Hoyerswerda
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Ritterregeln und wirksame Hexensprüche

Nach verregnetem Beginn war „Historica – Mittelalter trifft Barock“ doch noch ein gelungenes Hoyerswerdaer Spektakel.

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"Ohrenpeyn"-Musikus mit der Sackpfeife
"Ohrenpeyn"-Musikus mit der Sackpfeife © Foto: Uwe Jordan

Von Uwe Jordan

Reichsfürstin Teschen ist schon da. Allerdings ist sie an jenem Sonnabend kurz nach zehn Uhr noch nicht in Gala, sondern eher in rustikaler Aufmachung zu sehen – kein Wunder, denn die richtige Teschen wird sie ja erst ab 14 Uhr sein. Bis dahin verdient sie sich, die im bürgerlichen Leben Cornelia Schnippa heißt, ein Zubrot als Stadtführerin. Sie hat mit ihrer Gruppe Zuflucht im Schloss-Eingang gefunden, denn es regnet. Das ist nicht nett von Petrus. Soll doch an diesem Sonnabend das „Historica“-Spektakel im Schloss und vor allem im Zoo laufen: eine Zeitreise „Mittelalter trifft Barock“. Liebevoll und aufwändig ist alles vorbereitet worden – aber Besucher? Sind noch keine zu sehen. Doch es ist ja noch viel Zeit; schließlich ist ja sowohl am Sonnabend als auch am Sonntag von 10 bis 18 Uhr das bunte Treiben geplant, bunt im Sinne von wirklich farbenprächtig.

Wie beispielsweise die Roben der Traditionsgemeinschaft Dresdner Barock. Die Kleider dürfen natürlich nicht nass werden, darum sind die Dresdner auch im Festsaal des Schlosses zugange, wo sie Tänze ihres Zeitalters zeigen werden. Konkurrenz, jedenfalls kleidermäßig, haben sie im Fundus des Museums, der in einer Ecke des Saals den Sessel der Teschen platziert hat, hinter einer üppig geschmückten Tafel. Hier können sich Besucher in historische Gewänder werfen und fotografieren.

Aber nun raus aus dem Schloss, hinein in den nieselfeuchten Zoo. Trocken hat’s dort, und da ist sie fast die Einzige, die „weiße“ (also: gute) Hexe Hariola Verum. Sie hat (war da ein bisschen Zauberei im Spiele?) das Hüttchen am Tropenhaus geerbt und kann nun ihre Künste und Wunderwaren zwar im Kalten, aber wenigstens vom Wasser unbehelligt darbieten. Der Schmied schaut auf einen Schwatz vorbei. Er belehrt mich, dass sprühende Funken beim Schmieden zwar gut aussähen, aber ein Zeichen seien, dass der Hämmernde etwas falsch mache: „Da ist der Stahl zu heiß.“ Was das Wetter anbelangt, glaubt er aber nicht mal an Wärme. Das werde heute nichts mehr, grantelt er mürrisch. Hariola Verum lässt sich nicht beirren: Nicht nur morgen, also am Sonntag, werde es Sonne geben, sondern schon am Sonnabend; er werde schon sehen!

Ich bin freilich eher der Ansicht des wackeren Handwerkers, und die anderen Schausteller sind es wohl auch. Sie müssen sich, so gut es eben geht, mit Planen behelfen. Oder sie stehen auf der überdachten Bühne wie das Trio „Ohrenpeyn“, das pünktlich um 10 Uhr Mittelalterklänge erschallen lässt, getragen vor allem von der Sackpfeife, einer Art Dudelsack. Die Zoowiese ist zwar leer, aber das beeindruckt die drei gar nicht, die sich nach ihrem ersten Auftritt überschwänglich beim Publikum (im wesentlichen der Autor dieser Zeilen) bedanken wie weiland die Band Oasis, die eines ihrer ersten Konzerte in einem leeren Saal spielte – sogar mit Zugaben.

Die Ritter sind noch nicht in ihr Freiluftlager ausgerückt, sondern drängen sich in ihrer leinenen „Waffenkammer“ zusammen. Was würde Runkel als Ritterregel zitieren? „Ein Ritter, der im Regen ficht/ weiß um des Rostes Tücke nicht.“ Noch ein Abstecher zum Färbermeister, der mit Naturstoffen den Wollfäden ein neues Aussehen gibt. Der Regen nimmt allerdings zu. Dann lieber zurück ins Schloss. Und, siehe da: das Nieseln wird zaghafter, später am Nachmittag stellt es sein Wirken ganz ein und zeitweise schaut sogar die Sonne heraus. Hat Hariola Verum also Recht behalten!

Und der Sonntag dürfte dann ja alles rausgerissen haben; wetter- und besuchermäßig. Auch das Hofcafé im Schlosshof und das kleine Kinderkarussell werden Liebhaber gefunden haben. Die Schausteller, Ritter und Musikanten sowieso!