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Ex-Dynamo Oswald über „die größte Herausforderung“

Karsten Oswald, Ex-Profi von Dynamo Dresden und Trainer des Fußball-Landesligisten Stahl Riesa, hatte Corona. Auch seine Familie war betroffen.

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Der Riesaer Trainer Karsten Oswald hat selbst eine Corona-Infektion ohne schwere Symptome überstanden.
Der Riesaer Trainer Karsten Oswald hat selbst eine Corona-Infektion ohne schwere Symptome überstanden. © Archiv: Christian Kluge

Riesa. Die Saison in der Fußball-Landesliga ist unterbrochen. Die 20 Mannschaften haben bisher zwischen neun und zwölf Punktspiele absolviert, dadurch ist das Tabellenbild verzerrt. Die Hinrunde (19 Spieltage) sollte am 12. März 2022 beendet werden. Dieser Termin kann nicht mehr gehalten werden.

Ob anschließend eine Meisterrunde und eine Abstiegsrunde mit jeweils zehn Teams trotzdem noch gespielt werden kann, muss abgewartet werden. Tabellenzehnter ist aktuell der Radebeuler BC mit 15 Zählern aus zehn Partien.

Die BSG Stahl Riesa rangiert mit zwölf Punkten aus elf Spielen auf Platz 13. Der 46 Jahre alte Cheftrainer Karsten Oswald, seit 1. Juli 2020 im Amt, fehlte in den letzten Begegnungen der Riesaer aufgrund einer Quarantäne. Am Samstag hätte der Ex-Profi, der zwischen 2004 und 2006 bei Dynamo Dresden in der 2. Bundesliga unter Vertrag stand, bei der BSG Stahl erstmals wieder auf der Trainerbank gesessen.

Herr Oswald, wie geht es Ihnen nach Ihrer Corona-Erkrankung?

Danke, alles in Ordnung. Auch meine Frau und die beiden Mädels hatte es erwischt. Meine Töchter waren wie ich praktisch symptomfrei, meine Frau fühlte sich fünf, sechs Tage schlapp, so wie während einer Grippe. Auch der Geruchs- und Geschmackssinn waren bei ihr weg. Jetzt ist aber wieder alles gut. Keine Ahnung, wo wir uns angesteckt hatten.

Eine Ihrer Töchter spielt aktiv Fußball. Wie kommt sie mit der Situation klar?

Die zwei Wochen Quarantäne zu Hause waren für uns alle die größte Herausforderung. Von 1.000 auf fast null. Meine „Kleine“ ist jetzt 15, spielt immer noch im Dorfverein mit den Jungs und mit einem Zweitspielrecht bei den C-Jugend-Mädchen von RB Leipzig. Am Wochenende durfte sie noch spielen. Mal schauen, wie es im Nachwuchsbereich weitergeht.

Der Verband hatte während der Vorwarnstufe den Vereinen die Entscheidung überlassen, ob gespielt wird oder nicht. War das ein Fehler?

Ich fand es gut, dass die Vereine ein Mitspracherecht hatten. Das fordern wir doch alle immer wieder ein. Also nein, ich sehe das nicht als Fehler. Wir wollten spielen und sind dann auch nach Leipzig gefahren. Nicht alle Jungs waren dabei, weil wir sonst die Ungeimpften-Grenze überschritten hätten. Ich musste aufgrund der Quarantäne passen. Aber die Bedingungen sind für alle Vereine gleich, nur den einen erwischt es eben mal schwerer – wie auch bei Verletzungen.

In Sachsen geht nichts mehr, in Sachsen-Anhalt wurden am Wochenende unter der 3G-Regel aber noch Oberligaspiele ausgetragen. Können Sie das nachvollziehen?

Nein, diese Unterschiede sind doch Irrsinn. Ich bekomme das beim ZFC Meuselwitz, der in der Regionalliga Nordost zu Hause ist, hautnah mit. Die Sachsen dürfen zu Hause nicht mehr spielen, aber in Sachsen-Anhalt treten die sächsischen Teams an. Wer soll so etwas noch verstehen?

