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Riesaer Appell gegen die NPD

Die Kandidaten stehen fest.Die Paten der Jury stellen die Bewerber in einer SZ-Serie vor. Heute: Der Initiatorenkreis desRiesaer Appells.

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Von Andreas Zick

Durch die Ansiedlung des Deutsche Stimme Verlages und des Versandhauses Pühses Liste im Jahr 2000 entwickelte sich Riesa zu einem bedeutenden Netzwerkstandort der Neonazis der gesamten Bundesrepublik. Viele Personen aus dem neonazistischen Umfeld, unter ihnen auch der NPD-Landesvorsitzende Holger Apfel, zogen in die Stadt um. Aufgrund von Bedrohungen und Übergriffen, aber auch aus Angst vor Imageschäden blieb diese Entwicklung zunächst weitgehend unwidersprochen. „Ein bald darauf gegründetes Bündnis wurde weder durch Politik noch durch weitere öffentliche und freie Träger unterstützt und erlangte keine nachhaltige Wirkung“, erinnert sich Andreas Näther, einer der Sprecher dieses Bündnisses und Vorsitzender des Sprungbrett e.V.

„Es fehlten unter den verschiedenen Akteuren der Stadt und der Region ausgehandelte Strategien und Instrumente, mit dieser Situation umzugehen und durch pädagogische Arbeit wirkungsvoll und nachhaltig dagegen zu intervenieren“, bestätigt auch Dirk Haubold, Geschäftsführer des Kulturschleuder e.V. „So kam es, dass die Neonazis immer selbstbewusster agierten. Die Einmischungsversuche der NPD in Bereichen des öffentlichen Lebens und auch die Präsenz in den Jugendeinrichtungen nahmen zu.“ Mit dem erstarkenden Druck der Neonazis wuchs jedoch bei vielen Engagierten auch der Wunsch nach Veränderung der Situation. So gründete sich 2010, initiiert von den örtlichen Initiativen Kulturschleuder e.V., Sprungbrett e.V., Freizeitinsel e.V. und dem Kinder- und Jugendzentrum „Kaufhalle“ der Outlaw gGmbH, ein breites Bündnis. Im Verbund mit der Stadtverwaltung konnten alte Strukturen reaktiviert und neue Partner gewonnen werden. Alle zogen nun an einem Strang: die Stadtverwaltung, die Vereine und engagierte Bürger. Aufsehenerregendes Zeichen des neuen Selbstbewusstseins war schließlich die Verkündung eines Appells, in dem sich die mitwirkenden Einrichtungen und ihre Mitarbeiter auf einen demokratischen und freiheitlichen Wertekonsens verpflichteten. Auch Ministerpräsident Stanislaw Tillich und Innenminister Markus Ulbig konnten zur Unterzeichnung des Appells bewegt werden. Das Signal verfehlte seine Wirkung nicht und stieß nicht nur auf ein großes öffentliches Echo, sondern führte auch zu einem ersten Wandel vor Ort. „Der Appell ist nicht mehr eine Initiative weniger Engagierter, sondern eine Herzensangelegenheit vieler Bewohner der Stadt Riesa“, berichten die Initiatoren.

Neben aufklärenden Schulungen der örtlichen Multiplikatoren will das Bündnis nun unter anderem verschiedene Sport- und Musik-events unterstützen und veranstalten, um die Riesaer zu erreichen und sie für das Thema zu sensibilisieren und aktivieren. Der Weg ist noch lang, doch die ersten Schritte sind gemacht – und das auf sehr erfolgreiche Art.

Der Förderpreis für Demokratie wird am 9.November in der Frauenkirche verliehen.