Update Deutschland & Welt
Merken

Letzter Tag der Queen in Schottland: König Charles III. führt Trauerzug an

König Charles III. reist von London nach Edinburgh, wird dort mit Jubel empfangen und führt einen Trauerzug mit dem Sarg der Queen in der Altstadt an. Tausende säumen den Weg.

 10 Min.
Teilen
Folgen
Mit einem Gedenkgottesdienst in der St.-Giles-Kathedrale in Edinburgh haben Familienangehörige, Politiker und Würdenträger Abschied von Queen Elizabeth II. genommen.
Mit einem Gedenkgottesdienst in der St.-Giles-Kathedrale in Edinburgh haben Familienangehörige, Politiker und Würdenträger Abschied von Queen Elizabeth II. genommen. © Peter Byrne/PA Wire/dpa

Edinburgh/London. Bevor die Queen an diesem Dienstag von Edinburgh nach London übergeführt werden soll, haben Tausende Schotten bei einem Trauerzug Abschied von der gestorbenen Elizabeth II. genommen. König Charles III. führte am Montag in der Altstadt der schottischen Hauptstadt zu Fuß eine Prozession mit dem Sarg an. Am Morgen hatte der neue Monarch in London Beileidsbekundungen der Parlamentarier von Unter- und Oberhaus entgegengenommen. Enkel Prinz Harry würdigte die Queen erneut als Vorbild für Pflichterfüllung. In Deutschland zeigt laut einer Umfrage ein Großteil kein Interesse an der Queen-Trauer.

Während es Sonntagabend noch heftig regnete in Edinburgh, schien am Montag die Sonne. Tausende Schottinnen und Schotten säumten den Weg, als neben Charles (73) hinter dem Wagen mit dem in die royale Standarte eingehüllten Sarg auch seine Geschwister Prinzessin Anne (72), Prinz Edward (58) und der umstrittene Prinz Andrew (62) liefen.

Während des Trauerzugs wurde ein 22-Jähriger festgenommen, wie die Polizei mitteilte. Ihm wird Landfriedensbruch vorgeworfen. In sozialen Netzwerken wurde ein kurzer Clip geteilt, der zeigt, wie ein Mann die Prozession anbrüllt, bevor er weggezogen wird.

Die Prozession führte von der königlichen Residenz, Palace of Holyroodhouse, zur gut einen Kilometer entfernten St.-Giles-Kathedrale, in der ein Gottesdienst stattfand. Der geschlossene Sarg sollte dort für rund 24 Stunden aufgebahrt bleiben, damit die Bevölkerung weiter Abschied nehmen kann.

Bundespräsident Steinmeier fliegt zum Staatsbegräbnis

Prinz Andrew trug bei der weitgehend stummen Prozession als einziges der Queen-Kinder keine militärische Uniform. Die Queen hatte ihm Anfang des Jahres wegen der Verwicklung in den Missbrauchsskandal um den gestorbenen US-Multimillionär Jeffrey Epstein alle militärischen Dienstgrade aberkannt. Seine offizielle Rolle als Repräsentant des Königshauses hatte er vorher schon eingebüßt.

Charles und seine Frau, Königin Camilla, wurden mit Beifall empfangen, als sie Montagnachmittag mit ihrem Wagen in der Innenstadt von Edinburgh eintrafen. Tausende Menschen hatten sich schon seit den Morgenstunden entlang der zentralen Straße Royal Mile eingefunden.

Charles' Reise nach Schottland, bei der er auch die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon traf und im Parlament Beileidsbekundungen entgegennahm, ist Teil der "Operation Spring Tide", die Besuche von Charles als neuem König in allen vier britischen Landesteilen vorsieht. Am Dienstag ist Nordirland an der Reihe, auch ein Besuch in Wales ist geplant.

Für Dienstagabend ist die Überführung des Leichnams der Queen per Flieger nach London geplant, wo die Gestorbene für mehrere Tage aufgebahrt werden soll. Dort fanden sich schon am Montag erste Trauernde am vermuteten Anfang der Warteschlange ein.

Am Mittwoch führt Charles auch in London einen Leichenzug an, der vom Buckingham-Palast zum Parlament führen soll. Dort wird der Sarg auf einem als Katafalk bezeichneten Gerüst in der Westminster Hall ab 17 Uhr (Ortszeit) aufgebahrt. Zur Totenwache werden Hunderttausende Menschen erwartet. Ein konservativer Abgeordneter sprach am Montag sogar von bis zu zwei Millionen Menschen.

