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Robin Hood der Pasta-Produzenten

Im Blickpunkt

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Von Carola Frentzen, Rom

Mit einem kuriosen Experiment hat ein Pasta-Produzent aus Mittelitalien für Furore gesorgt: Enzo Rossi wollte einen Monat lang von dem Gehalt leben, das er seinen Arbeitern in der Fabrik „Maccheroncini di Campofilone“ in der Nähe von Ascoli zahlt.

Das Resultat: Obwohl er jeden Euro zwei Mal herumdrehte, war er bereits nach 20 Tagen pleite. „Wenn man plötzlich kein Geld mehr hat, dann fühlt sich das an, wie 20 Meter unter Wasser zu sein und keinen Sauerstoff mehr zu haben“, erklärte der 42-Jährige – und befand, dass es unverantwortlich sei, seinen Angestellten ein solches Leben zuzumuten. Prompt erhöhte der Nudelfabrikant allen 20 Mitarbeitern das Gehalt um 200 Euro.

Dabei war das Ganze eigentlich als Erziehungsmaßnahme für seine Töchter im Teenager-Alter gedacht: Rossi wollte ihnen zeigen, wie Normalverdiener in Italien leben und wie es sich anfühlt, mit eingeschränkten finanziellen Mitteln auskommen zu müssen. Deshalb wollten seine Frau und er einen Monat lang mit jeweils 1000 Euro über die Runden kommen. Die Familie kaufte in günstigen Supermärkten ein und erlaubte sich lediglich zwei Besuche in einer preisgünstigen Pizzeria. Aber nach der Bezahlung von Versicherungen und Rechnungen war das Portemonnaie nach 20 Tagen leer.

„Da habe ich mich geschämt: Denn auf das Gesamtjahr berechnet, hätten wir 120 Tage lang kein Geld gehabt, und das bedeutet nicht nur arm, sondern völlig verzweifelt zu sein“, meinte Rossi. Die Angestellten hatten das Experiment ihres Chefs mit Skepsis beobachtet. Doch nun dürfen sie sich auf die Lohnerhöhung ab Anfang kommenden Jahres freuen. Sie konnten ihr Glück kaum fassen: „Einen besseren Chef gibt es nicht, wenn doch bloß alle so wären wie er“, schwärmten sie.

In großer Aufmachung berichteten italienische Zeitungen über den sozial bekehrten Unternehmer. Der nette Chef aus Mittelitalien wird bereits als „Robin Hood“ der Pasta-Hersteller gefeiert.

In Interviews bestreitet Enzo Rossi aber energisch, ein Linker oder sogar Kommunist zu sein. Im Gegenteil, sagt der Nudelfabrikant, früher habe er immer für eine konservative Partei gestimmt. Die Löhne erhöhe er aus sozialen, aber auch aus wirtschaftlichen Gründen: „Es ist ein bisschen Egoismus dabei. Wer monatlich Sorgen hat, ob er über die Runden kommt, arbeitet nicht gut. Ich lebe vom Engagement meiner Mitarbeiter, meiner Mannschaft. Ich will, dass sie ruhig und präzise arbeiten können.“

Auch Italiens Linksparteien klatschten lautstark Beifall für die Lohnerhöhung im Selbstversuch. Arbeitsminister Cesare Damiano bezeichnete Rossi gar als den vorbildlichsten Unternehmer Italiens und machte sich bereits auf den Weg in die Provinz, um Rossi persönlich kennenzulernen. (dpa)