In Ihrer Mannschaft waren etliche Corona-Fälle aufgetreten. Wie muss man sich das Training danach vorstellen?

Wir haben alles runtergefahren, teilweise nur noch mit acht Mann trainiert. Manche Jungs kamen erst einen Tag vor einem Punktspiel aus der Quarantäne. Ich habe dann auch einen befreundeten Arzt konsultiert, wie man mit der Belastungssteuerung umgeht. Ich habe als Trainer schließlich Verantwortung, auch für die Gesundheit meiner Spieler.

Die BSG hat in dieser Serie viel Verletzungspech. Inwieweit führen Sie das auch auf den monatelangen Lockdown zurück, in dem die Jungs fußballspezifisch nicht trainiert haben?

Sicherlich müssen wir die Gründe auch in diesem Bereich suchen. Es war klar, dass das die ersten fünf, sechs Partien laufen wird und danach die Probleme auftreten. Wir befinden uns im Amateurbereich, keiner hat da richtig Kontrolle, was die Jungs während eines Lockdowns gemacht haben. Einige kamen dann logischerweise auch mit ein paar Pfunden zu viel auf den Rippen zum ersten Training. Aber im Spiel powern sich die Spieler fast immer aus, gehen körperlich oft an ihre Grenzen. Da kannst du darauf warten, dass Muskelverletzungen oder Zerrungen auftreten.

Die Saison ist unterbrochen. Was sagt Ihr Bauchgefühl, wie lange wird es bis zum Restart dauern?

Ganz schwierig zu sagen. Auf keinen Fall können wir wieder bis zum Sommer pausieren. Dann bekommen wir das Vereinssterben auf dem Silbertablett serviert. Sieben Monate Pause sind nicht mehr zu stemmen. Den Vereinen fehlen die Einnahmen, auch weil Mitglieder abspringen. Vielleicht können wir Ende Februar, Anfang März weitermachen. Dass es geht, beweisen andere Bundesländer. Ich bleibe optimistisch.

Angenommen, es kommt zum Abbruch der Saison. Nach dem 15. Spieltag kann die Saison gewertet werden, das wären für Ihre Mannschaft nur noch vier Partien. Der Verband will dann auch an der Abstiegsregelung festhalten. Wie stehen Sie dazu?

Ich habe schon vor der Saison gesagt, dass ich nicht verstehe, dass die Landesliga mit aller Macht wieder auf 16 Mannschaften reduziert werden muss und dafür bis zu acht Absteiger in Kauf genommen werden. Die jungen Kerle wollen Fußball spielen und da ist ein 20er Feld aus meiner Sicht überhaupt kein Problem - vorausgesetzt es gibt kein Corona. Also, die Abstiegsregelung finde ich nicht gut, aber alle Vereine haben im Sommer dieses Jahres zugestimmt. Also müssen wir damit leben und die sportlichen Konsequenzen am Ende tragen.

Beim ZFC Meuselwitz, bei dem Sie fest angestellt sind, gab es kürzlich einen Trainerwechsel. Wäre diese Aufgabe für Sie interessant gewesen?

Ich muss erst einmal eine kleine Korrektur anbringen. Ich bin in der Firma von Hubert Wolf, dem ZFC-Präsidenten, angestellt. Und ja, diese Aufgabe wäre für mich sehr reizvoll gewesen. Ich habe für den ZFC von 2008 bis 2012 gespielt, bin seit 13 Jahren beim Verein. Jeder hier kennt mich, weiß, dass ich meine Meinung offen sage. Vielleicht habe ich dadurch nicht ins Suchraster gepasst?! Menschen lernen und entwickeln sich weiter, gewinnen an Qualität in Bezug auf ihre Trainer-Tätigkeit. Im Fußball muss man hin und wieder auch mal Geduld aufbringen und das kann ich. Hals über Kopf wäre ich in Riesa sowieso nicht davongerannt, das wissen die Stahl-Verantwortlichen auch.

Das Gespräch führte Jürgen Schwarz.