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Rinah fährt endlich Lift

Durch die großzügigen Spenden der SZ-Leser erhielt eine Zittauer Familie dringende Hilfe für ihr krankes Kind.

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© Matthias Weber

Von Anja Beutler

Zittau. Rinahs Rollstuhl sinkt sanft nach unten. Mutter Kerstin Thiem späht über die Seitenwände der Konstruktion – alles ist noch ein bisschen neu und ungewohnt. Aber vor allem ist dieser Hublift eine enorme Erleichterung für die ganze Familie und: „Es ist ein Wunder“, sagt Frau Thiem und ihre Augen leuchten. Ihre achtjährige Tochter liegt ruhig im Rollstuhl. Ob ihr die Fahrt gefällt, kann sie nicht zeigen. Rinah-Hadassah Thiem leidet seit ihrem dritten Lebensjahr an der sehr seltenen Krankheit NCL, die auf einen genetischen Defekt zurückgeht. Umgangssprachlich Kinderdemenz genannt, bewirkt diese Krankheit, dass alle Nervenzellen absterben, sodass die Kinder nach und nach zum Pflegefall werden. Die kleine Zittauerin kann nicht mehr sprechen und sehen, sie ist an den Rollstuhl gebunden und wird zum Großteil künstlich ernährt. Hinzu kommen epileptische Anfälle und Spastiken.

© Matthias Weber
© Rafael Sampedro

Vier Monate nachdem die Mutter in der SZ von der seltenen Krankheit der kleinen Rinah und den ganz praktischen Problemen im Alltag erzählt hat, steht der hydraulische Hublift am Haus der Eltern. Allein hätten sich die Thiems eine solche technische Hilfe niemals leisten können. Nur durch die überwältigende Spendenbereitschaft vieler SZ-Leser, die binnen weniger Wochen rund 22 000 Euro auf das Konto von Rinah einzahlten, und die Zusage der Krankenkasse, war dies möglich. „Noch immer gehen Spenden auf Rinahs Konto ein“, bestätigt Frau Thiem. Per Lift kann die Kleine nun direkt durch die neue Tür in die Küche im ersten Stock geschoben und in ihr Zimmer gebracht werden. Vorher mussten die Eltern ihre Tochter, die keinerlei Körperspannung mehr hat, eine enge Treppe hochtragen – bei Rinahs Spastiken ein Risiko.

Detlef und Kerstin Thiem sind all den Spendern von tiefstem Herzen dankbar – vor allem aber der Bautzener Firma Berndt Mobilitätsprodukte, kurz Bemobil. Denn ein Berater von Bemobil war es, den das Schicksal von Rinah bei einem Vor-Ort-Termin so sehr berührte, dass sich das Unternehmen entschied, mithilfe der Sächsischen Zeitung nach Unterstützung zu suchen. Außerdem verzichtet die Firma, die in diesem Jahr als Fachbetrieb rund 500 Liftsysteme deutschlandweit installiert, auf das Geld für die Montage und auf die Handelsspanne – alles in allem ein Geschenk von 4 000 Euro für die Familie.

Geschäftsführer Thomas Berndt war dieser Tage auch selbst auf der Baustelle. Der speziell für die Anforderungen in Zittau angefertigte Lift war mit einem Lkw angeliefert und per Radlader bei Thiems abgeladen worden. „Ein solcher Speziallift wiegt sehr viel, deshalb war die Technik nötig“, erklärt Berndt. Bis auf die Höhe von 1,69 Metern hebt die Plattform nun den Rollstuhl zur neuen Küchentür.

Von all den Umbauten im Vorfeld haben vor allem Mutter und Tochter gar nicht viel mitbekommen: Rinah war seit dem Sommer insgesamt zwölf Wochen im Uniklinikum in Dresden. Blutiges Erbrechen machte den Eltern immer wieder Sorgen. Zudem litt die Kleine unter anderem unter Harnwegs- und Bauchspeicheldrüsenentzündungen. Seit Mittwoch sind Mutter und Tochter nun wieder zu Hause und konnten den frisch angebauten Lift gleich testen.

Frau Thiem hofft sehr, dass nun wieder Ruhe ins Familienleben einzieht – wobei Ruhe bei all den Aufgaben, die sie und ihr Mann für ihre Tochter verrichten, kaum der passende Begriff zu sein scheint. Bald soll die Kleine wieder in die Heilpädagogische Kita in Zittau gehen. „Ein normaler Alltag mit Kindern ist für sie sehr wichtig“, erklärt Frau Thiem. Das Geld, das nach dem Umbau am Haus und dem Liftbau auf dem Spendenkonto noch übrig ist, kommt ausschließlich Rinah zugute, betonen die Eltern. Aktuell plant die Familie eine Musiktherapie. Denn das Gehör ist Rinahs einziges Fenster zur Welt.