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Riesenansturm auf den Stollen

Im Café Dolze kann man in diesem Jahr das Weihnachtsgebäck nicht mehr vorbestellen. Das sorgt für Überraschung.

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© Norbert Millauer

Von Nina Schirmer

Radebeul. Es ist nicht leicht, Gudrun Dolze dieser Tage für ein Gespräch zu treffen. Denn eigentlich hat die Seniorchefin des Cafés Dolze an der Meißner Straße in Radebeul-West im Moment keine freie Minute. Dass sie sich trotzdem Zeit nimmt, um über ihre Arbeit und das Geschäft zu berichten, ist allein ihrer professionellen Art zu verdanken. Immer freundlich sein, stets die Wünsche des Gegenübers berücksichtigen, dafür lebt die Konditorfrau.

Doch es gibt eine Bitte, die sie ihren Kunden in diesem Jahr ausschlagen muss. Viele kommen in den Laden und wollen Stollen vorbestellen. Das sind sie aus den vergangenen Jahren so gewohnt: Bestellen, Abholschein bekommen und später den Stollen mitnehmen. Doch diesmal geht das nicht. Die Konditorei bäckt in diesem Jahr nicht auf Vorbestellung. Wer das Weihnachtsgebäck haben möchte, muss auf gut Glück in den Laden gekommen – egal, ob es ein oder zehn Stollen sein sollen.

Viele Kunden sind überrascht. Die Neuigkeit avanciert inzwischen zum Stadtgespräch. Doch bisher hat jeder auch so seinen Stollen bekommen. Die Dolzes haben eine jahrelange Erfahrung und wissen, wie viel sie backen müssen. „Wir geben uns große Mühe, alles gerecht zu verteilen“, sagt Gudrun Dolze. Und per Post werden auch weiterhin Stollen verschickt. Die Abnehmer kommen aus der gesamten Bundesrepublik, von Berlin bis Köln. Viele ehemalige Radebeuler, die nicht mehr hier leben, wollen das Gebäck aus der alten Heimat zu Weihnachten essen. „Wir haben sogar Kunden, die den Stollen weiter schicken nach Japan“, erzählt die Verkäuferin.

Seit 1961 steht Frau Dolze hinter der Theke – damals haben ihr Mann und sie die Konditorei von seinen Eltern übernommen. Gegründet wurde das Geschäft bereits 1937 und von Anfang an haben sie auch Stollen gebacken. Gudrun Dolze ist inzwischen 78 Jahre alt. Trotzdem arbeitet sie jeden Tag und verkauft von früh bis abends. Jetzt in der Vorweihnachtszeit, wenn die Kunden öfters bis vor die Tür Schlange stehen, gönnt sie sich kaum eine Pause. „Ich will mich noch nicht zur Ruhe setzen“, sagt sie. Das Geschäft ist ihr Leben. Die Konditorfrau kennt ihre Kunden. Bei vielen hat sie die Kinder aufwachsen sehen. Immer wieder bekommen sie und ihr Mann Dankeschön-Schreiben.

„Man muss die Arbeit mit Liebe machen“, sagt Gudrun Dolze. Dabei ist sie stets akkurat – von der weißen Bluse bis zum Lächeln. Eine Dame der alten Schule. Den Kunden den Stollen einfach nur über die Theke reichen, gehört sich nicht, findet sie. Man müsse dazu auch etwas erklären. Zum Beispiel, dass der Mandelstollen nicht so lange haltbar ist wie sein Pendant mit Rosinen. Verlangt jemand in der Schlange einen halben Stollen, dann wird das Gewicht genau abgewogen. „Schätzen ist keine Art“, sagt die Verkäuferin.

Ihren Kunden ist sie für die jahrelange Treue sehr dankbar. Sie hat ihnen nicht vergessen, dass sie schon kamen, als die Konditorei noch weniger bekannt war. Weiter gehen soll es mit dem Geschäft auch, wenn sich die Dolzes zur Ruhe setzen. „Es ist geplant, dass unser Sohn die Konditorei übernimmt“, sagt Gudrun Dolze. „Er ist auch Konditormeister.“

Die Bäckerei Dolze ist eine von 130 Konditoreien aus dem Großraum Dresden, deren Stollen das Qualitätssiegel „Dresdner Christstollen“ tragen dürfen. Das Grundrezept ist vorgegeben. Aber über die Verfeinerung mit Gewürzen können die Bäcker selbst entscheiden. Die genauen Mengen sind natürlich geheim.

Und warum nehmen Dolzes nun keine Bestellung mehr an? „Wir schaffen es sonst einfach nicht mehr“, sagt die Seniorchefin.

Christstollen gibt es in Radebeul auch hier:

Bäckerei Barth, Dresdner Straße 18

Bäckerei Jakob, Graue-Presse-Weg 1

Bäckerei Tobias Heinze, Karl-Marx-Straße 2

Feinbäckerei Kretzschmar, An den Brunnen 9

Konditorei Thomas Schiller, Meißner Str. 154

Sächsische und Dresdner Back- und Süßwaren GmbH & Co. KG „Vadossi“, Fabrikstraße 4