsische.de bestätigte Bürgermeister Enrico Münch, dass in der Stadtratssitzung am Dienstag der Begriff "Grundsatzbeschluss" nicht thematisiert wurde. Es habe dazu keinerlei Wortmeldung gegeben. "Die Änderung der Begrifflichkeit wäre unkompliziert im Rahmen der Abstimmung möglich gewesen", so Münch.

Möglicherweise hätte sich dann der ein oder andere Stadtrat gegen die Absetzung dieses Tagesordnungspunktes entschieden. So aber waren neun dafür, acht dagegen und zwei enthielten sich. Köhler war der einzige CDU-Mann, der dafür stimmte.

Bürgermeister befürchtet Stillstand

"Die Beratungen zu diesem Thema laufen bereits seit fast zwei Jahren", sagt Münch. Es habe zwei umfangreiche Untersuchungen und zwei Workshops mit Stadträten, Einwohnern und Sachverständigen gegeben. Als Konsequenz für Köhlers erfolgreichen Antrag befürchtet er "einen sehr langen Stillstand für die angedachte Entwicklung von Gröditz, da mit diesem Beschluss der Stadtumbau und die Zukunft der Stadtentwicklung vorerst gestoppt werden. Leidtragende sind sowohl die Vereine, die Wohnungsgesellschaften und natürlich die zukünftige Generation von Lehrern und Schülern." Entsprechend verärgert hätten Schüler und Lehrer die Stadtratssitzung verlassen.

Die Stadtverwaltung halte an ihrer Konzeption fest und werde weitere Beratungen dazu durchführen, so der Bürgermeister. "Sollte sich der Beschluss im Stadtrat immer weiter verzögern, werden dann hohe Kosten in die jetzige Schule investiert. Die Schule wird trotz der hohen Investitionen nicht den Standard einer modernen zukunftsorientierten Oberschule aufweisen. Die Schule entspricht auch nicht im Mindesten der UN-Behindertenrechtskonvention."