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Riesaer Lokal trotz Lockdown geöffnet?

Abendessen bei Kerzenschein im Restaurant? In einem Riesaer Lokal soll das angeblich möglich sein. Der Betreiber äußert sich widersprüchlich.

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Essen im Restaurant? Das ist momentan – zum Ärger vieler Menschen – nicht erlaubt. In Riesa soll ein Lokal aber ganz normal geöffnet sein.
Essen im Restaurant? Das ist momentan – zum Ärger vieler Menschen – nicht erlaubt. In Riesa soll ein Lokal aber ganz normal geöffnet sein. © Pixabay/Free-Photos

Riesa. Die Corona-Schutz-Verordnung lässt keinen Zweifel zu: Das Regelwerk verbietet unter anderem die Öffnung von gastronomischen Betrieben. Ausgenommen sind Lieferung und Abholung von "mitnahmefähigen Speisen", wie es in der Verordnung heißt. Um im Lockdown Umsätze zu machen, bieten viele Restaurants in Riesa und Umgebung diese Dienste an.

Ein Restaurant in der Stadt soll außerdem jedoch ganz normal geöffnet sein. Warum dürfe das Lokal an der Gutenbergstraße aufhaben, heißt es in einer über Facebook an die SZ gerichteten Nachricht. Versendet wurde sie von einem Profil mit einem weiblichen Allerweltsnamen. Ein Profilfoto fehlt, auch Freunde oder weitere Informationen sind nicht auszumachen. Offenbar handelt es sich um eine fingierte Identität. Gleichwohl wiegen die Vorwürfe in Richtung des Restaurantbetriebs schwer: "Mir selber haben sie angeboten, dass ich dort essen könnte, auch wenn wir zu viert kommen würden. Ich fand das sehr suspekt, also bin ich dort abends lang gefahren und tatsächlich sitzen dort welche und essen gemütlich im Kerzenlicht."

Eine Recherche vor Ort am Dienstagabend scheint diese Schilderungen zu bestätigen. Von außen wirkt es, als laufe in dem Lokal nahe der gesperrten Blechbrücke ein regulärer Restaurantbetrieb. Eine Gruppe aus mehreren jungen Männern und Frauen betritt kurz nach 19 Uhr das Restaurant, zieht seine Jacken aus und nimmt auf den Stühlen Platz. An einem anderen Tisch sitzen weitere Menschen einander gegenüber. Mund-Nasen-Schutz tragen sie augenscheinlich nicht. Auch das Personal nicht. Lediglich ein am Tresen nahe dem Eingang wartender Mann, der offenbar eine Bestellung abholt, hat eine Maske auf.

Nachfrage beim Inhaber am Tag darauf. Hat er sein Restaurant regulär für Gäste geöffnet? Der Lokalbetreiber äußert sich im Laufe des längeren Telefonats mehrfach widersprüchlich. Zunächst dementiert er, geöffnet zu haben, um dann zum Ausdruck zu bringen, dass das Lokal doch offen sei. "Ab und zu mal, wenn Kumpels oder Familie" kämen. "Aber nicht so offiziell, das kann man nicht machen." Man kenne ja die Gesetze in Deutschland. Die Fünfergruppe vom Vorabend zum Beispiel seien italienische Monteure gewesen, erklärt der Wirt.

Merkel müsste selbst kommen

Eigentlich wisse er aber gar nicht, warum er zu habe, sagt der Inhaber. Bis heute habe er schließlich keinen Brief von offizieller Stelle erhalten, der das vorschreibe. Bei allen anderen Dingen, gibt der Lokalbetreiber zu verstehen, kämen ja auch Briefe von Ämtern – etwa bei der Steuer. Dass er sein Lokal nicht öffnen darf, diese Information sei aber nur übers Fernsehen oder Facebook zu ihm gelangt. Seinen Briefkasten müsse er öffnen, einen Fernseher besitzen aber nicht. "Wenn Angela Merkel mit Brief und Siegel kommt, dann mach' ich zu." Aber so, wie es derzeit laufe – mit Fake News und allem, was bei Facebook stehe und den neuen Gesetzen, die jeden Tag kämen: "Das kann ich so nicht mitmachen."

Verärgert äußert sich der Wirt schließlich darüber, dass er "verpetzt" worden sei und stellt Verdächtigungen an, durch wen. Ein Kunde, der am Vorabend Pizza geholt hat, gerät ins Visier. Aber es sei "vielleicht auch eine Busfahrerin, die dahintersteckt." Dass es andere Gastronomen sein könnten, schließt der Mann aus. Andere Lokale hätten schließlich dieselben "Schmerzen" wie er. Gleichwohl kritisiert der Wirt, dass andere Riesaer Restaurants die Corona-Auflagen hinnehmen. "Ich habe alle Gastronomen in Riesa gebeten, sich dagegen zu wehren", betont der Wirt. Aber niemand habe gewollt. Er könne aber nicht wie andere zuhause bleiben, weil er zwei Millionen Euro in Riesa investiert habe. "Ich habe enorme Kosten, die ich bezahlen muss."

2.500 Euro Bußgeld möglich

Bleibt die Frage, ob die Behörden das womöglich geöffnete Restaurant auf dem Schirm haben. Riesas Stadtsprecher Uwe Päsler erklärt, der Stadt sei der Sachverhalt nicht bekannt. "Uns erreichen aber wöchentlich mehrere Hinweise zu Lokalen, Geschäften, Ansammlungen und anderen Missständen, die je nach Qualität geprüft werden." Denn: Oft entstünden die Hinweise auch durch Unkenntnis oder Fehlinterpretation der geltenden Verordnungslage, "was aufgrund der Schnelllebigkeit der Verordnungen sicher nicht ungewöhnlich ist", wie der Rathaussprecher erläutert.

Die Vollzugsbediensteten des städtischen Ordnungsamtes seien beim Außendienst generell und auch außerhalb von Corona verpflichtet, jeglichen Vorgang zu prüfen und zu ahnden – beziehungsweise an die zuständige Behörde zu melden. Im Fall der Corona-Schutz-Verordnung liege diese Zuständigkeit beim Landratsamt.

Unerlaubte Restaurantöffnungen in der Corona-Zeit hatte die Kreis-Behörde registriert: So ergab eine Antwort der Staatsregierung auf eine Kleine Anfrage des AfD-Politikers Thomas Kirste, dass im Oktober 2020 zwei Fälle von unerlaubtem Gaststättenbetrieb in Riesa aktenkundig geworden waren. Der derzeitige Corona-Bußgeld-Katalog sieht bei vorsätzlichem Verstoß gegen das Öffnungsverbot 2.500 Euro Bußgeld vor. (SZ)

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