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Wirtschaftsforum Riesa: Bundesstraßen, Busse – und ein Brandbrief

Zum ersten Mal können die Straßenplaner in Riesa gute Nachrichten verkünden. Trotzdem endet der "B-Day" mit einer sorgenvollen Note.

Von Stefan Lehmann
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Vom Straßenausbau über den ÖPNV bis hin zur Energieversorgung: Die verschiedensten Themen beschäftigten jetzt die Teilnehmer des vom Vereinigten Wirtschaftsforum veranstalteten „B-Day“.
Vom Straßenausbau über den ÖPNV bis hin zur Energieversorgung: Die verschiedensten Themen beschäftigten jetzt die Teilnehmer des vom Vereinigten Wirtschaftsforum veranstalteten „B-Day“. © Andreas Weihs

Landkreis Meißen. Bereits zum fünften Mal trafen sich am Donnerstag Bürgermeister und Unternehmer aus der Region zum "B-Day" des Wirtschaftsforums. Bei der Veranstaltung im Stadtmuseum waren auch die Referatsleiter des Landesamts für Straßenbau und Verkehr (Lasuv) vor Ort, um einen Überblick zum Stand der Pläne für die Ortsumgehungen in der Region zu geben. Eine Zusammenfassung des Abends.

Wann rollen die Bagger für die B169 an?

Die besten Nachrichten des Tages waren eigentlich schon bekannt: Der Planfeststellungsbeschluss für den 3. Bauabschnitt der B169 steht, das hatte schon der Ministerpräsident bei seinem jüngsten Besuch im Riesaer Stahlwerk verkündet. Einen Abriss, wie es für den vorletzten Abschnitt Richtung A14 weitergehen soll, gab Referatsleiter Michael Stritzke. "Ich weiß, dass sich viele Anwohner, die seit Jahren unter Dreck, Staub und Lärm leiden, nach der Straße sehnen."

Aber: Auch jetzt brauche es noch Geduld. Bis zur zweiten Oktoberhälfte soll Klarheit herrschen, ob gegen die Bundesstraße geklagt wird. Danach geht es an Flächenbereinigung und -erwerb. Wenn alles glatt geht, könnten Anfang 2024 die archäologischen Arbeiten entlang der Strecke starten. Vor Mitte, Ende 2024 werde wohl nicht in größeren Stil gebaut werden. Bei vier Jahren Bauzeit könnte also frühestens 2028 der erste Wagen auf dem dreispurigen Abschnitt bis Salbitz rollen – sofern dann auch das Geld da ist.

Der Stauchitzer Bürgermeister Dirk Zschoke (parteilos) nutzte dennoch die Gelegenheit, sich bei den Mitstreitern des Wirtschaftsforums für die Unterstützung zu bedanken, "im Namen aller Einwohner". Man werde mit daran arbeiten, dass auch die anderen Ortsumgehungen gebaut werden.

Ausbau bis Döbeln braucht noch einige Zeit

Der letzte Abschnitt bis zur Autobahnanbindung bei Döbeln wird hingegen noch einige Zeit auf sich warten lassen. Laut Michael Stritzke ist die Vorplanung abgeschlossen. Dort wird die Strecke nahe der jetzigen weitergeführt. "Weil diese Variante auch konsensfähig mit Ostrau gewesen ist", erklärt der Referatsleiter des Lasuv. Die Gemeinde hatte die Sorge gehabt, dass bei einer Ortsumgehung das Gewerbegebiet im Ort leiden könnte.

Auch sonst sei der Abschnitt in der Planung nicht ganz ohne gewesen. "Das Trinkwasserschutzgebiet hat uns Kopfzerbrechen bereitet", gesteht Michael Stritzke. Letztlich sorgten die Schutzbestimmungen dafür, dass die Strecke in diesem Abschnitt nicht durchgängig breiter geplant werden konnte – anders als der Abschnitt Seerhausen-Salbitz. Zwei bis drei Jahre könnte es noch dauern, bis die Entwürfe für den Abschnitt bis Döbeln genehmigt sind.

