Von Thomas Drendel
Das eine ist in kräftigem Rot gestrichen, das andere grün, das nächste bunt. Es scheint, als hat es in den vergangenen Jahren in Langebrück einen Wettbewerb um die auffälligste Fassadenfarbe gegeben. Dabei gelten dort strengere Regeln als in vielen anderen Dresdner Stadtteilen. Diese wurden beschlossen, als Langebrück noch eine eigenständige Gemeinde war. 1999 wurde die sogenannte Gestaltungssatzung in den Eingemeindungsvertrag übernommen. „Sie gilt bis heute“, sagt Ortsvorsteher Christian Hartmann (CDU).
Ziel der damaligen Gemeinderäte war es, das traditionelle Ortsbild im Unter- und Oberdorf zu bewahren. Neben einem Verbot von grellen Farben sind in der Satzung Fenstergröße, Dachform und Torgröße festgelegt. An diese Vorschriften hat sich offenbar kaum jemand gehalten. Aufgefallen ist das im Frühjahr:
Ein ehemaliger Malermeister hatte sein Haus im Unterdorf in Blau gestrichen, nachdem er an anderen Wohnhäusern ebenfalls kräftige Farben gesehen hatte. Daraufhin brach ein Sturm der Entrüstung los. So eine Farbe gehe gar nicht, beschwerten sich viele Langebrücker. Schließlich hatte der ahnungslose Mann ein Verfahren wegen Verstoßes gegen die Gestaltungssatzung am Hals. „In Langebrück gibt es Dutzende Häuser mit vermeintlich greller Farbe. Sie stehen seit Jahren. Ich soll jetzt wegen meines blauen Hauses bestraft werden?“, fragte er sich.
Die Befürworter zogen nun mit dem Fotoapparat durch Langebrück, um Verstöße an anderer Stelle festzuhalten – und auch die Stadt darauf hinzuweisen. Plötzlich hatte die Verwaltung 21 Verfahren zu bearbeiten. Wie konnte es zu dem Farbenwirrwarr kommen? „Da hat man wohl in der Vergangenheit nicht so genau hingesehen“, sagt Hartmann. Ein aufgebrachter Langebrücker brachte es bei der Sitzung des Ortschaftsrates auf den Punkt. „Ich vermute eher, da hat überhaupt niemand hingesehen. Nicht die Stadt und auch nicht der Ortschaftsrat. Die grellen Farben für den Grundschulneubau sind schließlich von beiden beschlossen worden.“
Nun ist das Dilemma groß. Entscheidet die Stadt der Satzung entsprechend, müssten in Langebrück demnächst einige Häuser umgestrichen werden. Zwar betont Ortsvorsteher Hartmann, dass die Gesetze eingehalten werden müssten. Dann wäre es wohl aber um den Ortsfrieden geschehen. Und das zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Ende August sind Landtagswahlen. Hartmann, der nicht nur Chef des Ortschaftsrates, sondern auch Landtagsabgeordneter ist, hat die Brisanz der Lage inzwischen erkannt.
Das Gremium will deshalb die Satzung ändern. „Wir müssen überlegen, wo die Regelungen zu restriktiv sind“, so Hartmann. Das will der Ortschaftsrat aber nicht allein entscheiden. „Wir werden den Diskurs mit der Bevölkerung suchen.“ Dazu soll eine Infobroschüre an alle Haushalte verteilt werden, in der die jetzigen Gestaltungsvorschriften erklärt werden. Außerdem ist eine Einwohnerversammlung geplant. Im Herbst, pünktlich nach der Landtagswahl, könnte eine neue Satzung vorgelegt werden. Über die muss dann der Stadtrat entscheiden.