Wen die Ratsfraktionen als OB empfehlen

Riesa. Wer als Oberbürgermeister Politik machen möchte, kommt nicht am Stadtrat vorbei. Um wichtige Projekte voranzubringen, braucht es die Stimmenmehrheit der 30 Bürgervertreter, die sich in Riesa in fünf verschiedenen Fraktionen zusammengeschlossen haben. Wie sehen diese Fraktionen die OB-Kandidaten Gunnar Hoffmann (parteilos) und Marco Müller (CDU)? Bei welchem der beiden empfehlen sie den Riesaern, bei der Wahl am 4. Juli ihr Kreuz zu setzen? Sächsische.de hat sich erkundigt – und teils überraschende Rückmeldungen erhalten.

Die CDU
Die Christdemokraten sind mit acht Räten die größte Fraktion und unterstützen – wenig überraschend – den CDU-Kandidaten Marco Müller. Der CDU-Stadtverband habe den Amtsinhaber "mit überragender Mehrheit nominiert – auch mit den Stimmen unserer Fraktion", so Fraktionschef Helmut Jähnel auf Nachfrage. "Wir empfehlen deshalb einmütig, den erfolgreichen Weg gemeinsam mit dem jetzigen Oberbürgermeister fortzusetzen – auch, weil wir sein vorbehaltloses Bekenntnis zu unserer Stadt schätzen." Kritik äußert der CDU-Fraktionschef im gleichen Zug an Müllers Kontrahenten. Gunnar Hoffmanns Rückzug vom Rückzug aus dem Stadtrat samt anschließender OB-Kandidatur sei den Christdemokraten "zu unstet, um eine Stadt für viele Jahre zu entwickeln".
Die AfD
Nur einen Sitz weniger als die CDU zählt die Riesaer AfD-Stadtratsfraktion. Nach einer Wahlempfehlung befragt, erklärt Fraktionschef Joachim Wittenbecher, man sei darüber verwundert – und verweist auf das Wahlgeheimnis. Jeder Bürger hat das Recht, Wahlveranstaltungen zu besuchen, um sich ein Bild über die zu wählenden Kandidaten zu machen: "Jeder Bürger soll frei entscheiden, für welchen Kandidaten er sich entscheidet und das in geheimer Wahl, das ist unsere zutiefst demokratische Legitimation."
Die Linke
Eine Handvoll Räte bilden im Stadtrat derzeit die Linken-Fraktion um Uta Knebel. Die Gruppierung unterstützt Gunnar Hoffmann, "weil wir in vielen inhaltlichen Fragen übereinstimmen", sagt die Linken-Fraktionschefin auf Nachfrage. Als Beispiel nennt sie Übereinstimmungen bei der Debatte um die städtischen Gesellschaftsverträge. Bei der Planung der Riesaer Schulstandorte sei Hoffmann ebenso kritisch wie die Fraktion der Linken. Die Fraktions-Position pro Hoffmann begründet die Uta Knebel außerdem damit, dass "wir leider in der Vergangenheit an Formalien gescheitert sind, statt in der Sache die Stadt nach vorn zu bringen". Ein solches Vorgehen habe Amtsinhaber Marco Müller betrieben – und das funktioniere so nicht.
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Gemeinsam für Riesa
Nach einem Fraktionswechsel von FDP-Stadtrat Sven Borner war die Fraktion "Gemeinsam für Riesa" unlängst von sechs auf fünf Köpfe geschrumpft. Zur Frage einer Wahlempfehlung möchte sich die Gruppierung, der auch OB-Bewerber Gunnar Hoffmann angehört, nicht äußern. Fraktionsmitglied Markus Mütsch begründet das gegenüber sächsische.de mit juristischen Bedenken: Die Fraktionen seien Teil des Stadtrats und damit Teil eines Gemeindeorgans. Als solches dürften Fraktionen zur OB-Wahl keine Meinung haben. "Die Frage wäre, ob so etwas rechtswidrig wäre oder sogar ein Wahlanfechtungsgrund sein könnte", so Mütsch.
Unternehmen Riesa – unabhängig, frei, bürgernah
Trotz hinzugewonnenem Mitglied ist die Fraktion "Unternehmen Riesa – unabhängig, frei, bürgernah" weiter die kleinste im Riesaer Stadtrat. Die vierköpfige Gruppe um ihren Vorsitzenden Falk Dierchen möchte sich nicht für einen der beiden Riesaer OB-Bewerber positionieren. "Da wir mit unserer Fraktion ein großes Spektrum an Riesaer Bürgern vertreten, können und wollen wir keine gemeinsame Wahlempfehlung aussprechen", so Dierchen.
NPD
Die rechtsextreme NPD stellt keine Fraktion, da mit Jürgen Gansel nur ein Vertreter im Riesaer Stadtrat sitzt. Für ihn seien beide OB-Kandidaten unwählbar, schreibt Gansel in einer Stellungnahme zur Wahl auf Facebook. "Systemvertreter sollten nicht gewählt werden und damit noch eine Form der Legitimation bekommen."