An B98 und B198 geht es langsam vorwärts

Schönfeld, Wildenhain, Glaubitz, Quersa: Gleich vier Gemeinden hoffen seit Jahren auf ihre Ortsumgehung an der B98. Am weitesten ist dabei Schönfeld. Ein Erörterungstermin am 11. Oktober könnte weitere Klarheit bringen, nachdem die Unterlagen zuletzt auslagen. Bei Quersa sei die Linienführung abgeschlossen, die Entwurfsplanung werde vorbereitet. "Die Zusammenarbeit mit den Kommunen läuft sehr gut, sonst wären wir noch nicht so weit", sagt Lasuv-Abteilungsleiter Ronald Faß. Für Glaubitz rechnet er bis Ende 2022 mit dem Beginn der Entwurfsplanung, für die Pläne bei Wildenhain soll 2023 die Fachplanung laufen – also alles, was mit Arten- und Umweltschutz zusammenhängt. Eine konkrete Zeitschiene nennt das Lasuv nicht.

Bei der B182 in Strehla sei man auf einem guten Weg. Die Entwurfsplanung sei vergeben. Man habe den Ehrgeiz, dass womöglich schon Mitte 2023 ein erster Entwurf vorliegt.

Gespräche mit dem Ministerium zum Hochwasserschutz

Parallel laufen laut Ronald Faß auch noch die Planungen für die B169 östlich von Riesa. Keine Ortsumfahrung, sondern eine Maßnahme in Sachen Flutschutz. "Die Bundesstraße soll hochgelegt werden für den HQ-100-Fall", erläutert Faß. Der geplante Brückenbau erfordere komplexe Berechnungen, letztlich stünden die Planer vor der Frage: Bis zu welchem Fall wolle man sich den Bau leisten? Oder anders formuliert: Bis zu welchem Wasserstand soll die B169 befahrbar bleiben? In dem Zusammenhang habe es schon Gespräche mit dem Bundesverkehrsministerium gegeben. Er rechne damit, dass bald Planungsklarheit herrscht, sagt Ronald Faß.

Sorgenvolle Töne aus Unternehmen und Rathäusern

Die Zwischenstände beim Straßenbau nahmen zwar fast die Hälfte der dreistündigen Veranstaltung ein. Die einzigen Punkte waren es aber nicht – und vielleicht nicht einmal die wichtigsten. Der Technik-Dezernent des Landkreises Meißen Andreas Herr sprach nicht nur über den Ausbau der Grauen Flecken und das Energienetzwerk im Industriebogen. Er warnte auch nochmals vor der dramatischen Kostenentwicklung im Öffentlichen Nahverkehr. Leistungskürzungen seien unvermeidlich. Und Stadtwerke-Chef René Röthig erklärte Hintergründe der sprunghaft gestiegenen Energiepreise.

Volksbank-Vorstand Markus Ziron schilderte Situationen von Unternehmern und Privatkunden, denen schon jetzt klar sei, dass sie weitere Preissprünge nicht mehr kompensieren könnten. "Das macht uns echt Sorgen, wie es weitergeht."

Sorgen, die sie in den Rathäusern teilen. Die Kommunen in Sachsen hatten erst jüngst einen Brandbrief verfasst, der beim Treffen des Wirtschaftsforums nochmals verteilt wurde. Er sei eigentlich Optimist, sagte Dirk Zschoke. "Aber im Moment hab ich nur noch Angst, dass wir in einem Jahr kein Geld im Haushalt haben." Und Riesas Oberbürgermeister Marco Müller (CDU) appellierte in Richtung der Unternehmen, ebenfalls mehr Druck auszuüben. "Wir fahren mit Vollgas auf die Wand zu. Wir brauchen jetzt Lösungen, wir brauchen sichere und bezahlbare Energie!" Er wüsste nicht, wie es weitergehe, sollte Feralpi im Spätherbst gezwungen sein, die Produktion einzustellen, weil Energie fehlt. "Das macht mir ganz große Sorgen."