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Roteiche statt Rhododendron

Der Rennersdorfer „Baum der Einheit“ musste gefällt werden. Die Alternative wollen die Bürger aber nicht.

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Von Steffen Gerhardt

Wird in Rennersdorf wieder ein „Baum der Einheit“ gepflanzt? Diese Frage trieb drei Rennersdorfer Bürger in die Herrnhuter Stadtratssitzung im September. Dort stellten sie diese Frage dem Gremium und erzählten die Geschichte dazu. Diese liegt genau 25 Jahre zurück. Am 3. Oktober 1991 haben Bürger mitten im Ort eine Roteiche gepflanzt. Die Baumart war bewusst gewählt worden, nicht nur in Bedeutung des Tages der Deutschen Einheit, wie Kurt Wabnitz berichtet. „Dieser Baum ist sehr widerstandsfähig und wächst schnell“, erklärte der Rennersdorfer. Fortan sollte die Eiche die Einwohner und ihre Gäste jedes Jahr an den Einheitstag erinnern, was sie auch tat.

Bis vor zwei Jahren. Da schwächelte der Baum in seinem Wachstum. Das bestätigt das Ehepaar Kellner, das schräg gegenüber vom Standort des Baumes wohnt. „Immer weniger Blätter hatte der Baum und am Stamm machte sich ein Pilz breit“, beobachtete Hans-Peter Kellner. Damit war es vorbei mit der faszinierenden Herbstfärbung des Baumes, die Kellners jedes Jahr aufs Neue begeisterte. Denn der Eiche fehlten zusehens die Blätter dazu, sie wurde immer kahler.

Dass der Baum krank war, entging auch dem Stadtamt Herrnhut nicht. Ein Baumgutachter wurde beauftragt. Dieser attestierte der Eiche keine Überlebenschance und gab sie zum Fällen frei. Was die Stadt auch tat, denn bereits im Frühjahr dieses Jahres wurde der Baum das Opfer einer Motorkettensäge. Ob das nötig war, stellen die Rennersdorfer in Zweifel. „Ein Fachmann hat dem Baum Hoffnung gegeben“, sagte Kurt Wabnitz. Auch er ist immer noch der Überzeugung, dass der Baum zu retten war. Das äußerte er gegenüber dem Stadtrat. Aber nachdem im Frühjahr die Stadt mit dem Fällen Tatsachen geschaffen hatte, waren alle Bemühungen der Rennersdorfer für diesen Baum umsonst.

Bürgermeister Willem Riecke (Herrnhuter Liste) rechtfertigte das Vorgehen der Stadt. „Der Baum hatte zu dem Zeitpunkt kein grünes Blatt mehr und wir als Stadt haben die Verkehrssicherungspflicht zu gewährleisten“, sagte er an die Rennersdorfer gewandt. Die Stadt wollte aber keinen leeren Fleck hinterlassen. Anstelle des Baumes wurden drei Rhododendron-Büsche gepflanzt. Einer kam genau an den Platz, wo die Eiche stand. Auch wenn es seitdem auf der kleinen Freifläche neben dem ehemaligen Feuerwehrhaus wieder grünt, eine Eiche kann der Rhododendron nicht ersetzen. „Das ist unwürdig, um dem Tag der Deutschen Einheit zu gedenken“, sagte Hartmut Bartsch, der die Roteiche mit pflanzte. Zudem stehen die Rennersdorfer im 25. Jahr der Einheit ohne Baum da. Ihr Wunsch ist es, dass am 3. Oktober statt des Rhododendrons wieder eine Roteiche in den Himmel wächst.

Diesen Wunsch wird das Stadtamt nachkommen, versicherte der Bürgermeister im Stadtrat. Es soll wieder eine Roteiche an die alte Stelle kommen. „Aber bis zum 3. Oktober ist das nicht mehr zu schaffen“, erklärte der Bürgermeister auf Nachfrage der SZ. Denn die Pflanzung soll etwas Rundes werden. Die Stadt will dazu eine Fachfirma beauftragen, die den Baum setzt. Das soll in diesem Herbst erfolgen. Gleichzeitig soll das Umfeld des Baumes mit hergerichtet sowie das Betonpflaster ausgeglichen werden. Hier haben sich über die Jahre einige Steine gesenkt.

Der Baum wurde an die Stelle gepflanzt, an der einst die Schmiede Koselitz stand. Daran kann sich Karin Kellner noch gut erinnern, schließlich ist sie in Rennersdorf geboren und aufgewachsen. Aber bereits zu DDR-Zeiten verschwand das Haus, das zuletzt als Garage für Landtechnik diente. Erst mit dem Vollzug der deutschen Einheit wurde der freie Platz vorgerichtet und mit Koniferen gestaltet – und die Rotbuche gepflanzt. Karin und Hans-Peter Kellner freuen sich, wenn ein prächtiger Baum dort stehen würde. Auch mit dem Nachteil, „dass wir sein Laub wieder im Garten haben“, sagt sie. Aber das würden beide für eine schöne Herbstfärbung in Kauf nehmen.