Riesa
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Riesaer Flüchtlingshelfer suchen Unterstützung

Der Krieg gegen die Ukraine hat das Riesaer Sprachcafé vor neue Herausforderungen gestellt. Sächsische.de hat die Initiative in Gröba besucht.

Von Sarie Teichfischer
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Spielerisch Deutsch lernen bei Kaffee und Keksen: Uli Bolte, Ismahan Kamal, Orabi Hamdan, Bilal Alali und Abdelmmulik Alhammoud (vlnr).
Spielerisch Deutsch lernen bei Kaffee und Keksen: Uli Bolte, Ismahan Kamal, Orabi Hamdan, Bilal Alali und Abdelmmulik Alhammoud (vlnr). © Andreas Weihs

Riesa. Die Stimmung ist gut im Stadtteilhaus. Eine Handvoll Leute sitzt am Tisch, es gibt Kaffee. Man unterhält sich. Nicht jeder kann sehr gut Deutsch, wie man hört. Aber genau das ist ein Grund, warum die Männer und Frauen da sind. Denn beim sogenannten Riesaer Sprachcafé geht es auch darum, dass Teilnehmer die Sprache besser lernen.

Mehr als eine Sprachlernstunde

Volker Herold ist ehrenamtlich bei der Initiative Sprachcafé Riesa.
Volker Herold ist ehrenamtlich bei der Initiative Sprachcafé Riesa. ©  Archivfoto: Claudia Hübschmann

Heißt konkret: "Wie kann es uns gelingen, neue Mitmenschen stärker einzubeziehen und ihnen die Möglichkeit zu geben, die Stadt mitzugestalten?" Herold erzählt: "Wir haben damals die Initiative gegründet, um kurzfristig etwas in der Flüchtlingskrise zu tun." Man habe zu dem Zeitpunkt gedacht, alles sei nur eine Phase und in zwei Jahren wieder vorbei. "Aber genau das ist nicht passiert", sagt der ausgebildete Sozialpädagoge, der 20 Jahre für den Verein Sprungbrett gearbeitet hat.

Plötzlich wieder wie 2015/16

Das Sprachcafé war als offener Treff entstanden, wo man zweimal pro Woche an einem Nachmittag hinkommen kann, um sich bei Kaffee und Kuchen austauschen, sich Hilfe bei Bewerbungen oder Ämtergängen zu holen oder einfach gemeinsam ein Brettspiel zu spielen. "Das hatte sich gerade so eingepegelt, als der Ukraine-Krieg kam und wir plötzlich die gleiche Situation wie 2015/16 hatten", erzählt Volker Herold. Wie damals seien binnen kurzer Zeit viele Asylbewerber in die Stadt gekommen – die in der Regel kein Deutsch konnten. "Also haben wir im April dieses Jahres wieder mit Sprachkursen angefangen."

Film von ukrainischer Regisseurin

Die abrupt geänderte Situation hatte auch Folgen für ein Projekt, das die Sprachcafé-Macher 2019 aus der Taufe gehoben hatten und nach zwei Jahren Coronapause dieses Jahr wiederbeleben wollten: das "Interkulturelle Filmfest Riesa". Man sei jedoch mit ukrainischen Flüchtlingen beschäftigt gewesen, dass ein ganzes Festival zu organisieren schlicht nicht möglich gewesen sei, so Volker Herold. "Aber einen Film wollten wir wenigstens zeigen." Am Montagabend lief im Riesaer Kino deshalb der Streifen "This rain will never stop" der ukrainischen Regisseurin Alina Horlowa aus dem Jahr 2020. Der Dokumentarfilm befasst sich mit dem Thema Flucht und erhielt zahlreiche Auszeichnungen auf internationalen Filmfestivals.

Sprachkurse wichtig für Berufseinstieg

Vor fünf Jahren war das Sprachcafé von einer Gruppe Menschen ins Leben gerufen worden, die sich seit 2015 ehrenamtlich für Geflüchtete in Riesa engagiert. Schwerpunkt der Arbeit waren dabei ursprünglich Angebote zum Deutschlernen. "Integration und Inklusion sind allerdings mehr als das", sagt Volker Herold von der Initiative Sprachcafé. Es gehe auch um kulturelle und gesellschaftliche Teilhabe.

Das Stadtteilhaus an der Gröbaer Hafenstraße befindet sich direkt an der B 182.
Das Stadtteilhaus an der Gröbaer Hafenstraße befindet sich direkt an der B 182. © Sebastian Schultz

Nun konzentriert sich die Initiative erst einmal wieder voll auf die Sprachkurse. Momentan werden in der Gröbaer Hafenstraße zweimal pro Woche Deutschstunden angeboten. Sie dienen dazu, erwachsene Geflüchtete auf Sprachprüfungen vorzubereiten. Ein gewisses Sprachniveau vorweisen zu können, ist Voraussetzung dafür, eine im Heimatland erworbene Ausbildung auch hierzulande anerkannt zu bekommen.

Eine, die momentan daran arbeitet, ist Ismahan Kamal aus Somalia. Die 34-Jährige ist seit drei Jahren in Riesa. Sie sei sehr froh darüber, dass die Corona-Zeit vorbei ist. In der habe sie abgeschottet zu Hause gesessen, erzählt sie. Kamal hat in ihrer Heimat eine Ausbildung zur medizinischen Laborantin abgeschlossen und braucht nun ein sogenanntes B2-Zertifikat, das ein fortgeschrittenes Sprachlevel bescheinigt. Dafür bereitet sie sich seit einigen Monaten mithilfe von Uli Bolte im Stadtteilhaus Gröba vor. Der 72 Jahre alte Ruheständler, der früher beim Finanzamt gearbeitet hat, unterrichtet jetzt zweimal pro Woche Deutsch im Sprachcafé.

"Brauchen dringend Leute"

Ismahan Kamal ist immer dabei und kommt auch sonst gern hierher. "Ich habe hier schon zwei Freundinnen gefunden", erzählt sie strahlend: "Olga und Larissa aus der Ukraine".

Auch Volker Herold gibt selbst einen Deutschkurs. Er sagt: "Gern würden wir wieder mehr Aktivitäten wie Ausflüge oder Feiern planen, aber dafür sind gerade kaum Kapazitäten frei." Die sechs ehrenamtlichen Mitarbeiter seien momentan ausgelastet. "Wir brauchen dringend mehr Leute, die sich engagieren." Damit seien durchaus nicht nur Einheimische gemeint.

  • Der offene Treff des Sprachcafés findet montags und mittwochs von 17 bis 19 Uhr im Stadtteilhaus Gröba, Hafenstraße 2, statt.
  • Bei Interesse an Patenschaft und Deutschkursen sowie Nachfragen können sich Interessierte unter [email protected] oder 0176 10194847 an Martin Tritschler wenden.