Grüne erneuern ihre Hafen-Kritik

Riesa/Dresden. Es ist noch nicht ganz ein Jahr her, dass der Betreiber des Riesaer Hafens, die Sächsische Binnenhäfen Oberelbe (SBO), den dritten Rekord nacheinander verkündete. Mehr als 44.000 Containereinheiten waren im Vorjahr, also 2019, in Riesa umgeschlagen worden, noch einmal etwas mehr als 2018. Gute Nachrichten also, die zeigen, dass sich der Betrieb des Hafens im Stadtteil Gröba lohnt - oder?
Zumindest die sächsischen Grünen haben ihre Zweifel an der Erfolgserzählung. Die Fraktion verweist auf den Jahresabschluss der SBO, der mittlerweile im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde. "Daraus geht hervor, dass der hohe Gesamtumschlag weniger auf den Güterumschlag von und auf Schiffe, sondern vielmehr auf erhebliche Steigerungsraten beim Güterumschlag von und auf Bahn und Lkw zurückzuführen ist", heißt es in einer Mitteilung vom Sonntagvormittag.

"Die SBO hat 2019 mit einem Fehlbetrag von etwa 575.000 Euro das zweitschlechteste Finanzergebnis der vergangenen zehn Jahre erwirtschaftet", erklärt der in der Grünen-Fraktion für den Landkreis Meißen zuständige Landtagsabgeordnete Thomas Löser. "Seit 1992 ist der Fehlbetrag auf 16,5 Millionen Euro angewachsen. Das passt in meinen Augen nicht zu den Erfolgsmeldungen der SBO. Ein gesundes, wettbewerbsfähiges und zukunftsorientiertes Unternehmen sieht anders aus."
Der Zeitpunkt der Kritik kommt nicht von ungefähr: Anfang Februar veröffentlicht die SBO traditionell ihren Jahresbericht für das Vorjahr. Die Grünen-Fraktion moniert, das Unternehmen konzentriere sich dabei zu stark auf die Umschlagszahlen - und schiebe die Gewinn- und Verlustrechnung später nach. Im Sinne von mehr Transparenz wolle man darauf aufmerksam machen - und womöglich ein Umdenken schon bei der bald anstehenden Jahresbilanz erreichen.
Es sei zwar sehr wahrscheinlich, dass die SBO auch 2020 größere Containermengen im Hafen umgeschlagen hat und den nächsten Erfolg vermelden werde, teilte die Fraktion auf Nachfrage mit. Erfolg definiere sich aber auch über Gewinne und Verluste. Und für Letztere müssten im Falle eines Staatsbetriebs wie der SBO die Steuerzahler einspringen.

Mit ihrer Mitteilung erneuern die sächsischen Grünen auch ihre Kritik am geplanten neuen Terminal im Riesaer Hafen. Die Umsetzung des Vorhabens stockt noch immer - zuletzt teilte die zuständige Landesdirektion Sachsen mit, derzeit werde eine neue Auslegung der Pläne vorbereitet.
Die Argumente gegen das neue Terminal sind nicht neu. Thomas Löser argumentiert wie seine Vorgängerin Katja Meier mit der geringen Schiffbarkeit der Elbe. 2019 sei diesbezüglich ein äußerst schlechtes Jahr gewesen. "Der Anteil des Schiffsverkehrs am Gesamtumschlag der SBO lag bei gerade einmal 2,9 Prozent." Allerdings sei 2019 "mit Blick auf die nahe Vergangenheit aber auch kein besonders ungewöhnliches Jahr" gewesen. "Im Risikobericht der Jahresrechnung wird deshalb auch eine entsprechende Warnung formuliert: 'Es besteht die Gefahr, dass sich diese Entwicklung wiederholt und damit eine dauerhafte Verknappung des Schiffsraumes auf der Elbe bewirkt'", zitiert Löser.
"Wir brauchen eine offene Diskussion"
Schon als die Pläne für das neue Terminal erstmals öffentlich diskutiert wurden, hatten Anwohner die Befürchtung geäußert, dass ein effizienterer Hafen vor allem mehr Lkw-Verkehr für Gröba bedeuten könnte - und nicht, dass auch mehr Schiffe beladen werden. Eine Sorge, die seitdem immer wieder auftaucht.
SBO-Geschäftsführer Heiko Loroff hat sich zu der jüngsten Mitteilung bislang noch nicht geäußert. Er verteidigt allerdings bereits seit Jahren das Modell des trimodalen Hafens, in dem Schiff, Zug und Lkw gleichermaßen bedient werden können. In der Vergangenheit hatte er stets betont, derzeit arbeite der Hafen in Riesa bereits am Limit. Gleichzeitig bleibe die Wasserstraße der günstigste Transportweg. Schon vor zwei Jahren rechnete Loroff vor: Um 1.000 Tonnen Fracht von einem Schiff auf die Straße umzuladen, brauche man fast 45 Lkw-Ladungen.
Thomas Löser allerdings geht davon aus, dass diese Rechnung nicht aufgehen wird. Es sei angesichts kritischer Prognosen für die Schiffbarkeit der Elbe nur legitim, den Einsatz von Fördermitteln immer wieder kritisch zu hinterfragen. "Wir brauchen jetzt nicht nur eine offene Diskussion zur Erweiterung des Riesaer Hafens, sondern auch zur Zukunftsstrategie und weiteren wirtschaftlichen Ausrichtung der SBO insgesamt. Das hat in der Vergangenheit auch der Sächsische Rechnungshof angemahnt."