Merken

Rothenburg nutzt den Biber

In der Stadt entsteht ein Lehrpfad über die Nager. Es wäre der Erste im Landkreis Görlitz – wenn alle Formalitäten geklärt sind.

Teilen
Folgen
© Archiv/Jürgen Lösel

Von Katja Schlenker

Er ist wieder da. Das lässt sich nicht leugnen. Entlang der Neiße bei Rothenburg sind an vielen Stellen die typischen Spuren der Biber zu finden. Meist handelt es sich um umgenagte Bäume. Und weil die Stadt am Neiße-Radweg liegt, erscheint ein Lehrpfad rund um das Nagetier sinnvoll, sagt Bürgermeisterin Heike Böhm (SPD). Ein erster Entwurf für das Projekt ist in der jüngsten Sitzung des Stadtrates vorgestellt worden. Ob dieser so umgesetzt wird, ist derzeit noch offen. Denn nur wenn Fördermittel bewilligt werden, kann der Biberlehrpfad entstehen. Der ist eine gemeinsame Idee mit dem Landschaftspflegeverband Oberlausitz, erklärt Marlen Kolodziej. Sie leitet den Bereich Bau und Finanzen im Rathaus und stellt das Projekt im Stadtrat vor. Mögliche Strecken für den Verlauf sind bereits abgefahren worden. Dabei entwickelt sich der Gedanke, eine größere und eine kleinere Runde zu verbinden.

An elf Stationen eines Lehrpfades sollen Interessierte künftig in Rothenburg über den Biber informiert werden.
An elf Stationen eines Lehrpfades sollen Interessierte künftig in Rothenburg über den Biber informiert werden. © Stadtverwaltung Rothenburg

Die lange Strecke verläuft vom Martinshof aus den Neiße-Radweg entlang und biegt schließlich in Richtung der Firma Neiße-Tours ab. Dort vorbei führt der Weg weiter bis zu einem Abzweig kurz vor der Staatsstraße 127 und danach parallel zur Neiße in Richtung Stadtzentrum und Stadtkirche. Die kurze Strecke geht vom Martinshof in die Nähe der Neiße und führt später durch den Stadtpark zurück. Unterwegs soll es elf Stationen geben. Dort sind Tafeln geplant, die Wissenswertes über Biber und die Region vermitteln. Welche Baumarten mögen Biber eigentlich besonders? Isst so ein Biber im Sommer etwas anderes als im Winter? Und ärgern sich die Menschen oft über die Aktivitäten des Nagers? Solche und weitere Fragen sollen auf den Tafeln thematisiert werden.

Mit dem Lehrpfad sollen Familien für den Nager interessiert werden. Zudem wird die touristische Attraktivität der Stadt dadurch gesteigert. Daher sind unter anderem auch Übersichtstafeln am Martinsstift und bei Neiße-Tours geplant. Neben den Schildern soll eine Broschüre erstellt werden. Diese wird kostenlos unter anderem bei Neiße-Tours und in der Stadtverwaltung erhältlich sein. Neben Informationen zum Biber enthält sie auch ein kinder- beziehungsweise schülergerechtes Quiz, das mit Hilfe der Schilder des Lehrpfades gelöst werden kann.

Des Weiteren ist geplant, an ausgewählten Schilderstandorten typische Baum- und Straucharten von Weichholz- beziehungsweise Hartholzauen zu pflanzen, erklärt Marlen Kolodziej. Damit diese nicht vom Biber angeknabbert werden, sollen sie mit einem bibersicheren Schutzzaun eingefasst werden und als Anschauungsobjekte für bibersichere Pflanzungen dienen. Zu guter Letzt werden entlang des Lehrpfades in regelmäßigen Abständen Wegschilder angebracht, die den Verlauf anzeigen.

Ob das alles so kommen wird, ist noch unklar. Für das Projekt werden Fördermittel beantragt, erklärt Marlen Kolodziej. Davon hängt ab, ob der Biberlehrpfad in Rothenburg entstehen wird oder nicht. Es wäre der Erste im Landkreis Görlitz, sagt Kay Sbrzesny. Er ist beim Landschaftspflegeverband Oberlausitz für das Projekt „Geschützte Arten und ihre Lebensräume in der östlichen Oberlausitz“ zuständig. Dort zählt der Biber mit hinein. Bis zu 200 Tiere leben derzeit im Landkreis Görlitz. Wie viele genau? Das ist nicht bekannt. „Ihre Spuren sind offensichtlich“, sagt Kay Sbrzesny. „Aber sie selbst zu sehen, ist schon ein Glücksfall.“ Die meisten der Biber leben rund um Rothenburg. Aber auch an der Spree und nahe dem Bärwalder See sowie dem Schwarzen Schöps und dem Stausee Quitzdorf sind die Nager anzutreffen.

Die Tiere stehen oft auch in der Kritik. Denn sie legen gerne Bäume um, zum Beispiel, um die Rinde zu fressen. Darin sehen etwa die Experten bei der Landestalsperrenverwaltung des Freistaates Sachsen eine Gefahr. Wenn ein Fluss Hochwasser führt, könnten die umgelegten Bäume abtreiben, sich an Brücken und Wehren festsetzen, erklärt Sprecherin Britta Andreas. Dadurch würden sie dafür sorgen, dass sich das Wasser zusätzlich staut. Auch neu gepflanzte Bäume an den Flussufern sind beliebt bei den Bibern. Daher müssen die Pflanzen mit einem speziellen Schutz versehen werden.

Was vor allem für Spaziergänger gefährlich werden kann, ist eine Biberhöhle. Deren Eingänge liegen oft unter Wasser. Doch in die Höhle an sich können Spaziergänger schnell einbrechen, wenn sie nicht aufpassen und die Höhle nahe unter der Uferböschung liegt. Mitunter gibt es auch Konflikte, wenn Biber Dämme bauen. An der Neiße ist das eher unwahrscheinlich, weil der Grenzfluss zu breit ist. An Nebenflüssen ist die Chance größer. Dann kann es passieren, dass dadurch die Wasserzufuhr für landwirtschaftliche Flächen abgegraben wird. Auch da kollidieren menschliche Interessen mit den Bedürfnissen der Biber, sagt Kay Sbrzesny. Der Mensch sollte sich immer im Klaren darüber sein, dass der Biber die Bäume zum Nahrungserwerb umlegt. Deswegen sei es auch eher kontraproduktiv, wenn die Bäume weggenommen werden, bevor der Biber mit ihnen fertig ist. Denn dann fällt der Nager direkt den nächsten Baum.