Berlin. Wie es manchmal so ist bei der Bahn: Ankunft mit Verspätung. Das gilt auch für den ehemaligen Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU). Er könnte im kommenden Jahr doch noch bei der Deutschen Bahn unterkommen. Heute will Bahnchef Rüdiger Grube dem Aufsichtsrat eine Strukturveränderung an der Konzernspitze vorstellen, die dies ermöglicht. Demnach will Grube Anfang 2015 einen Fachbereich für Wettbewerb, Regulierung und Politik einrichten. An der Spitze der Abteilung steht ein Generalbevollmächtigter. Diese Position könnte Pofalla einnehmen. Einen Vorschlag für die Besetzung des Postens will Grube dem Aufsichtsrat jedoch noch nicht unterbreiten. Ende letzten Jahres wurde bekannt, dass der Vorstandschef Pofalla gerne zum Vorstand für die politischen Beziehungen des Konzerns berufen hätte. Dies löste in der Öffentlichkeit harsche Kritik aus, weil der Politiker im Kanzleramt auch mit der Bahn zu tun hatte und der Eindruck entstand, dass er für seinen Einsatz für das Unternehmen mit einem Millionen-Job belohnt werde. Erneut wurde auch die Forderung nach einer Karenzzeit für Politiker vor einem Wechsel in die Privatwirtschaft laut. Den Kritikern will Grube mit seinem neuen Konzept nun den Wind aus den Segeln nehmen.
Grube verzichtet auf Gehaltsplus
Zwischen Pofallas Abgang aus dem Kanzleramt und dem Einstieg bei der Bahn läge mehr als ein Jahr Zeit. Schelte gab es auch für den vorgesehenen zusätzlichen Vorstandsposten. Auch hier hat sich Grube etwas einfallen lassen. Der Vertrag mit dem für Compliance, Recht, Datenschutz und Konzernsicherheit zuständigen Vorstand Gerd Becht läuft Ende 2016 aus. Das Ressort soll danach auch die Verantwortung für die politischen Beziehungen übernehmen. Da Becht dann kurz vor der Altersgrenze steht, könnte Pofalla seine Aufgaben übernehmen und so doch noch im Vorstand landen. So könnte Grube sein Ziel ohne zusätzlichen Vorstand und ohne Mehrausgaben erreichen. Denn der bisher für die politischen Beziehungen zuständige Bevollmächtigte Georg Brunnhuber geht zum Jahreswechsel in den Ruhestand.
Gute Beziehungen zur Politik sind für die Bahn wichtiger als für die meisten anderen Unternehmen. Denn Parlament, Regierung und EU-Kommission beeinflussen die Geschäftschancen des Konzerns erheblich. Sie können zum Beispiel bestimmen, ob Netz und Betrieb der Bahn getrennt werden müssen, oder wie viel Geld für die Infrastruktur bereitgestellt wird. Bei diesen Fragen soll der Verbindungsmann des Unternehmens kräftig für die Position der Bahn werben.
Wenn der Aufsichtsrat heute zusammentritt, werden wohl auch unangenehmen Themen zur Sprache kommen. Denn die Bilanz des Konzerns fällt Medienberichten zufolge schwach aus. Der Jahresüberschuss ist demnach von fast 1,5 Milliarden Euro auf knapp 650 Millionen Euro zurückgegangen. Der Bund soll statt über 500 Millionen Euro Dividende nur 200 Millionen Euro erhalten. Auch machen die Fernbusse dem Unternehmen zunehmend zu schaffen. Etwa ein Drittel der Busfahrgäste wäre ohne Liberalisierung des Marktes mit der Bahn gefahren. Rechnerisch hat die Bahn 40 Millionen Euro Umsatz an die Busbetreiber abgeben müssen. Morgen stellt Grube die Bilanz 2013 der Öffentlichkeit vor. Derweil glättete er gestern noch andere Wogen: die um seinen geplanten Gehaltsaufschlag. Nach den Debatten darum verzichte er lieber: Die öffentlichen Diskussionen lenkten nur von den eigentlichen Herausforderungen bei der Bahn ab, teilte Grube gestern mit. Er hatte bei seiner Vertragsverlängerung 2012 ausgehandelt, dass sein Festgehalt von 900 000 Euro 2014 um 20 Prozent steigt. Zuletzt waren seine Boni höher als das Fixum. 2012 verdiente er insgesamt 2,66 Millionen Euro. (wom mit dpa)