Der Leichenwagen mit dem Sarg von Königin Elizabeth II., der mit der königlichen Standarte von Schottland behängt ist, verlässt Schloss Balmoral und beginnt seine Fahrt nach Edinburgh.
Der Leichenwagen mit dem Sarg von Königin Elizabeth II., der mit der königlichen Standarte von Schottland behängt ist, verlässt Schloss Balmoral und beginnt seine Fahrt nach Edinburgh. © Owen Humphreys/PA Wire/dpa

Bis zum Morgen des Staatsbegräbnisses hat die Bevölkerung die Möglichkeit, der Queen einen letzten Besuch abzustatten und sich zu verabschieden. Das Staatsbegräbnis, zu dem für Deutschland Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier anreisen will, ist für Montag, den 19. September, angesetzt. Die Briten erhalten dafür einen Extra-Feiertag. Bis dahin gilt Staatstrauer, offizielle Veranstaltungen und der parlamentarische Betrieb sind ausgesetzt.

Die Regierung in London rief die Menschen in Großbritannien zu einer Schweigeminute am Tag vor dem geplanten Staatsbegräbnis auf - Sonntagabend um acht (18. September, 21.00 Uhr MESZ). Schon am Montag wurde der Queen im Europaparlament gedacht. "Die Welt trauert um Ihre Majestät, Königin Elizabeth II.", sagte Parlamentspräsidentin Roberta Metsola in Straßburg vor einer Schweigeminute für die Monarchin. Wenige hätten die Weltgeschichte so geprägt wie die Queen. Die Worte ihrer Rede im Europäischen Parlament 1992 klängen heute noch nach.

"Ihre unerschütterliche Anmut und Würde blieben ihr ganzes Leben lang und sind jetzt ihr ewiges Vermächtnis", schrieb Prinz Harry in einer Mitteilung, die am Montag auf der Seite seiner Stiftung Archewell veröffentlicht wurde. Seinem Vater versicherte der 37-Jährige seine Unterstützung. Die Beziehung zwischen Harry und seinem Vater sowie seinem Bruder Prinz William (40) gilt als schwer belastet. Harrys Ankündigung, Charles in seiner neuen Rolle zu ehren, könnte eine Friedensgeste bedeuten.

König Charles III. spricht während des Thronfolgekongresses im St. James's Palace in London.
König Charles III. spricht während des Thronfolgekongresses im St. James's Palace in London. © Jonathan Brady/PA Wire/dpa

Die Regentschaft des neuen Monarchen Charles III. begann am Samstag auch offiziell, obwohl er schon mit dem Tod seiner Mutter automatisch König geworden war. In einer feierlichen Zeremonie im St.-James's-Palast in London wurde der 73-Jährige als britischer König ausgerufen. "Ich bin mir des großen Erbes und der Pflichten und schweren Verantwortung des Monarchen, die mir nun übertragen wurden, zutiefst bewusst", sagte Charles III.

  • Im Wortlaut: Die Rede von Charles bei der Proklamations-Zeremonie

Abgesehen von der Proklamation folgt noch eine Krönung. Die Krönung von Elizabeth II. fand 1953 statt - knapp 16 Monate, nachdem sie nach dem Tod ihres Vaters Königin geworden war.

Ablauf bis zur Beerdigung der Queen

  • Donnerstag, 8.9 Elisabeth II. stirbt in ihrer Sommerresidenz Balmore Castle
  • Samstag 10.9. Charles III. wird im St. James Palace und im Royal Exchange als König ausgerufen
  • Sonntag 11.9. Leichnam der Queen wird nach Edinburgh überführt; Aufbahrung im Holyrood Palace
  • Montag 12.9. Start der Trauerreise von Charles III. von Edinburgh nach Nordirland und Wales
  • Dienstag 13.9. Sarg wird nach London überführt; Aufbahrung im Buckingham Palace
  • Mittwoch 14.9. Trauerzug durch London; Sarg wird zur Westminster Hall überführt und ist dort ab Donnerstag drei Tage für die Öffentlichkeit zugänglich
  • Montag 19.9. Trauerfeier in der Westminster Abbey; Beisetzung auf Windsor Castle

Queen Elizabeth II. war am Donnerstag auf ihrem Landsitz Schloss Balmoral in Schottland im Alter von 96 Jahren gestorben. Noch zwei Tage vorher hatte sie dort die neue Premierministerin Liz Truss empfangen und formell mit der Regierungsbildung beauftragt. Die Regierungschefin selbst hatte Charles bereits am Freitag im Buckingham-Palast aufgesucht, am Samstag empfing der König erstmals mehrere Mitglieder des britischen Kabinetts.

Fernsehbilder zeigten, wie Premierministerin Liz Truss im Londoner Buckingham-Palast dem neuen Staatsoberhaupt am Samstag ihre wichtigsten Minister vorstellte. Vizeregierungschefin Thérèse Coffey begrüßte den Monarchen mit einem Knicks. Auch Oppositionsführer Keir Starmer von der Labour-Partei und Vorsitzende anderer Oppositionsparteien erhielten eine Audienz. Während der Proklamation hatte Charles der Tradition entsprechend angekündigt, sich vom Rat der gewählten Parlamente leiten zu lassen. Charles empfing zudem Justin Welby, Erzbischof von Canterbury und Oberhaupt der anglikanischen Kirche.